Retrospektive streift alle Schaffensphasen
Der Konzertabend beginnt unerfreulich. Pfiffe und Unmutsbekundungen erntet Mellencamps Dokumentation über das Entstehen seiner aktuellen Platte, „It’s About You“. Da wollen wohl einige nur Rockmusik hören, ohne sich über den Künstler und seine Beweggrunde Gedanken machen zu müssen. Unverständlich, Respektlos, Unangemessen, fällt mir dazu ein.
Nach einer Stunde wird die Leinwand recht umständlich abgebaut und gegen 21.20 Uhr betritt Mr. John Mellencamp die Bühne. Das Konzert beginnt mit voller Rockbesetzung, dann spielt der Heartland-Rocker einige Stücke akustisch und solo, dann kommt der Mittelteil mit Folkbesetzung – Geige, Akkordeon, Banjo, Akustikgitarre, Stehbass, dann wieder Mellencamp solo, um zum Schluss noch mal richtig rockig loszubrettern.
Mellencamp hat stets das Pech gehabt im Schatten des „Übervaters“ Dylan und des „Boss“ Springsteen im Segment „Amerikanische Rockikone“ nur die dritte Geige zu spielen. Ein Liebling der Kritiker war er nie, eine treue Fangemeinde hat er aber stets um sich geschart.
So haben auch viele schlichtweg ignoriert, welch großer Geschichtenerzähler der in Bloomington, Indiana, geborene ist. Dies beweist er im Konzert sowohl mit Songs wie „Jack and Diane“ oder „John Cockers“, aber auch mit Geschichten, die er zwischen den Stücken einflechtet.
Zwei Stunden lang gibt Mellencamp an diesem Abend den „American Musician“. Gegen den Arbeiter-Habitus von Springsteen, wirkt er neuerdings eher wie der Politiker, Prediger oder Intellektuelle. Dazu passt ja, dass der überzeugte Demokrat immer wieder für politische Ämter seines Heimatstaates im Gespräch ist.
In Stuttgart paart sich dies mit vollendetem Entertainment. Er mischt beeindruckend stilsicher, und im Ergebnis erstaunlich homogen seine alten Radio-Rockklassiker mit seinen neueren Roots-Rock und Americana-Songs. Seine Scheibe „No Better Than This“, die er mit dieser Tour bewirbt, ist denn voll starker Songs wie „Save Some Time To Dream“ oder „No One Cares About Me“, die ebenso zu den Höhepunkten des Konzerts zählen, wie seine alten Songs.
Am Ende gegen 23.20 Uhr hat sich der Kreis geschlossen und keine Zugabe mehr möglich. Mellencamp hat sich beeindruckend in Deutschland zurückgemeldet, das Publikum ist begeistert. Die Kritik aber wird wie eh und je reagieren.
Setlist:
1. Authority Song
2. No One Cares About Me
3. Death Letter
4. John Cockers
5. Walk Tall
6. The West End
7. Check It Out
8. Save Some Time to Dream
9. Cherry Bomb
10. Don’t Need This Body
11. Easter Eve
12. Jack and Diane
13. Jackie Brown
14. Longest Days
15. Small Town
16. Rain on the Scarecrow
17. Paper In Fire
18. Crumblin‘ Down
19. If I Die Sudden
20. Pink Houses
21. R.O.C.K. in the U.S.A.
Schlagwörter: Americana, Mellencamp, Stuttgart
11. Juli 2011 um 7:18 pm |
Ein wunderschöner Abend mit Dir bei John Mellencamp, wie immer hast Du alles eingefangen. Die Dramaturgie von John Mellencamp, seine Gestaltung und Auswahl der Songs war super und hat uns alle, die vor Ort waren, in den Bann gezogen.
Die Kritiker sind uns egal.