Dylans neues Album Together Through Life – ausführlich von mir auf country.de besprochen – zeugt von großer Spielfreude, wirkt aber hier und da gleichsam wie ein noch unfertiger Entwurf und beweist dadurch aber auch die große Souveränität des alten Meisters.
Der Mann muss nichts mehr beweisen. Entgegen dem Boulevard-Gossip-Scheiß von spiegel-online „brauchte“ er keinen Co-Autor, sondern arbeitete aus freien Stücken mit Robert Hunter zusammen. Und warum „Jolene“ und „Shake, Mama, Shake“ bei Dylan „erschreckend schwache“ (Rolling Stone-Autor Maik Brüggemeier) Bluesschema-Fingerübungen sein sollen, während sie jedem anderen Künstler mit „authentisch“ und „vom schwarzen Blues durchdrungen“ – Gefasel abgenommen würden, hängt natürlich mit der einmaligen Stellung Dylans in der Popmusik zusammen.
Dylans neue Platte ist sicher weder textlich so komplex, musikalisch so dicht und konzeptionell so ausgearbeitet wie die drei Vorgängerplatten. Aber dennoch ist sie alles andere als trivial und eindimensional und schon gar nicht ist sie zu vergleichen mit Dylans B-Werken wie Knocked Out Loaded oder Self Portrait.
Together Through Life gibt genügend Stoff für alle Dylan-Freunde: Musik hören, über Texte Nachdenken, musikalische Querverweisen nachgehen. Eine Platte, die uns alle vielleicht mal wieder ein bisschen erdet nach all den Heiligsprechungen, Mystifizierungen und Auszeichnungen der letzten Jahre.
Wer in den 90er Jahren sich zu Dylan bekannte, dem wurde mitleidsvoll, manchmal auch geringschätzig begegnet. Dass Dylan momentan Everybodies Darling zu sein scheint und voraussichtlich wieder eine Platte als Nummer 1 in die Charts bringt, macht einem eher misstrauisch. Schließlich kennt man die Gesetze der Medien. Wir hoffen und wünschen, dass Dylan seine Souveränität beibehält. Es wäre gut für uns alle.
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