Der Heartland-Rocker wurde im Oktober 70 Jahre alt, hat eine starke Bindung zu Bob Dylan und bringt Anfang nächsten Jahres ein neues Album heraus
Er ist neben Bob Dylan, Bruce Springsteen und Neil Young der wichtigste lebende Vertreter der amerikanischen Rockmusik. Während Dylan dem Rock zu Hirn verhalf und den Rockstar als Maskenmann kreierte, Springsteen einen Sound erfand, der wie die gut geölten Maschinen des amerikanischen Arbeiters klang und Texte über die Underdogs singt und Neil Young immer wieder Folk mit Hippieträumen und Garagen-Grunge-Rock zusammenbringt, ist John Mellencamp der Heartland-Rocker. Aus dem mittleren Westen, irgendwo in Indiana, stammend, hat er sich über die Jahre vom Radio-Hit-Rocker – „Jack & Diane“, „Hurts So Good“, „Pink Houses“, „White Nights“ zum Folk- und Americana-Künstler entwickelt. Zwar hatte er immer schon Folk-und Roots-Einsprengsel mit Violine in seiner Musik, doch spätestens ab Ende der 1990er Jahre wird das zu seiner bestimmenden musikalischen Ausdrucksform.
Americana mit politischen Botschaften
2003 erscheint sein sinnstiftendes, stil- und genreprägendes Roots-Album „Trouble No More“ mit neu aufgenommenen und neu interpretierten klassischen Songs von Woody Guthrie bis Robert Johnson. Doch überstrahlt wird das Ganze von dem Skandal um seine Version des alten Charlie Poole-Klassikers „From Baltimore To Washington“, die eine Abrechnung mit Präsident George W. Bush darstellt. Die Folge: Viele konservative Country-Radiostationen boykottieren ihn. Doch dies ficht den überzeugten Demokraten nicht an. Mit Alben wie „Freedom’s Road“ und Songs wie „Our Country“ versucht er unermüdlich, das gute, das andere Amerika zum Leben zu erwecken.
Doch wo „Our Country“ 2007 noch wie der Song zum Optimismus der frühen Obama-Ära klang, so ist seine Musik in den letzten Jahren deutlich dunkler und ernüchterter geworden. Mit seinem Song „Easy Target“ kritisierte John Mellencamp zum Amtsantritt von Donald Trumps 2017 die gesellschaftlichen Zustände in den USA und geißelte unter anderem Waffengewalt, ethnische Ungerechtigkeit und Armut uns sagte im Interview: „Das Land verändert sich langsam durch die Männer, die wir an die Spitze stellen, und ich habe Angst davor. Das Land hat sich verändert, durch das was passiert ist.“ 2020 auf dem Höhepunkt der Black Lives Matter-Proteste schließlich veröffentlichte er mit „A Pawn in the White Man’s Game“ einen Anti-Rassismus-Song in Anlehnung an Bob Dylans Klassiker „Only A Pawn In Their Game“.
Enge Beziehung zu Bob Dylan
Überhaupt hat Mellencamp eine starke Verbindung zu Bob Dylan. Denn er hat in jungen Jahren als „Bob Dylan-Jukebox“ angefangen. „Ich konnte jeden Bob Dylan-Song“ hat er mal in einem Interview gesagt. Heute ist der Mann aus Midwest mit dem großen Bob, der in diesem Jahr 80 geworden ist, befreundet. Und der sagt ihm schon mal unangenehme Wahrheiten wie „diese Aufnahme ist Scheiße, John“, wie Mellencamp in einem Interview zugab.
Dass Dylan aber trotzdem große Stücke auf John hält, beweist die exponierte Erwähnung in Dylans berühmter Musicares Speech 2015: „Und so wie mein Freund John Mellencamp singen würde – weil John heute etwas Wahres gesungen hat – eines Tages wirst Du krank und es geht Dir nicht besser.“
Neues Album – erstes Alterswerk?
Und nun also sein neues Album „Strictly One Eyed Jack“. Als Auskopplungen aus dem Album sind bislang „Chasing Rainbows“ und „Wasted Years“ erschienen. Letzteres ist eins von drei Duetten mit Bruce Springsteen, die auf der Platte sind. Der Song ist schon ein etwas resignativer Rückblick aufs Leben. Klar, wer für solche Ideale wie die beiden alten Knaben lebt, der kann nicht frohgemut sein ob der Zustände auf dieser Welt. Und besonders Bruce, der im September bereits 72 Jahre wurde sieht irgendwie alt aus. Auch „Chasing Rainbows“ ist ein altersweiser Song und erklärt Wahrheiten über die Suche nach dem Glück. Man darf gespannt sein auf die anderen Songs, im Moment sieht es so aus, als wäre das neue Album die erste wirkliche Altersplatte des ehemaligen „Cougar“.
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