Cat Powers magischer Dylan-Abend in Frankfurt

Die US-Singer-Songwriterin drückt dem legendären 1966er-Konzert ihren ganz eigenen Stempel auf

Foto: Cowboy Band Blog

Coverversionen von Dylan-Songs haben unzählige Künstler veröffentlicht. Von Ambros bis Adele, von Nancy Sinatra bis Wolfgang Niedecken. Doch das, was Cat Power, bürgerlich Chan Marshall, da im vergangenen Herbst veröffentlicht und am Mittwochabend (24. April) in Frankfurt am Main auf die Bühne gebracht hat, sprengt den Rahmen herkömmlicher Coverversionen. Cat Power hat nicht mehr und nicht weniger als das legendäre „Royal Albert Hall Concert“ von 1966 eins zu eins wiedergegeben und gleichzeitig dabei ganz neu durchschritten, vermessen und ausgelotet. Ein Meisterwerk, ein magischer Abend.

Pünktlich betritt sie die Bühne, das Licht wird gedimmt und die Bühnenbeleuchtung bleibt spärlich. Ganz dem Meister angemessen, bringen ein halbes Dutzend Retro-Scheinwerfer nur ein fahles Licht. Doch es sind die Songs, die Sängerin und der Vortrag, die an diesem Abend leuchten werden. Die Künstlerin zeigt ihr Können und ihre Größe durch die einzigartige gesangliche Interpretation der Songs. So wie gut keine Showeinlagen, so gut wie keine Erzählungen zwischen den Songs. Livemusik pur und kein Chichi.

Foto: Cowboy Band Blog

Der Gesang ist expressiv und weiblich

100 Minuten lang ist sie auf ihrem Weg durch das Konzert. Musikalisch sind die Fassungen der 15 Dylan-Songs nah am Original. Im ersten Teil wird sie von einem Gitarristen und einem Mundharmonikaspieler begleitet, im zweiten Teil von einer kompletten Rockband. Nah am Original und doch ganz anders. Dieses Kunststück gelingt ihr durch ihren Gesang. Sie kopiert nicht Dylan, sondern findet ihre eigenen Töne, Stimmlagen und Phrasierungen, ihre eigenen Ausschmückungen und Girlanden, die sie um den Gesang bindet. Der rein akustische, kaum variierte Klanghintergrund und ihr faszinierender, sich bei jedem Song neu ganz sorgsam entfaltende expressive Gesang, führen zu einem Sog, dem man sich nicht entziehen kann, dem man sich gar nicht entziehen möchte. Man ist wie verzaubert und in einen Musik-Konkon gewickelt, der einem den ganzen Abend nicht mehr hinauslässt aus diesem musikgeschichtsträchtigen Konzertepos.

„She Belongs To Me“ singt sie ebenso wie “Visions of Johanna” oder “Just Like A Woman” auf ihre ganz eigene Weise. Den schleppenden, durchaus als „transzendent“ zu bezeichnenden Gesang Dylans im Original ersetzt sie in ihren Fassungen durch weibliche Expressivität und Perspektive. Sie entdeckt die Songs neu, lebt sie aus, da gibt es keine Routine, Cat Power geht nie auf Nummer sicher. Denn sie ist sich ihrer stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten bewusst und schont sich nicht.

Foto: Stefan Ermes

Sie hält uns in ihrem Bann

Es gibt keine Pause zwischen den beiden Konzerthälften, ruck-zuck ist die Band da und es geht elektrisch weiter. Das klingt nach Robbie Robertson & Co – Levon Helm war ja bereits 1965 aufgrund der ständigen Scharmützel mit dem Publikum entnervt ausgestiegen – und Cat Power treibt die jungen Mitmusiker immer wieder mit fordernden Handbewegungen an: „Kinder, spielt schneller“. Nun wird die Stimme lauter, sie ruft Songs heraus, nun wird es noch dramatischer. Schließlich stehen gewichtige Songs an wie der Anti-Liebeslied-Klassiker „I Don’t Believe You (She Acts Like We Have Never Met)“, der Song über den gar nichts verstehenden Mr. Jones („Ballad Of A Thin Man)“ und natürlich die vielstrophige Abrechnung „Like A Rolling Stone“ zum Abschluss des Abends.

Längst wippt und schwingt das Publikum mit, heute Abend fällt der „Judas-Ruf“ aus, aber den vermisst auch keiner. Denn alle sind beseelt und begeistert von Dylans Musik und ihrer kongenialen Interpretation durch Cat Power, die uns mit ihrem Gesang sirenenartig in Bann hielt und diesen Abend magisch werden ließ. Denkwürdig!

3 Antworten to “Cat Powers magischer Dylan-Abend in Frankfurt”

  1. dylanmanie Says:

    Ja ein wunderbares eindrucksvolles Konzert. Danke für den Bericht und besonders für die Fotos (gibts da noch mehr davon, eventuell sogar „rotbesohlt“?!) Merci!

    • bobby1963 Says:

      Vielen Dank, weitere Fotos habe ich aber leider nicht. Bin nicht der große Fotograf.

  2. Heute Franz Says:

    Großartig!

    Auch dieser Konzetbericht!

    Danke!

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