Bob und Baskenland

2006 spielte der Meister ein historisches Konzert in Donostia-San Sebastian. Nun kehrt er zu zwei Konzerten im Kursaal zurück an den Golf von Biskaya

2006 machte Bob Dylan plötzlich wieder im Zusammenhang mit einem „Friedenskonzert“ Schlagzeilen. Von der „Musikwoche“ bis zur „Jungen Welt“ las es sich ungefähr so:  „Musiklegende Bob Dylan engagierte sich im baskischen Friedensprozess. Er trat bei einem kostenlosen Konzert gemeinsam mit dem im Baskenland berühmten Sänger und Songschreiber Mikel Laboa am Sandstrand von »La Concha« (die Muschel), der Bucht von Donostia (San Sebastian) auf.“ Und: „Das Konzert war nach der Ankündigung einer ‚dauerhaften Waffenruhe‘ der baskischen Untergrundbewegung ETA am 22. März ins Programm genommen worden.“ Und weiter, typisch Dylan: „Einzige Bedingung von Seiten Dylans war, dass während des Konzerts am Zurriola-Strand der baskischen Hafenstadt keine politischen Botschaften verlesen werden durften.“

Die Veranstalter rechneten mit mehreren zehntausend Zuschauer:innen, am Ende sollen mehr als 80.000 Menschen (!) den Barden gelauscht haben und damit setzten diese Menschen wirklich ein großes Zeichen der Hoffnung auf Frieden. Und tatsächlich ist in den letzten Jahren aus einer immer wieder vom Terror durchzogenen Gegend eine recht friedliche europäische Region geworden. Ein gewisser Autonomiestatus ließ die baskische Kultur noch einmal aufleben. Ob in Literatur oder in der Kulinarik und darüber hinaus: das Baskenland hat mehr zu bieten als die bekannte Mütze.

Bobs Besuche des Baskenlands

Bob Dylan 2006, Copyright: Wikimedia Commons

Doch 2006 war nicht das erste Mal, dass Bob Dylan in der malerischen baskischen Stadt Station machte. 1989, zu Beginn seiner Never Ending Tour kam er erstmals nach San Sebastian, spielte in Spanien ansonsten nur noch in Madrid und Barcelona. Die zentralspanische Hauptstadt und die selbstbewussten, von Autonomiebestrebungen gekennzeichneten Regionen Katalonien und Baskenland. Bewusste Absicht?

1995 dann ein Abstecher nach Bilbao, doch schon 1999 bei einer Spanien-Tour mit 13 (!) Stationen stand San Sebastian wieder auf dem Plan. 2004 dann sieben spanische Stationen ohne Baskenland. 2006 stand Donostia dann wieder in Dylans Tourbuch, als eine von fünf Stationen. Aber – siehe oben – es war sicher die wichtigste und spektakulärste Station seiner damaligen Spanienreise. 2008 bei zwölf  Stationen war es wieder einmal nicht dabei. Und das Baskenland wurde bei der 2012er-Tour dann wieder einmal von Bilbao vertreten. 2015 gibt es mal wieder ein halbes Dutzend Spanien-Gigs und Donostia-San Sebastian ist dabei. 2019 dann wieder Bilbao und nun 2023 gleich zwei Termine in Donostia-San Sebastian.

Waren dort bei seinen Konzerten bislang Hallen wie der Plaza del Torres (16.000 Plätze), der Donostia Arena (11.000 Plätze) oder dem Velodrom (5.500 Plätze) für ihn gebucht, zieht es ihn nun wieder an den Strand. Zwar nicht direkt auf den Playa de Zurriola, wo sein umjubeltes 2006er-Konzert stattfand, sondern in den nahe gelegenen Kursaal. Hier bleibt er seiner zuletzt verfolgten Linie der intimen Konzerthäuser treu. Der Kursaal fasst rund 2000 Personen. Er tritt dort am 19. und 20. Juni auf. Das Gebäude wurde 1999 eröffnet, sein Architekt Rafael Moneo heimste dafür einige Preise ein.

Das Baskenland – eine spannende europäische Region

Donostia-San Sebastian: Blick auf den Playa De Zurriola mit dem Kursaal, Copyright: Wikimedia Commons

Das Baskenland, obwohl politisch seit ewiger Zeit aufgeteilt unter Frankreich und Spanien, ist ein besonderes Land mit eigener Sprache und besonderer Kultur. Zu massenkompatiblem Mainstream auf der ganzen Welt wurden nicht nur die Baskenmütze, sondern auch die Espadrilles. Heute ist das Baskenland vor allem für seine Küche bekannt. Alleine in Donostia-San Sebastian ist die Sterne-, Kochmützen- und Löffeldichte erheblich, 2019 wurden alleine 18 Michelin-Sterne dort gezählt. Die moderne baskische Küche interpretierte die traditionelle baskische Küche nach Ende der Franco-Diktatur neu, die Pintxos – kleine Häppchen am Spieß (Zahnstocher), oftmals auf Weißbrotscheiben – sind legendär.

Donostia-San Sebastian besitzt zwei Stadtstrände – den größeren La Concha („die Muschel“) und den kleineren Zurriola. Der La Concha ist durch die Bucht geschützt, Wind und Wellengang sind mäßiger. Der Zurriola ist dagegen ein Surferparadies.

San Sebastian war mit seiner Lage am Golf von Biskaya auch als stetiges Urlaubsziel für die spanischen Königsfamilien interessant, seitdem ist dort etwas teurer als in anderen Gegenden Spaniens. Wir werden Dylans Konzerte in San Sebastian besuchen und drum herum machen wir unseren Sommerurlaub.

Baskische Liedermacher

Mikel Laboa, Copyright: Wikimedia Commons

In meinem Bericht über Bob und Spanien in meinem letzten Blogpost habe ich die Darstellung Günter Amendts geteilt, dass es in Spanien aufgrund der Franco-Diktatur keine so großen Resonanzboden für die Musik Dylans gegeben habe, wie in Italien mit der Tradition der Cantautori.

Das mag für Zentralspanien stimmen, aber gerade im Baskenland hat sich unter Franco eine Szene von Liedermachern entwickelt, die kritische Lieder schrieben: Ihre Galeonsfigur war eben jener Mikel Laboa.  Er wurde zur Legende unter den baskischen Liedermachern, weil in den 1960er Jahren gegen den Franquismus und die Zensur ansang. Einige seiner Lieder wie „Txoria Txorisind sogar zu einer Art Volkslieder geworden. Kein Wunder, dass Dylan und Laboa, dessen „Txoria Txori“ auch zum Repertoire von Joan Baez gehörte, für das 2006er „Friedenskonzert“ zu einem Package zusammengestellt. Und vielleicht kennt Dylan die Geschichte der baskischen Musik so gut, dass er ganz bewusst 1989 erstmals in San Sebastian auftrat?

Dass das Baskenland auch eine kulturelle Tradition der Liedermacher hat, die wiederum mit der Dylan’schen Werk und Wirken im Austausch war und ist, bewies Mitte der 1990er Jahre Zigor Gazkez, der eine Platte in baskischer Sprache aufnahm, die Dylans Musik sehr nahe kommt. Leider verlor sich die Spur des „baskischen Bob Dylan“ schnell wieder. Mysteriöse Geschichte, der Künstler ist verschwunden, aber seine Musik bleibt bestehen.

Copyright: Elkar

Dylan auf baskisch

Ein guter Dylan-Freund erinnerte mich jetzt noch daran, dass es sogar ein Buch mit hundert Dylan-Songtexten auf baskisch gibt. „Bob Dylan – 100 kantu“ heißt das Werk. Die Übersetzungen stammen von Xabier Paya. Das Buch ist auch hierzulande zu erwerben. Übrigens ist baskisch ein absoluter Solitär und mit keiner anderen Sprache verwandt.

Vorfreude

Dylan spielt also am 19. und 20. Juni in einer interessanten Stadt in einer der bemerkenswertesten Regionen Europas. Wir werden dabei sein und sind gespannt.

(Artikel aktualisiert am 19. März 2023, 15.25 Uhr)

3 Antworten to “Bob und Baskenland”

  1. Noland Says:

    Thomas. W, it’s about time. Something so well done requies time and dedication. Maybe also intelligence. I was an unconscius person, Who was deceived and discouraged.
    There is a lote of music recordad publications and a lote of mistakes. Everything comes by “ A simple twist of fate „.
    Only in an effort to last forever.
    Thomas, you have excellent musical taste. Sonia is so humble.
    I hope to meet you both soon.
    I senda you a Hugo from the back of my Horse in basque country.
    P.d: Stay tuned my friend. See you!

  2. Noland Says:

    Hi neighbords.
    Good writer talking about Bob, Zigor and Mikel.
    No one is sleeping! We gonna find other CD so Next, impresión, expresión and words bringing from some hole.
    Take easy guys
    And so thanks!
    P.d: only a hobo riding tonight…

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