Bob und Kris

Kris Kristofferson, Country-Altmeister, Schauspieler und Freund von Bob Dylan setzt sich zur Ruhe.

Kris Kristofferson und Bob Dylan, Copyright: http://www.commons.wikimedia.org

Heute entdeckte ich die Nachricht, die ich auch bei Bob Dylan immer befürchte: Kris Kristofferson tritt in den Ruhestand. Keine Konzerte und Touren mehr, sehr wahrscheinlich auch keine Alben. In einer Erklärung von Kristoffersons Manager heißt es fast beiläufig: „Nachdem sein Vaters sich im Jahr 2020 zur Ruhe gesetzt hat, übernimmt Kristoffersons Sohn John die Leitung aller Familienunternehmen. John und der langjährige PR-Repräsentant seines Vaters werden künftige Bemühungen mit MHM koordinieren, Sonderprojekte leiten und weiterhin das Kristofferson-Indie-Plattenlabel KK Records leiten.“

Ein einzigartiger Künstler tritt damit von der großen Bühne ab. Am 22. Juni wird er noch einige Aktivitäten rund um seinen 85. Geburtstag entfalten, aber das wird so etwas wie ein Abschied sein. Von gesundheitlichen Problemen war in den letzten Jahren ja immer wieder mal die Rede.

Eine einzigartige Karriere

Mehr als 50 Jahre dauerte die Karriere an. Drei Grammys, viele unvergessene Songs, darunter der ewige Klassiker „Me And Bobby McGee“, den Janis Joplin weltberühmt machte und „Sunday Morning Coming Down“, der die Countrymusik veränderte. Dazu erfolgreich als Schauspieler in vielen Filmen wie in „Convoy“, in dem erst verkannten und dann bejubelten „Heaven’s Gate“ und natürlich in „Pat Garrett & Billy The Kid“. An seiner Seite hier im Cast: Bob Dylan.

Kris hatte immer eine starke Verbindung zu Bob. Die beiden lernten sich kennen, als Kris Hausmeister in den CBS-Studios in Nashville war, als Dylan dort Blonde On Blonde aufnahm. Und er sorgte dafür, dass Dylan im Film Pat Garrett & Billy The Kid die Rolle des Alias bekam. Peckinpah selber konnte mit Dylan nicht viel anfangen und obwohl die Entstehung des Films doch ziemlich holprig wurde, avancierte der Film zum Klassiker und Bob Dylans Film-Song „Knockin‘ In Heaven’s Door“ wurde einer der größten Hits für Dylan überhaupt.

Später hat er ebenso wie Dylan beim ersten Farm Aid-Concert 1985 gespielt. Im Repertoire hatte Kris immer auch mal Bobs „I’ll Be Your Baby Tonight“. So auch an dem denkwürdigen Abend im Oktober 1992, als Dylan dafür gehrt wurde, 30 Jahre bei Columbia Records zu sein. Kris begrüßte und führte durchs Programm und er war es auch, der Sinead O’Connor tröstete, als sie von der Menge ausgebuht wurde, weil sie ein paar Tage ein Bild des Papstes zerrissen hatte.

Große Wertschätzung von Bob Dylan

Kris Kristofferson engagierte sich auch politisch, unterstützte die Sandinisten in Nicaragua und wurde dafür von so mancher konservativen Radio-Station geächtet. Er stand immer links vom Mainstream-Country und gab keinen Cent auf die Konventionen. Umso schöner war der Erfolg mit seinen Kumpels Cash, Jennings und Nelson mit den „Highwaymen“.

Zu „Chimes Of Freedom“, einer 4-CD-Box mit 75 Songs von Dylan anlässlich des 50-jährigen Bestehens von Amnesty International im Jahre 2012 steuerte Kris „Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)“ bei. Aber Dylan wiederum sang auch Songs von Kristofferson wie „They Killed Him“. Und vor wenigen Jahren äußerte er sich in der berühmt gewordenen „MusiCares Speech“ voller Wertschätzung über Kris:

„Alles war in Ordnung, bis – bis – Kristofferson in die Stadt kam. Oh, sie hatten noch niemanden wie ihn gesehen. Er kam in die Stadt wie eine Wildkatze, flog mit einem Hubschrauber in Johnny Cashs Hinterhof, kein typischer Songwriter.

Und er ging Dir direkt an die Kehle. Wie in „Sunday Morning Coming Down“:

‚Nun, ich bin am Sonntagmorgen aufgewacht

Ohne die Möglichkeit, meinen Kopf zu halten, ohne dass es wehtat.

Und das Bier, das ich zum Frühstück hatte, war nicht schlecht

Also hatte ich noch einen zum Nachtisch

Dann fummelte ich durch meinen Schrank

Ich habe mein sauberstes schmutziges Hemd gefunden

Dann wusch ich mein Gesicht und kämmte meine Haare

Und stolperte die Treppe hinunter, um den Tag zu treffen.‘

Sie können sich Nashville vor und nach Kris ansehen, weil er alles verändert hat.“

Eine große Persönlichkeit

Bis in die jüngste Vergangenheit legt er noch Platten vor, die richtig stark waren, seine späten Konzerte aber, ich konnte ihn vor ein paar Jahren in Frankfurt sehen, waren schon mehr der Legende geschuldet, zu brüchig die Stimme und Performance. Und doch war das Charisma da.

Und sollte er wirklich zu seinen Lebzeiten keinen Ton mehr veröffentlichen: Für mich war und ist er neben Dylan, Cash, Neil Young, Joan Baez oder Willie Nelson eine der ganz großen Persönlichkeiten im Bereich Country, Folk und Americana.

Möge er nun in Ruhe noch einen langen Lebensabend verbringen!

Kris Kristofferson & Rita Coolidge: „I’ll Be Your Baby Tonight“:

Kris Kristofferson: Quinn, The Eskimo (The Mighty Quinn):