Patti brilliert als Autorin, Willie glänzt mit dem, was er immer macht
Der Zufall wollte es so: Auf meinem MP3-Player ging Pattis Album zu Ende und Willies neues setzte nahtlos an. Und das bei der Lektüre von „Just Kids“ – Patti Smiths Werk über ihre Beziehung zu Robert Mapplethorpe im New York der 70er Jahre.
Vorweg: Es ist ein großes Buch. Es ist beste Liebes-, Coming-Out-, Boheme-, Historien-, Nostalgie-, Reise-, Rock-Literatur. Pattie nimmt uns mit auf den Trip von New Jersey in den Big Apple der 60er und 70er Jahre. Erzählt vom Traum der beiden, Künstler zu werden. Erzählt vom Träumen, vom Lieben und vom Hungern. Dass man sich liebt und trennt und liebt, mal geistig und körperlich, dann nur noch geistig liebt, dann getrennt ist und trotzdem immer ein Paar bleibt. Auch über den Tod hinaus. Sie führt uns durch die Straßen und über die Plätze von New York. Vom Washington Square zum Chelsea Hotel. Mit feiner Bobachtungsgabe schildert Sie die berühmtesten Künstler ihrer Zeit: Allen Ginsberg, Harry Smith, Janis Joplin, Andy Warhol oder Sam Shepard. Und auch aus ihrer Verehrung von Bob Dylan macht sie keinen Hehl. Eine starke Frau und Künstlerin, die schließlich als Rockpoetin ihre Bestimmung findet. Während Robert Mapplethorpe der Sonne zu nahe kam. Doch am Ende ist keine Bitterkeit zu spüren. Patti hat wenige Jahre nach Robert Mapplethorpe auch ihren Ehemann Fred „Sonic“ Smith verloren. Doch sie flüchtet sich nicht in vordergründige Trauer und Resignation. Patti ist genauso zäh, wie sie hoffnungs- und liebevoll ist. Gepaart mit einfach nicht enden wollender Kreativität macht sie immer weiter. Schön, dass das so ist.
Unser Freund Willie Nile macht auch immer weiter. Mit „The Innocent Ones“ legt er sein viertes Album innerhalb von drei Jahren vor. Und wer ihn auf der Bühne derwischgleich zu seiner Musik Tänze aufs Parkett legen sieht, die Pogo mit Riverdance kreuzen – bislang kenne ich das nur von youtube, da mit noch kein Livekonzert vergönnt war – der kann es nicht glauben, dass er auch schon 62 ist. Wie er immer wieder drei Akkorde dazu benutzt Stakkato Ohrwurm-Melodien und gefühlvolle Balladen zu mischen, die immer ganz vertraut und dennoch neu wirken, ist unglaublich und einfach nur schön. Auch Willie nimmt uns ja stets mit auf die Reise durch „The Streets Of New York“. Das heute sicherlich nicht mit dem zu vergleichen ist, das Patti und Willie in ihrer Jugend erlebt haben. Die große künstlerische naive Freiheit fehlt, vieles ist einfacher, zugänglicher, kommerzieller geworden, aber auch sicherer. Doch Kunst und Phantasien befördert dieses New York wie eh und je.
Ein weiteres „New York Kid“ wird nächstes Jahr 70. Heutzutage konzertiert Bob Dylan jährlich Ende November in NYC. Das zu erleben wäre noch eine Herausforderung, seine Umsetzung steht aber in den Sternen. Bis dahin helfen die Musik und die Poesie von Bobby, Patti und Willie, die Sehnsucht zu stillen.
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