Vor 20 Jahren: Bob Dylan Live 1961 – 2000

In den 2000er Jahren veröffentlichte Bob Dylan das letzte Mal aktuelle Livemusik seiner Konzerte auf offiziellen Tonträgern. In der Zeit der großen Konzertpausen würden sich über ein Album mit Musik der Never Ending Tour sicher viele freuen

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Im Februar 2001 erschien das Album in Japan, im März dann auch in Europa: „Bob Dylan Live 1961 – 2000“. 39 Jahre Bob Dylan-Livemusik. Von 1961 mit „Wade In The Water“ aus Minneapolis bis „Somebody Touched Me“ aus Portsmouth im Jahr 2000. Wir hören darauf das wunderbare „Shelter From The Storm“ von „Hard Rain“ 1976 ebenso, wie das lahme, ausgeleierte „Slow Train“ von „Dylan & The Dead“ von 1987. Also, eine interessante,  abwechslungsreiche Kompilation erinnern wir uns, und erschrecken gleich darauf. Denn lang ist es her, dass uns Dylan mit Zeugnissen seiner aktuellen Bühnenkunst beglückt hat. Die sogenannte „Never Ending Tour“ (NET), die es ja laut Dylan nie gegeben hat, ist gegensätzlich proportional im Verhältnis der Konzerte zu den offiziell auf Alben oder Singles veröffentlichten Live-Mitschnitten.

„MTV Unplugged“ und ein paar Live-Perlen

Nach den manchmal doch verstörenden Klanggewittern und Kakophonien der frühen NET – wir bleiben mal der Einfachheit halber bei der Begrifflichkeit – schaffte es Dylan bis Mitte der 1990er zu durchweg hörenswerten Konzertleistungen. Seinen eigenen „Unplugged“-Mitschnitt der Supper Club-Konzerte von 1993 veröffentlichte er nie offiziell und auch das 1992er Jubiläumskonzert im Madison Square Garden konnte erst offiziell veröffentlicht werden, nachdem Dylan seinen Gesang nochmals im Studio neu aufgenommen hatte. Dylan traute wohl seinen eigenen Leistungen nicht so recht.

Doch das änderte sich Mitte der 1990er Jahre. Da erschien das einzige Bob Dylan-Livealbum der NET: das zwar hörenswerte, aber für die Never Ending Tour atypische MTV Unplugged-Album  von 1994/1995. Mit dem Erfolg von „MTV Unplugged“ im Rücken veröffentlichte er dann bis ins Jahr 2009 immer wieder einmal ein paar Live-Perlen auf Tonträgern. Ende der 1990er/Anfang der 2000er gab es – angebunden an den Erfolg von „Time Out Of Mind“ und „Things Have Changed“ – ein paar Single bzw. EP-Auskopplungen mit Livematerial der NET. Und 1997 bis 2006 gab es sogar auf der offiziellen Website bobdylan.com einen Bereich mit Live-Songs zum online hören, die gegen Downloads geschützt waren. Dieser Bereich wurde mit einem Relaunch der Seite eingestellt.

Der letzte offiziell auf Tonträger veröffentlichte Live-Track Bob Dylans resultiert aus dem Jahre 2004. Diese Version von „Down Along The Cove“ stammt von Bonnaroo-Festival in Manchester und wurde im April 2009 zusammen mit „Dreamin‘ Of You“ vom Album „The Bootleg Series Vol. 8 – Tell Tale Signs“ als Single veröffentlicht.

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Und heute: Nichts, nichts, nichts

Und danach nichts mehr. Nichts von den Livekonzerten mit den Songs von „Together Through Life“ oder „Tempest“. Und auch von der Sinatra-Phase und von den fantastischen 2019er-Konzerten mit stimmlich-gesanglichen Höchstleistungen – nichts, nichts, nichts.

Während die Rolling Thunder Review und die Mittsechziger-Konzerte bestens dokumentiert sind, ist die mehr als zwei Jahrzehnte andauernde NET nur aufs spärlichste veröffentlicht. Warum? Das kann nur einer wissen. Doch wer weiß, der Herbst und die obligatorische Bootleg-Series-Veröffentlichung inklusiver editorischer Hinweise und kenntnisreicher Liner Notes kommen bestimmt.

Möglicherweise ist die Never Ending Tour durch die Pandemie beendet worden. Und falls Dylan dann doch nochmal mit über 80 Jahren Konzerte gibt, dann könnten sie ganz anders sein. Vielleicht eher mehrere Konzerte an einem Ort. In ein paar Metropolen in Amerika, Europa und Asien. All dies, um allzu große und ständige Reisestrapazen zu minimieren. Wer weiß?

Sehnsucht nach dem Souvenir-Album

Und wenn die NET oder um es mit Dylan zu sagen, die „Live-Tätigkeit der letzten 23 Jahre“, dann auch für ihn etwas Abgeschlossenes ist – so wie die Rolling Thunder Review und die Tour 1966 – vielleicht lässt das die Chancen steigen?

Ein Souvenir-Album von 2019 oder 1995 – mit der Crooner-Phase im Frühjahr und dem Gitarren-Hero im Sommer – das wäre einfach…. Na, bis dahin müssen wir uns mit dem Vorhandenen – bei Dylan Fans ist das ja auch gar nicht so wenig, zwinker – abfinden. Also hören wir wieder „Live 1961 – 2000“. „Grand Coulee Dam“ mit The Band“ beim Woody-Tribute 1968. Wow, was für ein starker und energischer Performer er da ist… 

Bob Dylan Dignity (MTV Unplugged):