Eine rundum gelungene Geburtstagsfeier!

40. Lahnsteiner Bluesfestival: Packendes Programm und starke Künstler sorgen für tolle Atmosphäre im „Bluesclub“ in der Stadthalle

Stadthalle Lahnstein: Wo sonst die Stuhlreihen dicht an dicht gebaut sind, damit viele, viele Zuschauer jedes Jahr beim Lahnsteiner Bluesfestival das Musikprogramm verfolgen können, da sind diesmal wegen der Corona-Lage in angemessenem Abstand kleine Tische aufgebaut, an denen stets 2-3 Personen sitzen. So sind es gerade mal schätzungsweise irgendwo zwischen 60 – 80 Zuschauer, die in den Genuss gekommen sind. live dabei zu sein. Die großen Zuschauerzahlen erreicht das Festival in diesem Jahr über die Ausstrahlungen im Internet und im Fernsehen. Doch die Organisatoren rund um den Spiritus Rector des Festivals, Tom Schroeder, sind einfach nur froh, dass die Jubiläumsausgabe, das 40. Lahnsteiner Bluesfestival überhaupt stattfinden kann.

Bluesclub-Atmosphäre in der Stadthalle
Und so wird das Festival mit seinem auch in diesem Jahr wieder qualitativ besonderen und vielfältigen Programm vom Publikum denn auch in den kommenden gut vier Stunden als Geschenk aufgenommen. Denn was da auf der mitten im Parkett der Stadthalle aufgebauten runden Bühne auftritt, gehört zum Besten, was die deutsche und europäische Bluesszene zu bieten hat.

Moderator Arnim Töpel bringt in seiner Begrüßung die Atmosphäre in der Halle auf den Punkt, als er sich einen Bluesclub versetzt fühlt. Nach seinem Beginn mit dem trotzigen A-Cappella-Stück „Blues bleibt“, führt er als diesjährigen Co-Moderator Rolf Hüffer ein. Seit dem Jahr 2000 produziert und moderiert Hüffer alljährlich den 90-minütigen TV-Film vom Lahnsteiner Bluesfestival. Gemeinsam werden sie an diesem Jubiläumsprogramm Abend moderieren und kurze Interviews mit den Künstlern führen.

Mike Andersen lässt die Betriebstemperatur spürbar steigen

Mike Andersen, Foto: Cowboy Band Blog


Den musikalischen Auftakt macht dann der Däne Mike Andersen mit seiner „Big Soul And Blues Revue“. Seine fünfköpfige Stammband ist extra für diesen Anlass um den Perkussionisten Mads Michelsen und den Tenorsaxophonisten Niels Mathiasen verstärkt worden. Und die sieben Musiker lassen von Anfang an keine Blueswünsche offen. Mike Andersen ließ sich schon in seiner Jugend von Bluesgrößen wie Otis Rush für diese Musik begeistern und so ist er auch mittlerweile auch schon gut dreißig Jahre im Geschäft. Der Songwriter und Bandleader wechselt stetig zwischen E-Gitarre und Akustik-Gitarre und spielt sowohl alte Songs-, u.a. den Radio-Hit „Who’s Cheating Who“, mit dem für ihn seine Musikkarriere so richtig begann – wie auch neue. „Brandneu“, so sagt er, ist „Midnight Coffee“, es ist im Lockdown entstanden. Gekrönt wird das Blues-Rock-Stück von einem überirdisch-wilden Bottleneck-Gitarren-Solo von Johannes Nørrelykke.

Dann kommen wieder leisere Töne. Mike Andersen tritt bei „One Million Miles“ alleine mit der Akustikgitarre auf die Bühne und fesselt das Publikum. Dann kommt wieder die Band und begeistert voller Spielfreude mit weiteren musikalisch packenden Stücken wie „I Was Wrong“ oder „I Wanna Go“. Andersen und seine Band haben den Bluesclub in der Stadthalle schon ordentlich auf Betriebstemperatur gebracht und werden mit Standing Ovations verabschiedet.

„Blues-Louis“ für Manfred Miller
Nun ist wieder „Blues-Louis“-Zeit. Alljährlich wird der Preis an Persönlichkeiten verliehen, die sich um den Blues in besonderer Weise verdient gemacht haben. Zum 40. Lahnsteiner Bluesfestival bekommt ihn Mitbegründer Manfred Miller. Der 1943 geborene Miller ist einer der legendären deutschen Musikjournalisten und Populärmusikforscher, der den Blues hierzulande sowohl populär gemacht, als ihn auch tiefergehend nach seinen gesellschaftlichen Ursprüngen hin beleuchtet hat. Sein Buch „Um Blues und Groove – Afroamerikanische Musik im 20. Jahrhundert“ ist eines der Standardwerke zu dieser Musik im deutschsprachigen Raum. In einem Einspielfilm wird gezeigt, wie ihn Tom Schroeder zu Hause besucht, eine ebenso geistreiche wie wertschätzende Laudatio hält, und ihm den Preis überreicht.

Rolf Hüffer und Arnim Töpel, Foto: Cowboy Band Blog

Danach ist erstmal eine 45-minütige Umbaupause, ehe wieder Arnim Töpel und Rolf Hüffer die Bühne betreten. Mit einem Video-Mitschnitt von Highlights der letzten 20 Jahre nimmt das Programm wieder Fahrt an und der Boden wird bereitet für den zweiten musikalischen Teil des Programms. Auf der Bühne entspannt sich in den folgenden gut anderthalb Stunden ein fulminanter Reigen großartiger Musik und Musiker: Die Kai Strauss Band & The Lahnstein Birthday All Stars feat. Inga Rumpf, Giorgina Kazungu-Hass, Tosho Todorovic, Tommy Schneller, Dieter Kuhlmann und Gary Winters. Kai Strauss, eher von kleinerer, schmaler und sehniger Statur, ist mit starker Stimme und kunstvollem Gitarrenspiel ganz klar der Chef im Ring. Er und seine Band sind die Idealbesetzung, um den Gaststars eine Bühne zu bereiten und einen verlässlichen musikalischen Rahmen zu bieten. „Hard Life“ heißt sein meisterhaft vorgetragener langsamer Soul-Blues, auf den der erste Gastauftritt folgt. Saxophonist Tommy Schneller, der mit Dieter Kuhlmann (Posaune) und Gary Winters (Trompete) den Bläsersatz bildet, tritt hinter der Plexiglasabtrennung hervor und intoniert mit wunderbarer Soulstimme „Put It Where You Want It“. Es folgt das erste Interview. Kai Strauss und Tommy Schneller werden zur Blues-Hochburg Osnabrück befragt. Dort entwickeln sich auf festen Session-Strukturen immer wieder große Bluestalente.

Kai Strauss Band & The Lahnstein Birthday All Stars- ein fulminanter musikalischer Reigen

Giorgina Kazungu-Haß, Foto: Cowboy Band Blog


Giorgina Kazungu-Haß, die dann die Bühne entert, hat schon mit 16 Jahren das Publikum auf der Lahnsteiner Festivalbühne begeistert. Mit einer großartigen Blues- und Soulstimme sowie einem überragenden Temperament ausgestattet, hat sie sich dennoch entschlossen, nicht von der Musik zu leben. Erst arbeitete sie als Lehrerin, jetzt vertritt sie als SPD-Landtagsabgeordnete den Wahlkreis Neustadt – Haßloch – Lambrechter Tal im Mainzer Landtag. Für dieses Jubiläum kehrte sie aber nochmals zum Lahnsteiner Bluesfestival zurück. Und wie!

Auf der Bühne ganz extrovertierte Power-Frau, singt sie mit „A Change Is Gonna Come“ aus aktuellem Anlass eine Hymne der US-Bürgerrechtsbewegung. Der Sänger Sam Cooke ließ sich 1964 von Bob Dylans „Blowin‘ In The Wind“ zu diesem Song inspirieren. Cooke wurde im selben Jahr von einer Motelmanagerin erschossen, die genauen Todesumstände wurden nie geklärt. Bob Dylan sang eine Version des Liedes im Jahr 2004 zum 70-jährigen Bestehens des Apollo-Theaters in Harlem sicher auch zu Ehren von Cooke. Und genau diesen Song trägt Giorgina Kazungu-Haß vor und gibt ihm Tiefe, Raum und eine unbestechliche Botschaft. Gänsehautmomente!

Mit Tosho Todorovic folgt ein weiterer Vertreter der Osnabrücker Blues-Schule. Der Gitarrist und Bandleader der Blues Company spielt beeindruckende Blues-Stücke auf seiner elektrischen Gitarre. Dazwischen erzählt er launige Geschichten wie die von dem Song „Blue And Lonesome“, den Hollywood-Produzenten als Titelmelodie für einen Bluesfilm einsetzen wollten. Das klappte auch alles, jedoch kam der Film nie nach Europa. Sagt er und stürzt sich in eine ausgefeilte Version dieses Songs. Wieder Zeit für ein kurzes Interview: Diesmal fragen die beiden Moderatoren die ehemalige Lehrerin Kazungu-Haß und den aktiven Bluesdozenten Todorovic, ob man den Blues lernen könne. Klare Antwort: Die Technik ja, aber zum Blues gehört noch viel mehr.

Tosho Todorovic, Kai Strauss, Inga Rumpf, Giorgina Kazungu-Haß, Foto: Cowboy Band Blog

Inga Rumpf – die deutsche Rock- und Blueslegende begeistert
Nun ist es soweit! Der absolute Stargast des Abends betritt das Bühnenrund: die deutsche Musiklegende, Rock- und Blueskoryphäe Inga Rumpf. Seit 50 Jahren ist die im Geschäft, arbeitete u.a. mit ihrer Band „Frumpy“, mit Udo Lindenberg, Peter Herbolzheimer oder Joja Wendt. Drei Songs sang sie in ihrer unnachahmlichen Art und erntete stürmischen Beifall. Darunter die ganz starke Nummer „Slow Motion“. Und schließlich endet mit allen „Lahnstein Birthday All Stars“ gemeinsam auf der Bühne ein unvergessliches Jubiläumsprogramm. Und wieder stehende Ovationen! Es war großartig, so wie es war. Die Organisatoren haben angesichts der Corona-Bedingungen einen fantastischen Job gemacht.

Blues bleibt!
Und doch hofft man, im kommenden Jahr zur 41. Auflage wieder etwas mehr Normalität erfahren zu dürfen. Aber wie auch immer: Lahnstein zeigt – Blues bleibt!

Schlagwörter: , , , , , , ,