Der Tod von Emmett Till im Jahr 1955 beschäftigt Amerika bis heute
„And then to stop the United States of yelling for a trial
Two brothers they confessed that they had killed poor Emmett Till
But on the jury there were men who helped the brothers commit this
awful crime
And so this trial was a mockery, but nobody seemed to mind“
Bob Dylan, The Death Of Emmett Till
Die Ermordung des damals 14-jährigen schwarzen Jungen Emmett Till und der drauf folgende Freispruch für seine Mörder im Jahr 1955 ist bis heute eine schmerzvolle Wunde, nicht nur in der afroamerikanischen Geschichte. Denn Mord und Urteil schufen Aufmerksamkeit für die rassistische Gewalt der Südstaaten quasi in aller Welt. Und sie waren Auslöser und Verstärker für das sich gerade formierende Civil Rights Movement, das im selben Jahr mit Rosa Parks zivilem Ungehorsam gegenüber der Rassentrennung und dem später folgenden Montgomery Busboykott ihre ersten öffentlichkeitswirksamen Aktionen hatte.
Die Geschichte wird neu erzählt
In letzter Zeit, beeinflusst von dem Tod George Floyds und der Black Live Matters Proteste im Jahr 2020, ist diese Geschichte erneut erzählt worden. So steht im Film „Till – Kampf um die Wahrheit“ mit Danielle Deadwyler und Jalyn Hall, Emmetts Mutter und ihre Suche nach der Wahrheit im Mittelpunkt. In Percyval Everetts neuem Buch „Die Bäume“ ist die Ermordung Emmett Tills quasi das Symbol für alle rassistischen Lynchmorde in den USA. Als nun weiße Rassisten ermordet werden, finden sich neben ihren Leichen immer auch die Leiche von Emmett Till.
Bob Dylan „journalistischer“ Protestsong
Bob Dylan hat über die Ermordung und das Skandalurteil einen Song geschrieben. Doch im Gegensatz zu „The Lonesome Death Of Hattie Caroll“ über William Zantzinger, der im Suff die schwarze Haushaltshilfe und Mutter von elf Kindern so sehr schlug, dass sie einen Schlaganfall erlitt und starb, wurde „The Death Of Emmett Till“ kein Dylan-Klassiker. Er kam noch nicht Mal auf ein offizielles Album.
Dylan hatte ihn 1962 geschrieben und in einigen Rundfunksendungen gespielt, u.a. auch bei „The Folksinger’s Choice Radio Show“ mit Cynthia Gooding. Hier sagte er, er hätte die Melodie von dem Len Chandler-Song „The Bus Driver.“ Wobei die Melodie dem Klassiker „House Of The Rising Sun“ doch sehr ähnlich ist. Nur einmal spielte er den Song live, und zwar im Finjan Club in Montreal, Kanada am 2. July 1962. Doch da war er als Songwriter schon weiter. Am 9. Juli sollte er das geniale „Blowin‘ In The Wind“ aufnehmen. Seine Protestsongs zeichneten sich nun durch feine poetische Bilder aus, die die Anklagen verstärkten.
Dagegen wirkt „The Death Of Emmett Till“ tatsächlich wie ein gesungener Zeitungsbericht. Dylan machte also hier das, was er später Phil Ochs vorwerfen sollte. Der war seiner Meinung nach eher Journalist als Songwriter. Gut möglich also, dass der Song bei Dylan „in Ungnade“ gefallen ist, nachdem er sich 1962 und 1963 so rasend schnell vom Woody Guthrie-Double und Sänger von Folk-Klassikern zum genialen Protestsong-Poeten entwickelt hatte.
Emmylou Harris‘ Emmett Till-Song
Übrigens griff 2011 Emmylou Harris den Stoff ebenfalls auf, als sie „My Name Is Emmett Till“ veröffentlichte. Wobei sie mir damals sagte, den Dylan-Song gar nicht zu kennen. Sie erzählt den Tod Emmets aus dessen Perspektive. Ein sentimentaler, trauriger Song, dem aber auch die Tiefe und Schärfe fehlt. Die wiederum hat Dylans Song, der aber zu nüchtern beschreibt, als dass er wirklich berühren kann.
Der Blick auf den Tod Emmett Tills zeigt den gewalttätigen Rassismus des Südens als das , was er ist. Eine amerikanische Schande. Die aber leider immer noch aktuell ist, solange schwarze Kids um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen, wenn sie am falschen Ort zur falschen Zeit einer Polizeistreife begegnen.
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