Bob Dylan interpretiert in Linz seine Rolle als Spielmacher neu
Jahrelang fand er seine Verwirklichung darin, das Spiel von den Flügeln aus anzukurbeln. Wahlweise klebte er am linken oder rechten Spielfeldrand an der Saitenauslinie und bearbeitete dort das Spielgerät in seiner typischen unorthodoxen, die Mitspieler und das Publikum stets überraschenden Spielweise, die aber letztlich aber immer unterhaltsam und erfolgreich ist.
Gerade kam erste Kritik auf, seine letzten Auftritte seien zu statisch gewesen und dass er nicht mehr dahin gehe, wo es wirklich weh tut. Da raffte sich die Spielmacher-Legende wieder einmal auf und erfand ihr Spiel nochmals neu.
Rechtzeitig zur WM kommt er nun verstärkt aus der Tiefe des Raumes und nimmt wieder das Zentrum des Spielfeldes ein, um dort auch den Applaus der Galerie zu ernten.
Wer Bob Dylan bei seinem Auftritt dieser Tage in Linz sehen konnte, der durfte eine gut aufgelegte, vor Spielwitz nur so sprühende Musiklegende erleben. Immer wieder tänzelt er von hinten nach vorne in die Mitte und spielt dort an dem Platz, den er so lang verwaisen ließ, mal Gitarre, mal Mundharmonika und crooned und posed vor allem, dass es nur so eine Freude ist. Dylan freut sich, hat Spaß mit sich, der Musik, den Mitspielern und dem Publikum und gibt ein fast perfektes, gut zweistündiges Konzert.
Eingerahmt von Rythm & Blues-Nummern wie Leopard Skin Pill-Box Hat, Highway 61, Thunder On The Mountain oder Jolene sind es die langsamen Erzählstücke, die begeistern: Tangled Up In Blue in einer ungewohnten neuen Fassung, The Lonesome Death Of Hattie Caroll sehr anrührend, Ballad of Hollis Brown als Bluegrass-Ballade, Not Dark Yet als dunkler Todes-Monolog oder What Good Am I als vertonter Selbstzweifel. Dazu als Abschluss und Höhepunkt ein fast schon hymnisches Ballad Of A Thin Man.
In der Nachspielzeit griff er mal wieder tief in die Trickkiste und zauberte mit Forever Young eine zuletzt selten gespielte Pretiose hervor, die wieder einmal deutlich machte, welch spielerische Ausnahmeerscheinung, dieser letzte Libero im mittlerweile so perfekt durchorganisierten Spielbetrieb eigentlich ist. Abpfiff und die Arena tobt!
Setlist:
1. | Leopard-Skin Pill-Box Hat |
2. | The Man In Me |
3. | I’ll Be Your Baby Tonight |
4. | Tangled Up In Blue |
5. | The Levee’s Gonna Break |
6. | The Lonesome Death Of Hattie Carroll |
7. | I Don’t Believe You (She Acts Like We Never Have Met) |
8. | Ballad Of Hollis Brown |
9. | Honest With Me |
10. | What Good Am I? |
11. | Highway 61 Revisited |
12. | Not Dark Yet |
13. | Thunder On The Mountain |
14. | Ballad Of A Thin Man |
Zugabe: | |
15. | Like A Rolling Stone |
16. | Jolene |
17. | Forever Young |
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