Rory sings “Mother of Muses”, sings “Murder Most Foul”

Das Dylan-Cover-Album von Rory Block überrascht mit selten nachgespielten Dylan-Songs

Copyright: Stony Plain Records

Mich freut jedes Dylan-Cover-Album erstmal. Weil es immer schön ist, wenn Künstlern die Dylan-Songs so viel bedeuten, dass sie sie selber aufnehmen. Leider beschränken sich viele dabei auf das „Greatest Hits“-Material und die xte Version von „Mr. Tambourine Man“ oder „Blowin‘ In The Wind“ ist manchmal schon eine Herausforderung. Und das nicht nur für den Künstler.

Bei Rory Blocks neuem Album “Positively Fourth Street” (VÖ 27. Juni) hat mich daher die Tracklist sofort begeistert. „Ring Them Bells”, “Not Dark Yet” und die Krönung: “Mother Of Muses” und “Murder Most Foul”! Zwei der komplexesten Songs des ohnehin schon komplexen „Rough And Rowdy Ways“, das ist eine Ansage!

Blues-Veteranin

Ich kannte bislang keine Coverversionen des Songs abseits der Private Records manches Dylan-Fans. Die 74-jährige Rory Block ist eine Roots Music- und Blues-Veteranin, die mit Unterbrechungen seit fast 60 Jahren Musik macht und mit zahlreichen Preisen bedacht wurde. „Die wahrscheinlich hartnäckigsten und enthusiastischsten Anfragen meiner Fans nach etwas außerhalb des Blues-Genres waren die wiederholten Aufrufe, eine Hommage an Bob Dylan aufzunehmen. Wie bei allen meinen Aufnahmen sind es die Lieder, die mich am tiefsten bewegen und die mein Herz und meine Seele berühren, die ich aufnehme“, sagt Rory zum Album. Die Anfrage und ihre Umsetzung verwundern nicht, schätzt sie bekanntermaßen Dylan sehr und hat sie doch über die Jahre manch Tribute Album aufgenommen. Für Son House und Bukka White zum Beispiel.

Als wenn die „Mother Of Muses“ selbst zur Lyra greift

Nun also Dylan. Und mit das Beste an ihrem Album sind denn auch tatsächlich die beiden genannten Cover. Wenn Rory „Mother Of Muses“ spielt, dann ist es ein berührender Vortrag. Mit ihrer ehrlichen, vom Leben gegerbten Stimme macht sie sich den Song zu eigen, als wäre sie selbst die Muse, die in antiker Runde ein Lied auf der Lyra zum Besten gibt. Die Botschaft des Ursprungs aller Kunst und der Selbstreflektion über den eigenen Stand in der Welt der Künste wird hier zu ihrer ganz eigenen Auseinandersetzung. Faszinierend!

„Murder Most Foul“ – bewegend und berührend

Dafür, sich mit dem fast 17 Minuten langen – und dem damit längsten aller Dylan-Songs – „Murder Most Foul“ zu beschäftigen, ist schon alleine verdienstvoll. Ein langes Lied, das nie aus seiner Form ausbricht kann auch zu einer Stolperfalle der Langeweile werden. Nicht so bei Rory. Mit ihrer teilweisen schütteren Stimme schafft sie es genau, die Spannungsbögen und den doppelten Boden des Songs aufzubauen. Sie deklamiert den Song nicht, sie lebt und fühlt den Song. Wo Dylan mitunter mit altersweiser Distanziertheit singt, füttert sie den Song in ihrer Performance mit Gefühl und Emotion. Sie leidet an der Geschichte ebenso wie Dylan, aber sie ist nicht der alleswissende Erzähler, sondern erzählt, als hätte sie alles miterlebt. So wird der Song, der bei Dylan einen Sog darstellt, in dem eine Geschichte erzählt wird, der man voller Spannung atemlos folgt, bei ihr zu einem Parforce-Ritt, der berührt und bewegt und einem selber Kraft kostet. Kunst schmerzt mitunter und hier tut sie es und das ist auch gut so, denn so etwas wie Rory Blocks Version hört man selten. Absolut outstanding!

Ausführliche Besprechung demnächst auf country.de

Wie gesagt, Ende des Monats erscheint das Album. Leider ist bislang nur „Ring Them Bells“ vorab veröffentlicht worden, das aber nur unzureichend die große Qualität ihres Albums abbildet. Ob „Not Dark Yet“ oder „Everything Is Broken“, vieles übertrifft hier die durchaus sehr solide Coverversion des „Oh Mercy“-Stücks. Eine detaillierte Besprechung des neuen Longplayers von Rory Block erfolgt demnächst auf country.de.

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