Gedanken anlässlich eines neuen Albums von Hannes Wader
Kürzlich flatterte eine CD bei mir auf den Tisch: „Hannes Wader & Allan Taylor – Old Friends In Concert“ stand drauf. Der alte Hannes also. Und ein ähnlich alter Folkfreund stand neben ihm auf dem Coverfoto.
Hannes Wader entdeckte ich zur selben Zeit wie Bob Dylan. „Kleines Testament“ hieß eine Platte, „7 Lieder“ die andere. „Tankerkönig“, „Heute hier morgen dort“, „Schon so lang“ hießen die Songs, die mich berührten, damals Ende der 70er Jahre.
Und dann schlossen sich die beiden fast gleichzeitig den Kirchen an. Der Amerikaner einer christlichen Kirche, der Deutsche der kommunistischen Partei. Doch während sich der Amerikaner bald wieder von der Orthodoxie befreite, wurde der andere über einige Jahren zum Vorsänger der DKP degradiert. Von der Partei, von den Medien, von sich selbst. Mir wurde Wader dadurch fremd. Auch wenn ich mir seine Platte mit den Arbeiterliedern besorgte. Doch als die kommunistischen Parteidiktaturen dann zusammenbrachen, gelang es endlich auch Wader, sich wieder frei zu schwimmen.
Denn beide sind große Freigeister, Lyriker und Poeten. Und Wader ist, das merkt man noch heute, vom jungen Dylan beeinflusst. Spät -1995 – coverte er „Bob Dylan’s Dream“ als „Nachtfahrt“ in Deutsch“. Dylans Schwenk zum Rock hat er nie mitgemacht. Und vom Pop da hielt er sich stets fern.
Lange Jahre war die Haltung, die diese beiden im Folk verwurzelten, aber dennoch so unterschiedlichen Künstler, vereint, gar nicht so angesagt. Die populäre Musik verlor sich in studiogebrauter, zielgruppenkompatibler Instantmusik. Casting-Shows spülten Surrogate der immer gleichen risikolosen Popmusik nach oben.
In den letzten Jahren – Wader und Dylan waren immer noch unermüdlich am touren und Platten machen – entdeckte die Jugend dann wieder das Lied: Die gesungene Erzählung. Die Haltung „ich habe was zu sagen“ löste die Haltung „ich will ein Popstar sein ab“. In den USA und England sind es Gruppen wie die Avett Brothers, die Felice Brothers oder Mumford & Sons oder das Wunderkind Jake Bugg, die mit Gitarre, Banjo, Geige und Akkordeon, Folk- und Folkrock wieder beleben. In Deutschland ist es die neue Generation der Liedermacher (schreckliches Wort!) wie Max Prosa oder Philipp Poisel, die sich direkt auf Wader und Dylan beziehen. Zum 70. Geburtstag Waders im letzten Jahr hat diese Generation sogar ein Tribute-Album für den alten Hannes aufgenommen.
Während Dylan über all die Jahre mein Held geblieben ist, hörte und sah ich Wader dann erst Mitte der 90er wieder. Als er sich – auch hier die Analogie zu Dylan in der gleichen Zeit- aus den eigenen Trümmern und der künstlerischen Verwirrung wieder zurück zu künstlerischem Selbstbewusstsein spielte. Und nun ist dieses wunderschöne kleine Live-Album mit seinem Freund Allan Taylor vielleicht der Fingerzeig, ihn nach einigen Jahren auch mal wieder im Konzert zu erleben.
18. Februar 2013 um 8:10 pm |
Nein, so gar nicht meine Meinung! Hannes hat in seiner DKP-Zeit mit „Es Ist An Der Zeit“ eine seiner besten Platten aufegnommen. Live habe ich ihn nie so erlebt als wäre er vor irgendeinem Karren. Ich hab ihn live über die Jahre verfolgt (zwar nicht ganz so häufig wie Dylan, aber das geht auch gar nicht) und finde ihn nach wie vor klasse, seine Lieder gehen unter die Haut. Sein Ausdruck ist manchmal etwas spröde, aber genau das macht ihn aus. Trotz nicht Übereinstimmung: danke für den Tipp! Die Scheibe mit Allan Taylor ist mir noch unbekannt, hat aber sicher bald einen Platz in meinem Schrank.
31. Januar 2013 um 7:50 am |
Geht mir ähnlich, Waders Weg gut auf den Punkt gebracht.