Nashville Cat und Texas Supergroup

Dylans Spuren im aktuellen Country und Americana: Sierra Ferrell und The Flatlanders

Copyright: Concord Records

Vor einigen Jahren wurde in Nashville die Ausstellung „Dylan, Cash & The Nashville Cats“ gezeigt, bis heute eine der erfolgreichsten Ausstellungen in der Country Hall Of Fame & Museum überhaupt. Die Schau zeigte eindrucksvoll auf, wie sehr Dylan Nashville und die Countrymusik verändert hat. Und wenn auch so manches über die Jahre wieder zurückgedreht worden ist, seine Spuren finden sich unverändert immer wieder in der Countrymusik. Zwei aktuelle Beispiele.

Sierra Ferrell

„Well, there’s thirteen hundred and fifty two Guitar pickers in Nashville“ heißt es im Song Nashville Cats der Loovin Spoonful, der u.a. kongenial auch von der Del MCoury Band als Bluegrass-Stück interpretiert wurde. Soll heißen: in der Music City gibt es Musiker wie Sand am Meer. Und tatsächlich kann man an einem normalen Werktag am Broadway in den Honky Tonks vom Vormittag bis in die frühen Morgenstunden hinein Livemusik erleben. Viele der Musiker hoffen auf den Durchbruch, manche schaffen es und viele schaffen es nicht. Die werden ewig um diese kleinen Auftritte oder Straßenmusik kreisen, sich mit noch ein paar Jobs über Wasser halten. Die einen verzweifelt, die anderen fatalistisch.

Eine dieser unzähligen Nashville-Musiker*innen ist Sierra Ferrell. Geboren im ländlichen West Virginia und mit der dortigen Folk, Country- und Bluegrassmusik  aufgewachsen, verbrachte sie einige Jahre mit Straßenmusik und zog mit einer bunten Truppe von Musikern quer durch die Staaten, blieb mal eine Zeit lang in New Orleans, dann eine Zeit lang in New Orleans, bevor sie dann vor ein paar Jahren in die Musikmetropole Nashville zog.

Dort erarbeitete sie sich mit ihrem ganz besonderen Sound zwischen Folk, Country, Bluegrass und Jazz eine Reputation als Livemusikerin. Und dann passierte es doch noch: Ein Plattenvertrag und das Debütalbum mit dem beziehungsreichen Titel „Long Time Coming“.

Bestaunen kann man die sehr expressive Künstlerin bereits auf vielen youtube-Videos. Und da stellt man fest: Sie ist geerdet in Americana. Wie souverän sie mit diesem musikalischen Erbe umgeht. Eines der faszinierendsten jüngeren Dylan-Covers verdanken wir ihr. Wie sie mit ihren beiden Mitmusikanten aus Dylans Folksong „Walkin‘ Down The Line“ eine Family-Bluegrass-Nummer macht ist outstanding. Sie reiht sich damit in die Phalanx großartiger Country-Adaptionen des Songs von Linda Ronstadt und Eilen Jewell ein.

Auf ihr neues Album freuen wir uns sehr, der vorab ausgekoppelte Track „The Sea“ ist eine wunderbare Folk-Jazz-Nummer mit singender Säge. Das macht Appetit auf mehr. Im August ist es soweit.

The Flatlanders

Copyright: Rack’em Records

Butch Hancock, Joe Ely und Jimmie Dale Gilmore sind zusammen die Texas-Americana-Supergroup Flatlanders. Sie haben ein neues Album aufgenommen, ihr erstes seit über einem Dutzend Jahren. Es heißt „Treasure of Love“ und erscheint am 9. Juli. Darauf haben sie eine Reihe von Coverversionen der Songs großer Kollegen. Auch ein Dylan-Stück ist dabei.

Die Texas-Singer-Songwriter haben ja stets eine besondere Beziehung zum Songpapst. Da meinte einer  – der noch junge, wilde Steve Earle – doch glatt, Townes van Zandt wäre der größere Songschreiber als Bob Dylan und wollte sich mit seinen Cowboystiefeln auf Bobs Kaffeetisch stellen. Townes war das ein bisschen peinlich. Denn er und Bob schätzten sich sehr, trafen sich auch in Austin, aber ein gemeinsames Projekt kam nicht zustande. Bereits Anfang der 1970er spielte Dylan schon zusammen mit Doug Sahm auf und ehrte den kürzlich verstorbenen Billy Joe Shaver, dessen Songs er auch eine Zeit lang im Programm hatte, 2009 mit der Erwähnung in seinem Lied „I Fell A Change Is Coming On“. Und mit Texas  Jewboy Kinky Friedman ist Bob befreundet und war mit ihm auf Tour, ebenso wie mit Willie Nelson.

„She Belongs To Me“ haben sich die Flatlanders ausgesucht. Jimmie Dale Gilmore wird auf der Internetseite „Americana UK wie folgt zitiert: „Ich habe diesen Song geliebt, als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, und ich wurde nie müde an ihm. Obwohl es aus der männlichen Perspektive geschrieben ist, berührt es die Notlage einer starken Frau, die in einer (noch) männlichen Welt lebt. Dylan war in seinem Verständnis so vieler Dilemmata, die inzwischen fast allgemein bekannt sind, vorausschauend. Butch, Joe und ich haben Dylans Kunstfertigkeit und seinen Witz von Anfang an geschätzt und nachdem ich das so viele Jahre lang gespielt habe, bin ich glücklich, endlich eine aufgenommene Version davon auf einer Veröffentlichung der Flatlanders zu haben.“

Dylans Song ist leicht wiedererkennen, doch die Flatlanders haben ihren eigenen, unverwechselbaren Texas-Sound darauf gelegt. Eine sehr schöne Version.

Auch im Jahr seines 80. Geburtstages ist Dylan für die Country- und Americanaszene eine unerschöpfliche Quelle musikalischer Inspiration. Ob für alte Helden oder für Newcomer.