„Dylans Begeisterung und Staunen sind ansteckend“

Darmstädter Americana-Reihe feierte Bob Dylan anlässlich der Veröffentlichung seiner „Philosophie des modernen Songs“/ Vollbesetzte Halle der Bessunger Knabenschule/Glänzend aufgelegtes Ensemble und begeistertes Publikum

Alle Mitwirkenden freuten sich mit dem Publikum über einen wunderbaren, Funken sprühenden Abend, Foto: Americana

Es war wieder einmal mehr ein rauschender und Funken sprühender Abend in der Darmstädter Americana-Reihe. In der vollbesetzten Veranstaltungshalle des Kulturzentrums Bessunger Knabenschule entwickelte sich ein denkwürdiger Event, der das Publikum begeisterte.

Gedenken an Kristof Schreuf

In seinem Eröffnungs-Statement erklärte Americana-Kurator Thomas Waldherr, wie sehr man sich auf Conny Lösch gefreut hatte und wie traurig man über ihre Absage wegen des Todes ihres Mannes sei. Und er sprach von der Bestürzung über den Tod ihres Mannes Kristof Schreuf, der ein bekannter Musiker und Journalist gewesen war und maßgeblich die sogenannte Hamburger Schule der Popmusik beeinflusst hatte. Mit einem Augenblick der Stille gedachte man dem Verstorbenen und sendete gute Wünsche an Conny Lösch.

Thomas Waldherr und die „Dylan-Allstars“, Dan Dietrich, Philip Wetzel, Martin Grieben und Bernd Hoffmann, Foto: Americana

Ausgewählte Songs in Wort- und Musikbeiträgen

Das Programm des Abends begann dann mit Dylans „When I Paint My Masterpiece“ gespielt von den „Dylan All-Stars“, Dan Dietrich, Martin Grieben und Four Chords & The Truth aka Bernd Hoffmann und Philipp Wetzel. Thomas Waldherr bedankte sich dann beim C.H. Beck-Verlag für die Unterstützung des Abends und stellte Mitwirkende und Ablauf vor.

In der Folge las Waldherr Passagen aus dem Buch zu ausgewählten Songs, die die Musiker dann in ihren Interpretationen auf die Bühne brachten. Martin Grieben widmete sich mit großer Spielfreude der Abteilung Rock’n’Roll und Blues mit „Tutti Frutti“ von Little Richard und „Key To The Highway“ von Big Bill Broonzy. Dan Dietrich drückte „Ball Of Confusion“ von den Temptations und „Come Rain And Come Shine“ von Judy Garland seinen eigenen Stempel auf. Für die Country-Abteilung war dann Four Chords & The Truth zuständig. In lässig, gekonnter Manier ließen Bernd Hoffmann und Philipp Wetzel mit „Big River“ von Johnny Cash und „Pancho & Lefty“ die Klassiker der Countrymusik erklingen.

Einordnung des Buches in Dylans Werk durch Heinrich Detering

In zwei Talkrunden wurde dann Heinrich Detering, Deutschlands bedeutendster Dylan-Experte, zu Dylans neuem Buch sowie zu Dylan und anderen großen Songwritern befragt. „Es geht ihm wohl eher um eine offene Auswahl von Songs, mit denen er für seine Zwecke etwas anfangen, an denen er etwas Bestimmtes zeigen kann. Songs, die etwas an einem bestimmen Aspekt der amerikanischen Kultur zeigen oder die ihn zu poetischen Einfällen anregen“, sagte dabei Detering zur Frage, warum wichtige Songwriter wie Lennon/McCartney oder Leonard Cohen nicht vorkämen.

In zwei Talkrunden ging Heinrich Detering (links), befragt von Thomas Waldherr, dem Buch und seinem Autor auf den Grund, Foto: Americana

Detering zeigte sich sehr eingenommen von Dylans Buch: „Natürlich ist es wunderbar, wie ernst er es offensichtlich mit dem Satz gemeint hat, die Songs seien sein Philosophie- und sein Gebetbuch. Es gibt nichts im Leben, das er nicht in einer irgendwie kondensierten, geläuterten, verwandelten Form in Songs wiederfindet; diese Begeisterung und dieses Staunen sind ansteckend.“ Auf die Frage, wer neben Dylan der für ihn wichtigste Songwriter sei, führte er Dylans verstorbenen Freund und Kollegen Leonard Cohen an.

Dylan-Songs rütteln auf und geben Hoffnung

Im letzten Teil der Veranstaltung erklangen Songs von Bob Dylan. Dan Dietrich spielte ein, dem aktuellen Zustand der Welt angemessen aufrüttelnde engagierte und emotionale Version des apokalyptischen Frühwerks „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“.  „Four Chords & The Truth“ blieben beim Country, präsentierten ein humorvolles „Walkin‘ Down The Line“ und brachten den Saal zum Mitsingen. Martin Grieben folgte mit einer feinen, sehr berührenden Version des ebenso epischen wie nachdenklichen „Every Grain Of Sand“.

Mit einer zweiten, ungleich schnelleren und härteren Version von „When I Paint My Masterpiece“ endete dann das Programm mit tosendem Applaus und vielen lauten Bravo-Rufen. Aller Musiker, Heinrich Detering und Thomas Waldherr sangen dann gemeinsam mit dem Publikum die Zugabe „I Shall Be Released“. Ein gutes, weil tröstliches und hoffnungsvolles Zeichen zum Abschluss dieses wunderbaren Abends, in dem sich in der Musik, in Wortbeiträgen, Lesungen und Gesprächen das ganze Leben mit all seinen Gefühlszuständen abbildete.

Americana 2023 startet mit Bruce Springsteen-Tribute

Es war ein sehr schöner, ergreifender Abschluss des diesjährigen Americana-Programms. Weiter geht es nach einer Advents-/Weihnachts-/Jahreswechselpause am 26. Januar nächsten Jahres. Dann wir mit Bruce Springsteen eine weitere amerikanische Musik-Ikone geehrt. Markus Rill, Robert Oberbeck uns Maik Garthe bestreiten das Programm dieses besonderen Tribute-Abends. Karten können bereits unter www.knabenschule.de erworben werden.

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