Archive for the ‘Willie Nile’ Category

Danke, Willie!

28. November 2013

Es war neben den Dylan-Gigs das Konzert-Highlight des Jahres! Willie Nile am Mittwoch, 27. November, im Frankfurterwillie_headshot2 Nachtleben. Ein geiles, sensationelles Konzert!

Der Mann ist schlichtweg zu Unrecht in der zweiten Reihe. Er nimmt es an musikalischen und textlichen Fähigkeiten locker mit Springsteen oder Petty auf. Er mischt wunderschöne Balladen und mit irrwitzigem Abgeh-Rock. Ein bisschen Lou Reed, eine Prise Dylan, ein Schuss „Ramones“ aber vor allem ganz viel Nile. Er ist ein Solitär, aber leider fernab seiner Heimat New York nur leidlich bekannt.

35 Personen werden es gewesen sein, die mit uns das Vergüngen teilen konnten. Willie hat uns keine Pause gegönnt, legt wie ein Derwisch los, ein schnelles Stück nach dem andern, nur ein bis zweimal hat er das Tempo ein bisschen rausgenommen.

Und er hat viel von seiner neuen Platte gespielt: „This Is Our Time“, „Life On Bleecker Street“, „Holy Wall“, dazu „Land Of The Thousand Guitars“. Der Junge bringt die alten Mythen des Rock’n’Roll tatsächlich immer noch ungebrochen und glaubhaft rüber. Bestimmt, weil er so unprätentiös ist. Er nimmt sich einfach nicht so ernst – er würde ja heute vor 10.000 Leuten spielen sagt er und lächelt verschmitzt. Und stellt sich nacheinander als Groucho Marx, Buddy Holly und Elvis Presley vor.

Am Ende steigt er wahlweise von der Bühne runter oder holt die Mädels aus dem Publikum rauf. Und danach küsst er Andrea und drückt und herzt uns beide. Weil wir die ganze Zeit getanzt hätten, sagt er. Und freut sich, wenn wir nach New York kommen. Der Bassist will uns dann die schönsten Orte dort zeigen.

Mal wieder Zeit für Freudentränen… We will see you, Willie!

Neues vom New York Troubadour

8. Juli 2013

Unseren alten Freund Willie Nile hatten wir hier vor geraumer Zeit schon vorgestellt. Gehört von Musik, Texten und Haltung eindeutig in eine Liga mit Bruce Springsteen, Tom Petty oder Lou Reed, hat aber nie den großen Durchbruch geschafft. Ein ehrlicher Rocker, der wie kaum ein anderer einen unverstellten, aber stets von Zuwendung geprägten Blick auf  „sein“ New York und die amerikanischen Verhältnisse wirft. Musik, die sofort in Körper und Geist einzieht. Da verzeiht man ihm doch seine hin und wieder charmant eingestreuten musikalischen Klischees.

Nun hat er mit „American Ride“ ein neues Album vorgelegt. Und es ist wieder einmal neu und ganz vertraut. Mit unbeugsamer Liebe und einem Schuss Naivität lebt er weiter seinen amerikanischen Traum zwischen Road-Movie durch die weiten des Landes bis zum Song über die Bleecker Street in Greenwich Village. Willie bleibt Willie und Willie bleibt immer hörenswert.

Zum reinhören das Video zu American Ride:

Just „New York Kids“

2. Dezember 2010

Patti brilliert als Autorin, Willie glänzt mit dem, was er immer macht

Der Zufall wollte es so: Auf meinem MP3-Player ging Pattis Album zu Ende und Willies neues setzte nahtlos an. Und das bei der Lektüre von „Just Kids“ – Patti Smiths Werk über ihre Beziehung zu Robert Mapplethorpe im New York der 70er Jahre.

Vorweg: Es ist ein großes Buch. Es ist beste Liebes-, Coming-Out-, Boheme-, Historien-, Nostalgie-, Reise-, Rock-Literatur. Pattie nimmt uns mit auf den Trip von New Jersey in den Big Apple der 60er und 70er Jahre. Erzählt vom Traum der beiden, Künstler zu werden. Erzählt vom Träumen, vom Lieben und vom Hungern. Dass man sich liebt und trennt und liebt, mal geistig und körperlich, dann nur noch geistig liebt, dann getrennt ist und trotzdem immer ein Paar bleibt. Auch über den Tod hinaus. Sie führt uns durch die Straßen und über die Plätze von New York. Vom Washington Square zum Chelsea Hotel. Mit feiner Bobachtungsgabe schildert Sie die berühmtesten Künstler ihrer Zeit: Allen Ginsberg, Harry Smith, Janis Joplin, Andy Warhol oder Sam Shepard. Und auch aus ihrer Verehrung von Bob Dylan macht sie keinen Hehl. Eine starke Frau und Künstlerin, die schließlich als Rockpoetin ihre Bestimmung findet. Während Robert Mapplethorpe der Sonne zu nahe kam. Doch am Ende ist keine Bitterkeit zu spüren. Patti hat wenige Jahre nach Robert Mapplethorpe auch ihren Ehemann Fred „Sonic“ Smith verloren. Doch sie flüchtet sich nicht in vordergründige Trauer und Resignation. Patti ist genauso zäh, wie sie hoffnungs- und liebevoll ist. Gepaart mit einfach nicht enden wollender Kreativität macht sie immer weiter. Schön, dass das so ist.

Unser Freund Willie Nile macht auch immer weiter. Mit „The Innocent Ones“ legt er sein viertes Album innerhalb von drei Jahren vor. Und wer ihn auf der Bühne derwischgleich zu seiner Musik Tänze aufs Parkett legen sieht, die Pogo mit Riverdance kreuzen – bislang kenne ich das nur von youtube, da mit noch kein Livekonzert vergönnt war – der kann es nicht glauben, dass er auch schon 62 ist. Wie er immer wieder drei Akkorde dazu benutzt Stakkato Ohrwurm-Melodien und gefühlvolle Balladen zu mischen, die immer ganz vertraut und dennoch neu wirken, ist unglaublich und einfach nur schön. Auch Willie nimmt uns ja stets mit auf die Reise durch „The Streets Of New York“. Das heute sicherlich nicht mit dem zu vergleichen ist, das Patti und Willie in ihrer Jugend erlebt haben. Die große künstlerische naive Freiheit fehlt, vieles ist einfacher, zugänglicher, kommerzieller geworden, aber auch sicherer. Doch Kunst und Phantasien befördert dieses New York wie eh und je.

Ein weiteres „New York Kid“ wird nächstes Jahr 70. Heutzutage konzertiert Bob Dylan jährlich Ende November in NYC. Das zu erleben wäre noch eine Herausforderung, seine Umsetzung steht aber in den Sternen. Bis dahin helfen die Musik und die Poesie von Bobby, Patti und Willie, die Sehnsucht zu stillen.