Eine rauschende Bob-Nacht

Fast vier Stunden Musik und Vorträge rund um Bob Dylan am vergangenen Freitagabend vor begeistertem Publikum in der Bessunger Knabenschule in Darmstadt

Das große Finale mit „I Shall Be Released“, V.l.n.r.: Martin Frenzel, Thomas Waldherr, Dan Dietrich, Marc Herbert, Silvana Battisti, Falco, Hannah, Martin Grieben, Melli Hepp, Steffen Huther, Wolf „Levon“ Schubert-K. – Foto: Andrea Goldschmidt

Eigentlich hätte der große Bob Dylan-Abend der Volkshochschule Darmstadt – in Kooperation mit der Bessunger Knabenschule, dem ASTA der Hochschule Darmstadt und der Konzertreihe „Thomas Waldherr präsentiert Americana“ bereits am 18. Mai, also wenige Tage vor dem 80. Geburtstag des Meisters (24. Mai) stattfinden sollen. Doch die Pandemie-Lage machte dies nicht möglich und so stand das große Ensemble der Musiker:innen und Vortragenden am vergangenen Freitagabend (8. Oktober) zur Geburtstagsnachfeier auf der Bühne der ausverkauften Bessunger Knabenschule und begeisterte das Publikum mit stimmungsvoller Musik sowie informativen und unterhaltsamen Vorträgen.

Vorträge zu „Pop und Migration“ und „Bob Dylan & Black America“

Klaus Walter beim Vortrag, Foto: Andrea Goldschmidt

Der Abend begann mit „Chimes Of Freedom“, dargeboten vom musikalischen Ensemble des Abends, sozusagen der „Titelmelodie“ des Abends. Martin Frenzel (Volkshochschule) und Thomas Waldherr (Americana-Reihe) führten durch das Programm und durften zu Beginn Darmstadt Bürgermeisterin Barbara Akdeniz begrüßen, die sich mit ihrem Grußwort als echte Dylan-Expertin entpuppte. Danach startete das Programm, das fast vier Stunden dauern sollte.

Die inhaltliche Beschäftigung an diesem Abend hatte den Schwerpunkt Pop und Migration, Bob Dylan zwischen Jewish Community und African American Community. Der preisgekrönte Musikjournalist Klaus Walter zeigte in seinem Vortrag mit vielen Musikbeispielen auf, wie sehr die amerikanische Populärmusik auf die Migration fußt. Künstler wie Irving Berlin oder Lou Reed sind Juden und die Andrew Sisters entstammen einer griechisch-norwegischen Verbindung. Neben den europäischen Einwander:innen sind es die afrikanischen Sklaven, die die US-Populärmusik befruchtet haben. U.a. war „Our Roots Began in Africa“als Musikbeispiel zu hören Bob Marley äußerte sich im Originalton zu Afrika imd Sklaverei.

Der Darmstädter Dylan- und Amerika-Kenner Thomas Waldherr hat im Frühjahr das Buch „Bob Dylan & Black America“ herausgebracht und folgte in seinem Vortrag den stetigen Wechselwirkungen zwischen Bob Dylans Werk und Wirkungen und der afroamerikanischen Community und ihrer Kultur. Dylan begeisterte sich wegen Odetta für den Folk und startete seine musikalische Karriere in New York auch mit der Zusammenarbeit mit afro-amerikanischen Künstlern. Er trat für die Bürgerrechtsbewegung ein und sang für schwarze Opfer des Rassismus wie George Jackson und Rubin Hurricane Carter. Zudem hat er seit seinen frühen New Yorker Jahren eine feine Antenne für afro-amerikanische Poesie und ist daher voller Respekt für die Rapmusik.

Viel Live-Musik mit Interpretationen von Dylan-Songs

Wolf Schubert-K. und Steffen Huther, Foto: Andrea Goldschmidt

Vor, zwischen und nach den Vorträgen aber stand die Musik von Bob Dylan in Live-Darbietungen im Vordergrund. Die Künstler:innen des Ensembles – vorwiegend aus Südhessen und Rhein-Main – hatten sich an ganz unterschiedliche Stücke von Bob Dylan herangewagt. „Hannah & Falco“, das Folk-Duo aus Würzburg, interpretierte „It Ain’t Me Babe“ ganz als bittersüße Verweigerung der großen Liebe oder übten sich in wunderschönem Harmoniegesang bei „I’ll Remember You“.

Wolf Schubert-K. und Steffen Huther spielten das böse „I Pity The Poor Immigrant“ und das religiöse „Gotta Serve Somebody“. Zusammen mit Dan Dietrich spielten sie tolle Folk-Rock-Versionen von „George Jackson“ und „Hurrican“. Hier erlebte das Americana-Publikum die Premiere von Wolf Schubert-K. als Drummer. Der „Darmstädter Dylan“ Dan Dietrich intonierte das frühe „The Lonesome Death Of Hattie Carroll“ ebenso gekonnt wie das Spätwerk „Beyond Here Lies Nothing“. Martin Grieben (Frankfurt/Darmstadt) spielte u.a. „When He Returns“ und bot zusammen mit seiner Frau Melli als Gesangspartnerin eine traumhafte Version von „Abraham, Martin und John“.

Die Woog Riots mit Martin Grieben und Melli Hepp, Foto: Andrea Goldschmidt

Schon im Frühjahr zum Geburtstag Dylans erschien das eigens zu diesem Anlass geschriebene Stück „Bob Dylan“ von den Darmstädter Lokalmatadoren „Woog Riots“. Am Freitagabend erlebte es nun endlich seine Live-Premiere. In gewohnter Manier haben Marc Herbert und Silvana Battisti einen Indie-Pop-Ohrwurm da gezaubert.

Zum Finale „I Shall Be Released“

Zu Ende ging dieser lange Bob Dylan-Abend dann nach fast vier Stunden mit großem Applaus und Jubel des begeisterten Publikums sowie mit einem hymnischen „I Shall Be Released“ des gesamten Ensembles.

Ein Abend der Appetit auf mehr macht. Das nächste Konzert in der Americana-Reihe ist das Gastspiel des österreichischen Bluesers und Singer-Songwriters „Sir“ Oliver Mally, der auch immer Songs von Bob Dylan Gepäck hat: https://www.knabenschule.de/index.php?id=1061

Und am 16. Dezember geht die nächste Kooperation von Thomas Waldherr mit der Volkshochschule Darmstadt über die Bühne. Thema des Vortragsabend ist Joan Baez. Anmelden unter http://www.darmstadt.de/vhs (Rubrik Kultur/Musik)

Dan Dietrich, Martin Grieben, Steffen Huther und Wolf Schubert-K. mit „Hurricane“:

Martin Grieben und Melli Hepp mit „Abraham, Martin und John“:

Das große Finale:

Hinterlasse einen Kommentar