From Sand Rabbit Town into the whole wide world
Howdee Everyone,
heute beschäftigen wir uns einmal mit Dylans Film „Masked & Anonymous“.
Wir haben ja Zeit. Also haben wir uns „Masked and Anonymous“ nochmal angeschaut. Natürlich war der Film ein Flop an den Kinokassen und bei den Kritikern. Denn als Film ist er böse missglückt. Und auch bei der erneuten Ansicht wird er nicht besser. Die Kulissen wirken unecht, so entsteht keinesfalls die Magie, aus der für eine Spielfilmlänge aus Fiktion Wirklichkeit wird. Im Filmformat wirken die Dialoge seltsam überladen, da raschelt das Papier. Und der hochkarätige Cast stolpert ohne wirkliche Bindung zum Stoff, zu den Figuren, zum Konzept, durch die Kulissen.
Auch Dylans Rolling Thunder-Epos „Renaldo & Clara“ war schon nicht so einfach zugänglich. Aber er lohnt sich, weil die Erzählidee trägt, die Figuren einem interessieren, der Film Witz hat, und die Musik gut ist. Bei „Masked & Anonymous“ so wissen wir von Heinrich Detering – gibt es ein Skript, das anders ist als der Film, das stimmig ist und ein Mysterienspiel, ein Theaterstück vorgibt. Doch das Problem, so Detering, ist, dass man einen Film daraus gemacht habe.
Für den Film habe man zudem etliche Szenen gestrichen, die die Handlung einleuchtender gemacht hätten. Wenn also die literarische Vorlage gar nicht zur umgesetzten Gattung passt, wenn der Film in seiner Plausibilität durch Drehbuchkürzungen leidet, wenn genauso naturalistisch wie psychologisierend geschauspielert wird, und nicht episch und maskenhaft typisierend wie es dem Stück angemessen wäre – man sieht dies doch schon an den sprechenden Namen: Jack Fate, Tom Friend! – wenn die Schauspieler sich wie beim Method Acting-Kurs benehmen und nicht geführt werden und sowohl Kamera als auch Kulisse auf dürftigem Niveau sind, dann kann das nur krachend schief gehen.
Wer jetzt daran Schuld ist, ein überforderter Regisseur oder ein nicht genug um seine Vorstellung kämpfenden Ideengeber Dylan ist letztlich nicht zu klären. Aber klar ist eins: Da ist dem Shakespeare-Liebhaber Dylan, der Filmliebhaber Dylan in die Quere gekommen. Das Stück hätte besser ins Globe Theatre oder eine Freilichtbühne gepasst, doch als Film in den Lagerhallen-Kulissen ergeht es dem Projekt als filmischer Nachfolger eines Albums noch schlimmer als Renaldo & Clara, das Desire folgte.
Doch Dylans stolpernde Präsenz und die Minimalmimik seiner Schauspielerfigur, die wie eine Mischung aus Buster Keaton und Charlie Chaplin daherkommt, einigen wenigen gelungenen Szenen sowie die auch hier gute Musik – unten zu hören – lassen den Film für Dylan-Fans zu einem „den musst Du gesehen haben“ werden.
Aber einmal, zweimal gesehen haben reicht eigentlich auch für den Film. Wenn man verstehen will, was Dylan vorhatte, und in welcher Beziehung sein Stück zu „Love And Theft“ steht – nämlich als Weiterführung und Weiterentwicklung seiner beim 2001er Album gefundenen neuen Form der Songpoesie – dann sollte man das Skript gelesen haben. Oder zumindest Heinrich Deterings Abhandlung in Kapitel 5 seines großartigen Buches „Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele“.
Film-Trailer:
Cold Irons Bound:
Drifters Escape:
Schlagwörter: Bob Dylan, Jack Fate, John Goodman