Der Trump-Aufstand – Eine Katastrophe, wie gemacht für einen großen Folksong des jungen Bob Dylan

Der faschistische Sturm auf das Kapitol in Washington hat den USA ein weiteres Trauma beschert. Wer schreibt den Folksong dazu?

War das Ziel eines faschistischen Aufstandes: Das Kapitol in Washington. Copyright: Wikimedia Commons.

So sehr ich Bob Dylan für sein Spätwerk schätze, gerade würde ich mir wünschen, der junge Bob Dylan würde sich vom Sturm aufs Kapitol zu einem seiner bitterbös-humorigen, scharfsinnig-beobachtenden und anklägerischen Folksongs inspirieren lassen. Ein Song ganz mit den Zutaten des „John Birch Society Blues“, von „Oxford Town“, von „Who Killed Davey Moore“ und „Only A Pawn In Their Game“.

Miese Show eines närrischen Präsidenten und seiner bösen Armee

Denn was für eine miese Show wurde hier vom rechtsextremen Personal der Republikaner und ihrer faschistischen Bündnispartner der „Proud Boys“ und der Verschwörungsphantasten der „Quanon“-Bewegung inszeniert: Der Präsident, der ein böser Narr ist, ist abgewählt und will es nicht wahrhaben. Also schwört er seine Leute auf seine riesengroße Lüge vom Wahlbetrug ein. Seine Armee des faschistischen Bodensatzes, der Rassisten, der durch Verzweiflung und falschen Stolz verrückt und gewalttätig Gewordenen und der politischen Abenteurer, wiegelt er zum Sturm des Hauses der gewählten Volksvertreter auf. Eine bunte, böse Lumpenarmee, durchdrungen von Soldaten und Polizisten trifft auf eine überforderte und zahlenmäßige viel zu kleine Sicherheitstruppe.

Denn es sind Leute aus der Regierung des närrischen Präsidenten selbst, die dafür sorgen, dass die Truppen zu wenige sind. Und inmitten der im Hintergrund laufenden unheilvollen Auseinandersetzungen vor dem Sturm tritt als tragische Figur eine Bürgermeisterin von Washington auf, die aus falsch verstandener Liberalität nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen rund um die Black Lives Matter-Proteste nicht gerne viel Polizei und Militär in der Stadt hat. So nimmt keiner die böse, bunte Lumpenarmee ernst. Sie durchbrechen die Linien, und wüten und marodieren durch das Parlamentsgebäude. Sie suchen nach den „Feinden des Volkes“ wie sie sie nennen und finden sie glücklicherweise nicht.

Denn der Vizepräsident, der erst viel zu spät gemerkt hat, welche Geister er da rief und dem deswegen nun der Tod durch den wütenden Mob droht, kann in Sicherheit gebracht werden. Ebenso wie die als Hexe verschriene Anführerin der parlamentarischen Gegner des Präsidenten.

Der Geist ist aus der Flasche

Derweil sitzt der närrische Präsident im Weißen Haus am Fernsehen und schaut sich unbekümmert im Fernsehen das an, was er angerichtet hat. Widerwillig nur versucht er seine Leute zu beschwichtigen, indem er gewalttätige Taugenichtse und Chaoten zu „besonderen Menschen“ adelt.

Noch einmal kann die Ordnung wieder hergestellt werden. Man versucht, den närrischen Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen. Und auch wenn dies gelingen sollte: Der Geist ist aus der Flasche und seine neuen Herren, Donald Trump Jr. und Jared Kushner werden nicht müde, die Gemeinschaft mit diesem Geist weiter zu zersetzen. Auf, dass ein neuer Sturm erfolgreich sei. Können der neue Präsident und seine Leute das verhindern?

Ein Komplott wie bei „Hurricane“, eine Brutalität der selbst ernannten Patrioten, die potentiell so gefährlich ist wie die von den Mördern von Hattie Caroll und Emmett Till. Auch hier trifft es wieder zu, was Bob Dylan in späteren Jahren zu seinen frühen antirassistischen und gesellschaftskritischen Songs gesagt hat: Die Mechanismen sind immer noch die Gleichen, nur die Namen müssen ausgetauscht werden.

Wer schreibt den Folksong, der jetzt gebraucht wird?

Und daher wird ein Bob Dylan heutzutage auch keinen neuen Folksong dieser Art schreiben. Und er muss es auch nicht. Sein lyrisches und dramatisches „Murder Most Foul“ über den Kennedy Mord war schon der Abgesang auf die alte amerikanische Herrlichkeit im 20. Jahrhundert. Sein Film „Masked and Anonymous“ war bereits die Dystopie einer dynastischen Diktatur in Amerika wie die Trumps sie wollen. Er hat den Boden bestellt für das Lied gegen die böse amerikanische Zeitenwende.

Wer schreibt also den Folksong über dieses Ereignis, den man braucht, um die Strippenzieher anzuklagen und der Lächerlichkeit preiszugeben und sie Schimpf und Schande auszusetzen?


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