Auch Nana Mouskouri ist eine gute alte Freundin von Bob Dylan. Er sieht die in Deutschland als Schlagersängerin abgestempelte Künsterin auf einer Höhe mit Ella Fitzgerald und Oum Kalsoum. Sie singt immer wieder seine Lieder.
„Gib es zu, du warst im Nana-Mouskouri-Konzert, ich hab‘ dich gesehen, mein Freund, gib es zu, du warst im Nana-Mouskouri-Konzert, ich war auch da und du hast geweint“, sang Funny van Dannen 1995 und hielt einer nach dem weltweiten Siegeszug des Kapitalismus coolen, erfolgsorientierten und utopielosen Generation den Spiegel vor. „Tut nicht so stark, auch Ihr habt Gefühle.“ Eine der schönsten Einträge von Nana Mouskouri im Geschichtsbuch der deutschen Populärkultur.
Auf ewig „Weiße Rosen aus Athen“
Ur-Eintrag ist natürlich das Lied „Weiße Rosen aus Athen“. 1961 veröffentlicht, brachte es ihr eine goldene Schallplatte und das Image der Sehnsuchtssängerin ein, die die Wirtschaftswunder-Deutschen nach Griechenland lockte. Sie blieb auf ewig im deutschsprachigen Raum als Schlagersängerin abgestempelt, obwohl sie eigentlich als Jazz-Sängerin begann und dann zu einer bdeutenden griechischen Chansonsängerin wurde und sowohl mit dem politischen Komponisten Mikis Theodeorakis als auch mit Harry Belafonte zusammenarbeitete.
An dieser Stelle hatten wir uns vor ein paar Wochen mit Bill Ramsey beschäftigt. Beide stehen – wie auch Caterina Valente – für eine Generation von ausländischen Sängern, die eine große Spannbreite künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten besaßen, aber in Deutschland nur als exotische Schlagersänger erfolgreich sein konnten. Soll heißen: Wer Nana Mouskouri auf ewig mit der Weißen Rosen-Diseuse verbindet, sie wahlweise als Ikone der Travestiekunst oder Objekt billigen Klamauks abspeichert, der versteht weder die Tiefe ihres Könnens noch ihre Bedeutung für die Musik.
Gegenseitige Begeisterung
Natürlich weiß unser Bobby das besser. Während sie sich schon lange für seine Songwriting-Kunst begeistert und ihm ihre Version von „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ (1974) besser gefällt als seine eigene, lernen sich die beiden erst 1979 persönlich kennen. Laut der Homepage des Internationalen Nana Mouskouri-Fanclubs lief das so ab: Leonard Cohen besuchte regelmäßig Nanas Konzerte. Als sie am 10. September 1979 in Los Angeles auftritt, bringt er zum Konzert seinen Freund Bob mit. Der will Nana kennenlernen, hat aber für den Abend ein Interview ausgemacht. Also treffen sie sich vor dem Konzert backstage, spüren sofort Sympathie füreinander. Sie schenkt ihm ihr neues Album „Roses and Sunshine“ und sie machen ein Treffen nach Ende des Konzerts in einem kleinen Restaurant aus.
Doch Dylan kann sich vom Konzert nicht losreißen, sagt das Interview ab und schaut sich den kompletten Auftritt an. In der Pause ist er so angetan, dass er sich schon an Ort und Stelle mit ihr austauschen will, doch sie muss erst ihr Konzert zu Ende bringen. Also treffen sie sich später im Restaurant und er befragt sie über ihre musikalischen Einflüsse. Sie erinnert an Callas, Ella Fitzgerald, und Oum Kalsoum und landet damit echte Treffer bei Bobby.
Ein Lied für Nana
Später sagt Dylan in einem Interview mit dem „Rolling Stone“: „Meine Lieblingssänger sind Nana Mouskouri und Oum Kalsoum.“ Wieder kurze Zeit später ruft er Nana an, um ihr einen Song anzubieten, den er gerade geschrieben hat und der seiner Meinung nach genau für sie gemacht ist: „Every Grain Of Sand“. Dennoch nimmt er es zuerst 1981 auf (Album „Shot Of Love“), ihre Version folgt 1982.
Über die Jahre bleiben die beiden in Kontakt und Nana nimmt immer wieder starke Coverversionen von Dylan-Songs auf. 2008 sagt sie in einem Interview anlässlich ihrer Abschiedstournee, dass sie und Bobby E-Mails austauschen. Allerdings würde er ihr nicht so oft antworten, wie sie es gerne hätte. 2018 benennt sie ihr Album „Forever Young“ nach Dylans Song.
Nun ist sie bereits im Ruhestand, geht nicht mehr auf Tour, hat bereits 2008 mit 74 Jahren den Konzertreisen Adieu gesagt, trat aber bis vor wenigen Jahren noch hin und wieder auf. Im Oktober wird sie 87 Jahre. Dylan dagegen ist gerade 80 geworden und hat im Mai einen Konzertfilm gedreht, der am 18. Juli im Internet gestreamt wird. Ob er sich mit ihr über so etwas per E-Mail austauscht? „The answer my friend…“.