Archive for the ‘Country’ Category

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (27)

19. April 2020

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everyone,

heute halte ich die Sonntagsruhe ein!

Und beschäftige mich dem Sonntag im Countrysong. Marty Stuart hat vor ein paar Jahren mal ein schönes Doppel-Album mit dem Titel „Saturday Night & Sunday Morning“ veröffentlicht und zum Ausdruck gebracht, um was sich Countrymusik im Großen und Ganzen dreht. Am Samstagabend wird einer harten Arbeitswoche so richtig abgefeiert, am Sonntag ist man dann ganz fromm in der Kirche.
Mit den hier ausgewählten Songs lässt sich anhand dieser Themenstellung eine Rückwärtsbewegung in der Countrymusik feststellen.

Der Titel „I’m S-A-V-E-D“ von den Georgia Yellow Hammers aus dem Jahre 1927 ist eines der witzigsten Old Time Stücke, die ich kenne. Denn hier wird der Sonntagsgottesdienst zum Anlass genommen, sich über Bigotterie und Doppelmoral lustig zu machen. Hier ein Auszug:

„I know a man; I think his name is B-R-O-W-N
He’ll talk for pro’bition but vote for R-U-M
He’ll help to mix the poison in his neighbor’s C-U-P
But yet he’s got the nerve to say, I’m S-A-V-E-D

I’m S-A-V-E-D, I am, I’m S-A-V-E-D (I am)
I know I am, I’m sure I am, I’m S-A-V-E-D“

In den kommenden Jahrzehnten verlor die Countrymusik ihre Derbheit und ihren bösen Witz. In den frühen 1960er Jahren war die Country-Welt heil und fromm. Bill Monroe singt mit „I’ll Meet You In Church in Sunday Morning“ ein braves Bluesgrass-Gospelstück der Stanley Brothers.

Erst Ende der 1960er war es Kris Kristofferson, der in „Sunday Morning Coming Down“ die Wahrheit aussprach „Wer am Samstagabend gesoffen hat, dem ist es Sonntagmorgen schlecht. Da ist an Kirchgang natürlich nicht zu denken.

Wieder ein paar Jahrzehnte später sind die bösen Outlaw-Gedanken ins Americana-Genre verzogen und Miranda Lambert zaubert einen idyllisch schönen Sonntag im Süden zwischen Limonade und Kirchgang hervor.

Ach so, auch unser Freund Bob Dylan hat einen Song mit Sunday im Titel. Passenderweise ist es ein Songfragment aus den Blonde On Blonde Sessions von dem man nicht einmal erahnen kann, warum es „Medicine Sunday“ heißt. In Zeiten von Corona mit Abstandsregeln beim Parkbesuch sowie Desinfektion und Händewaschen regelmäßig aber absolut passend. Da ist jeder Sonntag „Medicine Sunday“.

In diesem Sinne bis Morgen
Best
Thomas

The Georgia Yellow Hammers – I’m S-A-V-E-D

Bill Monroe – I’ll Meet You In Church Sunday Morning

Kris Kristofferson – Sunday Morning Coming Down

Miranda Lambert – Just Another Sunday In The South

Bob Dylan – Medicine Sunday

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (25)

17. April 2020

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everyone,

today: Anne Frank meets Indiana Jones!

Dylans neuer Song ist ein Selbstporträt des Dichters als Summe vieler Stimmen und Persönlichkeiten – vielfältig und wiedersprüchlich.

Wow! Wieder fährt man morgens den Computer hoch, scannt mit einem Auge als erstes im Netz die Dylan-Seite expectingrain.com und was passiert? Schon wieder hat der alte Kerl über Nacht einen neuen Song veröffentlicht! „I Contain Multitudes“ heißt das neue Werk.

Das Ding ist mit diesmal knapp viereinhalb Minuten deutlich kürzer als „Murder Most Foul“, aber kein bisschen weniger textlich anspruchsvoll. Dylans Song ist eine Art Selbstporträt. Der Dichter als lebender Widerspruch. Das ist er ganz persönlich, aber auch als Projektionsfläche der Hoffnung mehr als einer US-Generation. Denn wie viele Stimmen, wie viele Persönlichkeiten, wie viele künstlerische Ansätze hat er verfolgt, nur um sie gleich wieder einzureißen und neue zu beginnen. Und das nicht nur nacheinander, sondern auch gleichzeitig.

Dabei hat sich Dylan des Titels diesmal beim großen amerikanischen Dichterfürsten Walt Whitman bedient. Bei dessen Poem „Songs of Myself, 51“:

Do I contradict myself?
Very well then I contradict myself,
(I am large, I contain multitudes.)

Vielfalt
Dieser Whitman empfand sich von sich, er bestünde aus vielen Teilen, er sei vielfältig. Und damit meinte Whitman auch wie später auch Woody Guthrie oder die Beatniks – die allesamt Dylan prägten – sagen, dass sein Amerika ein vielfältiges Amerika sei. This Land Is Your Land This Land Is My Land“, sang Woody. Vielfältig landschaftlich wie ethnisch, religiös wie politisch. Vielfältig, aber auch so widersprüchlich. Der Süden hat Sklaverei und Rassismus ebenso hervorgebracht wie Blues, Country und Jazz. Zu den USA gehören demokratischer Pluralismus und Gewaltenteilung ebenso wie menschenfeindlicher Radikal-Kapitalismus. Zusammenhalt in den Communities ebenso wie Einzelkämpfertum und Egoismus.

Gegensatzpaare
Nicht diese, aber andere Gegensatzpaare, spielen eine große Rolle in dem Song. Anne Frank und Indiana Jones in einen Vers zu bringen, ist genial. Im Netz suchen sie nach verbindendem zwischen den beiden. Aber ist denn der Gegensatz nicht der, der zählt? Dass man konträre Eigenschaften hat und trotzdem Teil eines Ganzen ist? Anne Frank, das jüdische Mädchen, das sich vor den Nazis in Amsterdam verstecken musste, und ihnen zum Opfer fiel und Indiana Jones, der Abenteurer, der sich immer wieder Kämpfe mit den Nazis lieferte, aber stets die Oberhand behielt. Dylan bietet uns noch weitere Gegensatzpaare an, nennt uns aber auch weitere Vorbilder, die quasi prägend sind: William Blake oder Edgar Allan Poe.

Kollektivwesen
In seiner Radio Show webte Dylan über mehrere Jahre an einem idealtypischen musikalischen Gewand für Amerika. Die USA sind so vielfältig, das Gewand konnte nur ein Patchwork-Quilt werden. Dylan greift hier bei „I Contain Multidudes“ das Motiv der vielen Persönlichkeiten, der vielen Stimme nochmals auf und reklamiert dieses Prinzip für seine Person. Er als amerikanischer Poet kann gar nicht anders als vielstimmig sein. Aus seinem Kopf, aus seinem Mund spricht quasi das amerikanische Kollektivwesen. Heinrich Detering hat einmal diesen Vergleich zu Goethe gezogen, der sein Werk als Werk eines Kollektivwesens verstand, das nur zufällig Goethe hieß.

Amerikanisches Gesamtkunstwerk
Bob Dylan ist längst ein amerikanisches idealtypisches Gesamtkunstwerk. Er vereinigt in sich Folk, Blues, Country, Gospel, Soul. Woody Guthrie und Sinatra. Johnny Cash und Sam Cooke.

Schlaumeier könnten jetzt sagen, das klingt jetzt aber doch ganz schön nach Finale und Vermächtnis. Der erste Song über das amerikanische Trauma im amerikanischen Jahrhundert, der zweite ein Selbstporträt orientiert an einem amerikanischen Dichterfürsten. Doch Dylan – der uns schon seit vielen Jahren auf der Bühne vorspielt, er sei ein alter gebrechlicher Mann und sich auch bewusst eine verbrauchte Stimme gab und der im Kurpark gut zu Fuß unterwegs war und heutzutage so gut singt, wie seit 35 Jahren nicht mehr und der mit dem Rücken zum Publikum mit der Band scherzt, aber den Zuschauern gegenüber keine Miene verzieht – der kann uns jetzt auch ganz einfach nochmal seine Stilmittel und sein Selbstverständnis erklären, um dann wieder ganz anders weiter zu machen.

Bob Dylan nutzt die Zeit, die durch Corona still steht, um unseren Blick auf Amerika – sein Amerika ist ein anderes, als das von Trump – und auf sich selbst zu schärfen. Was weiter passiert, hängt auch davon ab, wie es auf der Welt weitergeht.

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (21)

13. April 2020

The Church Tower of Sand Rabbit Town

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everone,

läutet die Glocken!

Was Ihr hier auf dem Bild seht, ist mein Fensterblick aus dem Home Office. Deutlich zu erkennen der Kirchturm. Von dort läuten die Glocken in unserer beschaulichen Gemeinde. Die Glocken sind ja schon lange ein Symbol für die christliche Religion. Und passen damit inhaltlich bestens zum heutigen letzten Osterfeiertag. Sie sind aber auch immer wieder für die Verkündung von Nachrichten benutzt worden.

Quasi beides vereint der traurige Song „The Bells Of Rhymney“, den Pete Seeger auf der Basis des traurigen Gedichts des Walisen Idries Davis geschriieben hat. Davis dichtete den Text nach einem großen Grubenunglück und einem erfolglosen Generalstreik. Die Glocken der verschiedenen walisischen Orte verkünden traurige Wahrheiten bezüglich den Gründen schlechter Arbeits- und Lebensbedingungen.

Eine echte gnadenlose Countryschnulze ist der Song „The Three Bells“ von „The Browns“. Das Leben eines gottesfürchtigen Menschen in einem abgelegenen Tal wird anhand der Anlässe zum Glockenläuten erzählt: Geburt, Heirat, Tod. Schwere Kost, aber eine schöne Melodie. Die ist jedoch von Edith Piaf ausgeborgt. Sie hatte mit „Les Trois Cloches“ 1945 schon Erfolg. In Deutschland machte Gerhard Wendland 1949 „Wenn die Glocken hell erklingen“ daraus. Die Version der Browns stammt von 1959, die Aufnahme hier von 1965. Wir konnten 2012 Jim Ed Brown mit dem Song in der Grand Ole Opry hören.

Ein Glockenspiel-Kontrastprogramm dazu lieferte Bob Dylan 1964 mit „Chimes Of Freedom“. Seine Glocken sind metaphorisch, sie sind die Donnerschläge eines Gewitters, die für ihn die Glocken der Freiheit sind, die für die Unterdrückten geläutet werden. Die Version, die wir unten hören, hat Dylan 1998 mit Joan Osborne für den Soundtrack einer Dokumentation über die Sixties eingesungen.

Und zu guter Letzt dann doch ein Song, der offenbar religiöse Bezüge hat, aber von einigen Dylan-Deutern auch als „update“ von „The Times They Are A-Changin'“ und Chimes Of Freedom“ gesehen wird. „Nichts ist wirklich besser geworden für die Schwachen und Unterdrückten, also läutet die Glocken umso kräftiger“, könnte die Botschaft von Dylans „Ring Them Bells“ sein. Eine Botschaft, der man sich nur anschließen kann. Hier unten ist der Song zu hören in der Version von 1994 bei „The Great Music Experience“.

In diesem Sinne, schließen wir das Osterfest hier und melden uns morgen wieder aus dem weltlichen Alltag im Home Office.

Best
Thomas

Pete Seeger: The Bells Of Rhymney

The Browns:The Three Bells

Bob Dylan & Joan Osborne: Chimes Of Freedom

Bob Dylan: Ring Them Bells

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (9)

1. April 2020

Theme Time Radio Hour With Your Host Bob Dylan

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everyone,
turn the radio on!

Eine der Binsenweisheiten der Corona-Krise ist die der gesellschaftlichen Veränderungen, die sich als mögliche Folgen abzeichnen. Sowohl die gesellschaftlichen Veränderungen, als auch die Veränderungen im Verhalten, im Konsum oder in der Rezeption der Quellen, denen man sich zu Information und Unterhaltung bedient.

Ich gebe es zu, wir sind die Generation der Fernsehjunkies. Als Shows noch Familienereignisse waren und Serien noch wichtig für die Selbstfindung. Doch irgendwann ist das Fernsehen degeneriert zum Abspulkanal von Krimis und Krawall-Talkshows. Immer mehr nutzten wir Mediatheken und DVDs. Doch jetzt in der Coronakrise war es endgültig zu viel. Zu viel Pseudoinformation, keine Hintergrundberichte. Nervige, aufgeregte Moderatorinnen und Moderatoren zappeln sich oftmals bar belastbarer Daten und Fakten durch den Alarmismus. HILFE!

Wie wohltuend ist da das gute alte Radio, wenn man die richtigen Sender einstellt. Die Informationen werden weitgehend nüchtern präsentiert und die Unterhaltung ist oftmals originell, lehrreich und spannend. Ganz anders als bei den Dampfplauderern des Formatradios.

Für uns war die Sendung von Klaus Walter auf byte fm „Was ist Musik“ eine Wohltat. Da konnte man den neuen Bob Dylan-Song „Murder Most Foul“ in voller Länge hören. Umrahmt von Walters weiterer starker Musikauswahl – Swamp Dogg, „Young, Gifted And Black“, DAF – und seiner durchaus etwas spröden aber stets kenntnisreichen Moderation. Hier der Link zu diesem interessanten Internet-Radioangebot:https://www.byte.fm/sendungen/was-ist-musik/

Ganz anders die hr1-Lounge. Hier war Dylans Song von belangloser Musik und Dampfplauderei eingerahmt.

Apropos Bob Dylan. Der hat ja schon von einigen Jahren uns mit seiner „Theme Time Radio Hour“ begeistert. Einfach eine Stunde lang beste Musik der verschiedensten Musikrichtungen unter einem Oberbegriff – dazu Dylans beschlagenen Musikkenntnisse und seine sonore Moderationsstimme -ein großartiges Radioerlebnis. Hier kann man in eine Sendung reinhören: https://www.themetimeradio.com/episode-68-presidents/

Bei Radio Darmstadt gibt es übrigens regelmäßig die hörenswerte Dylan Hour von und mit Marco Demel, die wir vor ein paar Jahren zusammen aus der Taufe gehoben haben. Ich freue mich immer sehr, wenn ich mal wieder zu Gast bin und Radio machen darf. http://www.radiodarmstadt.de .

In der Frühzeit der Countrymusik spielten für ihre Verbreitung die vielen Radiostationen eine wichtige Rolle. Viele Künstler heuerten bei den kommerziellen Radiosendern an. Teilweise unterbrach die Werbung die Countrymusik, teilweise die Countrymusik die Werbung. Manche Firmen wie große Mehl-Erzeuger oder Produzenten von landwirtschaftlichen Geräten kauften sich nicht nur Sendungen sondern auch Sender. Ein schönes Beispiel ist die Mothers Best Flour Show mit Hank Williams (siehe unten).

Die bekannteste und langlebigste Country-Radioshow ist natürlich die Grand Ole Opry aus Nashville, die nur ein paar Jahre lang in der Louisiana Hayride aus Shreveport Konkurrenz hatte. Auch hier sehen wir unten einen schönen antiquarischen Ausschnitt eines Grand Ole Opry-Specials mit „Flatt & Scruggs & The Foggy Mountain Boys“.

Also schaltet Euer Internetradio ein – dort finden sich tolle Sachen. Da braucht man weder Dampfplauder-Radio noch Alarmismus-TV.

So, das war’s wieder für heute. Also: Bleibt in diesen Zeiten auch geistig gesund!

Best
Thomas

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (8)

31. März 2020

Railroad Songs sind eines der wichtigsten Genre der der traditionellen Country- und Folkmusik.

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everyone,
seit fast einer Woche im Home Office vermisse ich derzeit eine Sache nicht: das Zug fahren. Zwar bin ich leidenschaftflicher Nutzer und Anhängerr des ÖPNV, doch in den letzten Jahren ist die Bahn an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen und täglich in der Sardinenbüchse gen Frankfurt katapultiuert zu werden, ist mäßig spaßig.

Wobei mittlerweile die Spannung am Bahnsteig – kommt der Zug oder nicht oder wenn ja wann – fast so hoch ist wie die der Bahnhofsszenen aus „High Noon“, die immer bedrohlicher werden je mehr die Zeit bis zum Eintreffen der Schurken verrinnt und es immer einsamer um Gary Cooper wird.

Ja, Bickenbach, Texas hat eine Bahnstation, schon relativ früh schlug man den Schienenstrang des Dampfrosses in den Bickenbacher Sand. Und schwupp – schon sind wir bereits bei einem weiteren Kontinuum der amerikanischen Folk- und Countrymusik. Es gibt etliche wunderbare Train- und Railroadsongs.

Da gibt es die den Ruhm der Eisenbahn mehren sollte. U.a. dadurch, dass man den Zügen nicht Namen wie RB 67/68, RE50 oder IC72 gab, sondern sie so poetisch bezeichnete wie „Texas Eagle“, „City Of New Orleans“ oder „Wabash Cannonball“. Bekanntester Train-Song dieser Tradition ist sicher hierzulande der von Arlo Guthrie bekannt gemachte „City Of New Orleans“, dessen deutsche Version bei uns mindestens genauso bekannt sein dürfte: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ von Rudi Carell. Ein anderer, uns ebenfalls bestens bekannter Entertainer sowie Song & Dance Man, Mr. Bob Dylan, hat vor wenigen die alte Grundmelodie derer sich Guthrie bedient hat, nochmals für sein „Duquesne Whistle“ benutzt.

Für mich der schönste Train Song ist aber der „Wabash Cannonball“, der schon existierte, bevor die Wabash Railroad später ihren Schnellzug zwischen Detroit und St. Louis „Wabash Cannonball“ benannte. Unten hören wir eine besondere Version. Nicht die bekannte von der Carter Family, die schöne angelsächsische Mountainballade, sondern die Bluesversion von Blind Willie McTell, die schon förmlich nach Rock’n’Roll schreit.

Und dann gibt es die Railroad Songs, die von der harten Fron der Eisenbahnarbeiter erzählen. Der bekannteste ist sicher John Henry. Der Legende nach trieb der schwarze Bahnarbeiter Sprenglöcher für den Tunnelbau für eine neue Eisenbahnstrecke in West Virginia in den Fels. Als eines Tages diese Arbeit von neuen dampfgetriebenen Hämmern erledigt werden sollte, trat er zum Kampf gegen die Maschine an. Er gewann, starb aber vor Erschöpfung. Wir hören unten eine Version von Billy Bragg und Joe (!) Henry.

Und wenn die Eisenbahn zumindest bis Mitte des letzten Jahrhunderts das Mittel zur Beförderung von Waren und Menschen war, dann gibt es natürlich auch viele Lovesongs, in denen die „Trains“ eine Rolle spielen. Wir hören unten „Train Of Love“ von Johnny Cash.

Und nicht zuletzt soll hier Mr. Jimmie Rodgers erwähnt werden. Der „Singin‘ Brakeman“ himself, der wie sein Vater schon bei der Eisenbahn am Knotenpunkt Meridian, Mississippi, arbeitete, dort von schwarzen Kollegen den Blues lernte und zum ersten Superstar der Countrymusik aufstieg.. Wobei Jimmie nicht nur Songs über die Bahnarbeiter sang, sondern auch über die Hobos, die auf Güterzügen mitfuhren. Von ihm hören und sehen wir „Waitin‘ For A Train“ sowie zwei weitere Songs. Ein kleines Kabinettstückchen“ aus alter Zeit.

Soweit für heute. Und auch wenn wir jetzt alle zu Hause sind: Kein Trübsal blasen. Genießt das Leben! Hört gute Musik, seht interessante Filme, kocht was Schönes, meidet die aufgeregten Fernsehformate, hört lieber Radio und führt mit Euren Liebsten und Freunden wichtige Gespräche zur Welt nach Corona. Oder spielt mal einfach wieder mit der Modell-Eisenbahn!

Best
Thomas

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (6)

29. März 2020

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Howdee Everyone,
heute geht es nach Nashville!

Da in diesen Zeiten die Bereiche Kultur und Geselligkeit vollends eingestellt sind, sind auch wir abends in den eigenen vier Wänden auf uns selbst geworfen. Da besteht die Gefahr, dass sich der Fernsehkonsum drastisch erhöht. Zum Glück ist das TV-Programm so schlecht. Wenn nicht Infosendungen zu Corona gezeigt werden, dann laufen Krawalltalkshows zum Thema Corona. Alles was nicht Corona zum Thema hat und im TV gezeigt wird, sind Krimis. Schwer zu ertragen.

Daher haben wir echt Gück, dass wir schon seit vielen Wochen und vor der Coronakrise begonnen haben, alle DVDs der Fernsehserie „Nashville“ nach und nach zu schauen. Alle Staffeln von 2 – 6, die erste hatten wir schon vor wenigen Jahren geschaut. Jetzt wurden die restlichen Staffeln endlich auch hierzulande erhältlich.

Und es lässt sich wirklich sagen: eine absolut gelungene Serie. Sie ist unterhaltsam, weil sie auf gelernten Motiven und Serienmustern wie „Dallas“ oder „Denver“ aufbaut und sie in die Jetztzeit (also vor Corona) und den Mikrokosmos des Countrybusiness überführt.

Da ist die sympathische Hauptfigur Rayna James (Connie Britton), ihre Gegenspielerin, die aufstrebende, weniger sympathische Juliet Barnes (Hayden Panetierre). die Manager der beiden, Raynas Familie (Ihr Mann ist der Bürgermeister von Nashville!) mit den beiden Töchtern als Nachwuchscountrysängerinnen sowie Raynas Vater, der sein Wirtschaftsimperium mit krummen Geschäften aufgebaut hat und wohl auch am Toid von Raynas Mutter nicht unschuldig ist. Und da ist Deacon Claybourne, früherer Lebenspartner von Rayna, der mit ihr immer noch zumindest musikalisch kooperiert.

Neben den arrivierten Stars Rayna und Juliet gibt es noch die jungen Musiker-Freunde Gunnar, Zoe, Avery, Scarlett und Will. Während Will schwul ist, sind die vier anderen in verschiedenen amourösen, aber auch musikalischen („The Exes“, „The Triple Exes“) Konstellationen unterwegs. Dies ist die Grundgeschichte, die in den 6 Staffeln auf die beste weiterentwickelt und kräftig durchgemischt wird. Die Beschreibung des Country-Business ist äußerst gelungen – bis hin zur Problematik schwuler Countrysänger und dem teilweise christlich-fundamentalistischen Countrypublikum. Mehr über die Kultserie demnächst bei country.de!

Ja, Nashville. Die Serie erinnert uns natürlich an unsere diversen Aufenthalte in der „Music City USA“, die für uns immer eine große Freude waren. Eine starke Beziehung zu Nashville hat auch Mr. Bob Dylan. Hier hat er in 1960ern eine Reihe von Alben aufgenommen, hier hat mit Johnny Cash Aufnahmen gemacht und seine Country-Platte hieß ja auch „Nashville Skyline“. Und nun hat er als Heimstätte seiner Whiskymarke „Heaven’s Door“ die Tennessee-Metropole ausgewählt. Hier entsteht in einer säkularisierten Kirche südöstlich des Broadways, in „SoBro“, eine Distillery mit Showroom, Ausstellungsräumen und Konzertsaal. Noch im September dieses Jahres soll das Haus eröffnen.

Für diesen Herbst ist dann in Nashville dann auch die Eröffnung des National Museum Of African American Music geplant. Am 3. September soll das Museum öffnen, das den Einfluss der afroamerikanischen Community auf alle US-Musik-Genres darstellen soll. Also nicht nur Blues, Jazz, Soul oder Hip Hop, sondern eben auch Klassik, Country oder Pop. Dieses Museum in Nashville zu verorten wurde von einigen recht kritisch gesehen. Sie meinten das wäre spalterisch, da ja in der Country Hall of Fame and Museum auch die schwarzen Wurzeln der Countrymusik aufgezeigt würden. Die ist zwar nicht falsch, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit. Denn die weitere Geschichte, die nach den Anfangsjahren der Old Time Music, dort erzählt wird, ist eine weiße Geschichte. Dass aber die musikalischen Erfolge eines A.P. Carter, eines Bill Monroe oder eines Hank Williams ganz direkt ohne schwarze Helfer oder Lehrer gar nicht möglich gewesen waren, dass in den 1940er Jahren das schwarze Opry-Mitglied DeFord Bailey rausgemobbt worden ist (ein Stück Musik von ihm siehe unten), oder dass Countrymusik auch in der schwarzen Community der Südstaaten angesagt ist, dies erfährt man dort nicht. Das neue Museum ist wichtig, richtig und hebt auch die musikalische Segregation – hier das schwarze Blues-Memphis, dort das weiße Country-Nashville – endlich auf. Yes, Nashville wird bunt!

Ob diese beiden Eröffnungen so wie geplant stattfinden, ist allerdings nun angesichts der Corona-Krise nicht mehr so sicher. Die Tage telefonierten wir Thomm Jutz, einem deutschen Bluegrass, Folk- und Countrymusiker und Songwriter, der seit vielen Jahren in der Nähe der Music City lebt. Seinen Erzählungen zufolge ist die Stadt derzeit nicht wiederzuerkennen. Alle Honky-Tonks, Musikkneipen, Clubs und Konzerthallen sind geschlossen. Gerade erst hatte man einen schweren Sturm überstanden, nun ist die ganze Stadt durch den Virus lahmgelegt. Mehr zu Thomm Jutz, seinem neuen Album und seinem Selbstverständnis als Musiker und Songwriter gibt es in Kürze auf country.de zu lesen.

Wir jedenfalls hoffen, Nashville vielleicht nächstes Jahr schon wiederzusehen. Und bestenfalls ist dann nicht nur Corona, sondern auch Trump bereits Geschichte. Träumen muss man in diesen Zeiten auch können.

Soweit für heute. Bis Morgen & bleibt gesund!
Best
Thomas

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (5)

28. März 2020

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Ladies & Gentlemen: The Sand Rabbit!

Howdee Everyone,
nachdem wir uns gestern mit dem neuen wahrhaft monumentalen Dylan-Song voller Enthusiasmus sehr eingehend befasst haben, müssen wir heute mal an die frische Luft. Das Wetter lockt zum Spaziergang.
Doch vorweg bin ich auch noch eine weitere Erklärung schuldig. Warum eigentlich Sand Rabbit Town? Nun, weil Bickenbach, Texas, schon immer für seinen trockenen, sandigen Boden bekannt ist, der wiederum bestens geeigneter Lebensraum für Wildkaninchen aka Sandhasen ist. Deshalb haben die Bickenbacher auch den Spitznamen „Sandhasen“.

Das Wildkaninchen wurde seit jeher gerne gejagt. Und mit der Jagd sind wir schon wieder mitten drin in der Countrymusik. Guter Übergang, oder? In den US-Südstaaten ist das Jagen und auch das Fischen geradezu Volkssport. Von der Enten – bis zur Eichhörnchenjagd. Ebenso das Fischen. Daher gehört „Hunting und Fishing“ auch zur DNA der Countrymusik. Unzählige Songs preisen das „Hunting und Fishing“ an.

Grund genug also heute mal das Home Office zu verlassen und bei schönem Wetter mal einen kleinen Marsch zum Bickenbacher Erlensee zu machen. Respektive Sicherheitsabstand zu allen anderen, die unterwegs sind. Natürlich nicht ohne vorher beim Sandhasen-Denkmal vorbeizuschauen.

Am Erlensee, quasi das Bickenbacher Bayou, wird ordentlich gefischt und auch schon mal das Gefischte verzehrt. Bayou ist ja eine in den Südstaaten und insbesondere in Louisiana verbreitete Bezeichnung für stehende oder langsam fließende Gewässer. Und irgendwie mutet das alles rund um den Erlensee wie Ost-Texas oder eben Louisiana an. Der See liegt mitten im Wald, es gibt Enten und andere Wasservögel. Eine Kulisse wie aus einem Countrysong oder einem Lansdale-Roman. Auch deshalb ist Bickenbach, Texas so treffend.

Wie gesagt, das Jagen und Fischen gehört zum Selbstverständnis eines jeden Südstaatlers. Und da man zum Jagen Waffen braucht ist auch eine unheilige Allianz zwischen Teilen der Countryszene und der Waffenlobby „National Rifle Association“ entstanden. Das geht soweit, das Hank Williams Jr. den früheren Präsidenten Obama bezichtigte, er wolle ihnen das jagen und fischen verbieten. Und in seinem Song „God And Guns“ geht es darum, dass der „kleine“ Mann es nicht zulassen dürfe, dass ihm die Politiker seine Waffen wegnehmen. „Das ist es schließlich, worauf unser Land gegründet wurde“, singt Williams. Dass es dabei aber letztendlich eher um die Interesse der Waffenindustrie, als um die des „kleinen“ Mannes geht, scheint für Hank Williams missratenen Sohn dann doch zu hoch.

„Son of a gun we’ll have big fun on the bayou“

Aus diesem Grund spielen wir hier auch keinen Song von Hank Williams Jr. zum Thema „Hunting and Fishing“, sondern das herrlich unschuldig-naive „Fishin‘ In The Dark“ von der Nitty Gritty Dirt Band bei dem ein verliebtes Pärchen nachts runter zum Fluss geht. Vorgeblich um zu fischen.
Ja und wenn dann in Louisiana genug für alle gefischt worden ist, dann gibt es am Bayou eine Party. Bei einer richtigen Cajun-Party gibt es dann Seafood-Jambalaya, Catfish (Wels) und Crawfish, also Flusskrebse, gerne als Pie in Backwerk eingelassen.

Bekannt gemacht hat das alles Hank Williams Senior, der Vaters des oben genannten Waffennarren mit seinem Song „Jambalaya“. Bis heute der erfolgreichste Cajunsong. Wie so oft in der Country- und Folkmusik basiert er auf einer bekannten Vorlage, dem Cajun-Song „Grand Texas“. „Grand Texas“ war in Louisiana ein stehender Begriff dafür, wenn man das heimatliche Cajunland verlässt und in die Fremde zieht. Williams hat den Song selber geschrieben und hier stilsicher Klischees aneinandergereiht. Der Song wurde im September 1952 zum Nummer 1-Hit und blieb 14-Wochen an der Spitze der Country-Charts. Bis heute sicher sein bekanntester Song, unzählige Male gecovert. Doch just in den Zeitraum dieses großen Erfolges fiel Williams wegen seines Alkoholkonsums bei der Grand Ole Opry in Nashville, im Epizentrum der Countrymusik, in Ungnade. Man warf ihn raus. Der Anfang vom Ende für ihn. Am 1. Januar 1953 starb Williams auf dem Rücksitz seines Cadillac während einer nächtlichen Autofahrt zu einem Konzert. Ein bis heute geltender Mythos war damit begründet.

Mit Nashville werden wir uns morgen befassen. Wir hören nun erstmal den ersten Popstar der Countrymusik Mr. Hank Williams.

Bis Morgen! Haltet Die Ohren steif!

Best
Thomas

The Bickenbach, Texas Home Office Diary (4)

27. März 2020

From Sand Rabbit Town into the whole wide world

Ich habe heute morgen meinen Computer hochgefahren und wie immer fiel einer der ersten Blicke auf expectingrain.com, die internationale Dylan-Fanseite. Und schon war dieser Tag ein anderer als gedacht: Denn heute Nacht hat Bob Dylan den ersten neuen Originalsong seit fast acht Jahren veröffentlicht.

„Murder Most Foul“ heißt das Stück, das mit fast 17-Minuten das in der Reihe der ohnehin vielen langen Dylan-Stücke nun auf die Pole-Position geschnellt. 17 Minuten lang erzählt Bob Dylan von Amerika. Ausgehend von der Ermordung von John F. Kennedy am 22. November in Dallas, Texas, entwirft die Songwriter-Legende nicht nur ein bild- und namensreiches Panorama der 1960er Jahre, sondern geht auch auf die durch die Ermordung Kennedys verlorenen Hoffnungen auf Veränderung ein.

„An dem Tag, als sie ihn töteten, sagte mir jemand, mein Sohn,
Das Zeitalter des Antichristen hat gerade erst begonnen.“

„Was ist die Wahrheit? Wo ist sie hin?
Frag Oswald und Ruby, sie sollten es wissen,
Halt den Mund, sagte die weise alte Eule,
Geschäft ist Geschäft, und es ist Mord wie er aufs Beste ist.“

„Was ist neu Pussycat, was habe ich gesagt?
Ich sagte, die Seele einer Nation sei weggerissen worden,
und sie beginnt langsam zu verfallen,
und dass es 36 Stunden nach dem Tag des Gerichts ist.“

Soweit wichtige Kernsätze des Liedes, das sich musikalisch zwischen den Sinatra-Songs und „Long And Wasted Years“ von „Tempest“ einreiht. Streicher- und Pianobegleitung und offener Sprechgesang, kein Refrain nur die hier und da die Zeile „Murder Most Foul“.

Das ist übrigens ein Hamletzitat. Erster Akt, 5. Szene. Der Geist spricht zu Hamlet:

„Ja, schnöder Mord, wie er aufs Beste ist,
Doch dieser unerhört und unnatürlich.“

Und wieder kann Dylan der Versuchung nicht widerstehen, Ereignisse unserer Zeitgeschichte in Shakespeare-Zitate zu kleiden. Und sein „Klagelied“ geht weit über das Amerika der 1960er hinaus. Im Subkontext ist natürlich die Rede vom heutigen Amerika. Mit der Ermordung Kennedys ist die Seele Amerikas weggerissen worden. Nun, zu Zeiten von Trump – „und Corona“ mag sich Dylan gedacht haben, als er dieses Werk nun veröffentlicht hat – ist endgültig der Verfall eingeleitet worden. Denn dieser Präsident weiß gar nicht was Amerika eigentlich ist. Für Dylan ist Amerika eine Idealvorstellung, die in der amerikanischen Musik zum Ausdruck kommt. In Blues, Country und Jazz. Musik, die für Dylan auf einer Stufe mit griechischer Mythologie oder Shakespeares Dramatik steht. Daher sein ausführliches Namedropping, seine Ausschüttung des Zitaten und Musiktitel-Füllhorns in diesem Song.

Dylan sagt uns: Über John F. Kennedy kann man noch Klagelieder singen. Die Spottlieder über Trump aber überlässt Dylan anderen. Die Nichterwähnung des orangefarbenen Horror-Clowns in Dylans Werk ist Strafe genug.

Ob der Song jetzt so etwas wie eine Ouvertüre zu einer neuen Albumveröffentlichung ist, steht bislang in den Sternen. Dabei wäre es genau das, was wir und was Amerika jetzt braucht: Eine integere amerikanische Seele, hinter der man sich versammeln kann, die Trost statt Hass spendet und die ein idealisiertes Amerika einem gespaltenen, erodierenden Amerika vorzieht.

Amerikas Überindividualismus und sein verquerer Freiheitsbegriff wird durch die Corona-Krise als unmenschlich und nutzlos entlarvt. Kein leistungsfähiges Gesundheitssystem für alle, kein Sozialsystem, keine Absicherung von Arbeitslosen. Das einzige was Amerika den Menschen zuhauf gibt sind Waffen. Es drohen in der Tat apokalyptische Zustände. Armut, Krankheit und Tod in einem Ausmaß, gegen die die Great Depression ein Kindergeburtstag war. Gewalttätige Riots wie man sie noch nie gesehen hat.

Dylan hat sein ganzes Leben – ohne sich politisch in eine Schublade zu begeben – für die Menschlichkeit und gegen diese Apokalypse angesungen. In seinem Spätwerk immer bitterer und böser. Nun muss er schon in vermeintlich bessere Jahre zurückblicken, wenn er in den Zeiten des galoppierenden Hasses gehört werden will. Ein Rückblick in eine Zeit, in der aber der Niedergang schon angelegt war. Indem die gesellschaftlichen Alternativen nicht nur mit John F. Kennedy, sondern auch mit Malcolm X, Bobby Kennedy und Martin Luther King ermordet wurden. Und die Machtverhältnisse verfestigt wurden.

Dylans „Murder Most Foul“ ist der Schwanengesang auf sein, auf unser Amerika.

Darmstädter Dylan-Tag 2020: Plakat und Flyer gehen in Druck

15. Februar 2020

Es ist vollbracht. Das visuelle Zeichen des Darmstädter Dylan-Tages 2020 (18. April) steht. Basierend auf der Idee von Marco Demel hat die Grafikerin Ursula Raapke eine unverwechselbare Anmutung geschaffen, mit der in den nächsten beiden Monaten kräftig für die Veranstaltung geworben werden soll.

Grundlage des Designs ist eine Reminiszenz an das Tour-Plakat der legendären Rolling Thunder Revue von 1975. In der Mitte Dylan, um ihn herum in Kreisform die Bilder der Headliner, in Hintergrund eine Western-Lokomotive. Motto: „Da kommt was auf uns zu!“

Darunter sind in drei Blöcken die restlichen Referenten und Künstler sowie die Initiatoren und Moderatoren Thomas Waldherr & Marco Demel gesetzt.

Auch die Farbgebung in der Fläche und der Schrift korrespondiert mit dem Original Tour-Plakat von 1975.

Plakat und Flyer werden nun gedruckt, sind aber bereits im Internet und Social Media zu sehen. Das Plakat kann dann auch am Veranstaltungstag, am 18. April, vor Ort als Erinnerungsstück erworben werden.

Dieser überirdische Moment in Stuttgart

20. Dezember 2019

Das Dylan- und Americana-Jahr 2019 – eine Rückschau. Und eine Vorschau auf 2020

Die Dylan-Konzerte im Jahr 2019 gehören zu den Besten, die der Meister je gegeben hat. Ich falle hier also mal gleich mit der Tür ins Haus. Die Stimme großartig, die Musik inspirierend, die Performance cool und sensibel zugleich. Ob Augsburg im April oder Mainz und Stuttgart im Juli. Einfach stark. Und dann dieser überirdische Moment, als er „Girl From The North Country“ in Stuttgart spielt. Voller Wehmut, voller Schönheit. Gänsehaut! Auch die Erzählungen über die Konzerte in den Staaten im Herbst mit neuem Gitarristen und neuem Drummer hören sich sehr gut an. Dass er dann auch noch die Dylan-Cash-Sessions veröffentlichen lässt, setzt dem Ganzen das Sahnehäubchen auf. Wenn er doch nur endlich nochmal ein Album mit neuen Originalsongs veröffentlichen würde. Während Willie Nelson – noch älter und auch nicht mehr ganz gesund- fast ständig neue Songs herausbringt, herrscht bei Dylan-Fehlanzeige. Abwarten und „Heavens’s Door“-Whisley trinken scheint die Devise zu sein in diesen Tagen.

Americana wird immer politischer
Doch auch außer Dylan konnten wir noch weiteres interessantes beobachten. Z.B. dass das Americana immer politischer zu werden scheint. Mehr oder minder politische Bezüge zur Situation Amerikas hatten in diesem Jahr u.a. Songs und Alben von Trapper Schoepp, J.S. Ondara, Ryan Bingham, Son Volt, Our Native Daughters, Rhiannon Giddens, Eilen Jewell, The Felice Brothers und Tim Grimm. Der amerikanische Traum zerbröselt, die Nation ist sozial, politisch, kulturell und ethnisch gespalten, die Rassismus wuchert immer weiter und die Gewalt nimmt immer katastrophalere Ausmaße an. Und natürlich Trump. Viele singen dagegen an, wir werden sehen, was das Wahljahr 2020 bringt.

Country meets Hip Hop
Eine der vertracktesten Diskussionen im US-Musikjahr 2019 entzündete sich an dem Song „Old Town Road“ von Lil Nas X, einem eingängigen Country-Hip Hop-Hybriden, der just aus den Country-Charts gestrichen wurde, als er zum Höhenflug ansetzte. „Das ist kein Country“ sagen die einen, „Country war immer schon Fusion“, sagen die anderen. Aber es geht dabei letztlich um mehr, als um Geschmacksfragen. Hip Hop und Rap sind die musikalischen Ausdrucksformen einer aufmüpfigen jungen Black Community. Das hört der weiße Countryhörer nicht so gerne. Wenn dann nur in einer softeren Version von weißen Jungs und es als Mainstream-Country verkauft wird. Und wenn die Schwarzen dann auch noch das mit Countrymusik mischen, dann verbitten sich das viele weiße Musikhörer. Doch der Erfolg von Lil Nas X und auch von Blanco Brown gibt Hoffnung, dass hier endlich Grenzen fallen werden.

„Wir spielen unsere Americana-Konzerte im Pädagog, das heißt, wir haben einen Bildungsauftrag.“

Dom Flemons sah das bei unserem Treffen im Juni in Chicago auch so. Einer der denkwürdigsten Momente in diesem Jahr bei unserer an Höhepunkten reichen USA-Reise. Ebenso wie der Besuch des Dylan-Kongresses in Tulsa, Oklahoma nebst Visite des Woody Guthrie Centers.

Von Newport nach Woodstock
2019 – Jahr der Jubiläen: Meine inhaltlichen Schwerpunktthemen waren in diesem Jahr „100 Jahre Pete Seeger“ und „50 Jahre Woodstock“. In Vorträgen in Tübingen, Malente, Darmstadt und Ingelheim habe ich über den Weg von Newport und Woodstock referiert und was die beiden Festivals mit Seeger und Dylan verbindet.

„Americana im Pädagog“
Zu Seeger konnte ich mich bei „Americana im Pädagog“ Anfang Mai über zwei ausverkaufte Pete Seeger Tribute-Konzerte freuen. Cuppatea und ich haben das Pete Seeger-Programm dann im Oktober nochmal in Münster aufgeführt.

Weitere Höhepunkte bei „Americana im Pädagog“ waren in diesem Jahr das ebenfalls ausverkaufte Konzert von Menna Mulugeta mit den Songs der schwarzen amerikanischen Sängerinnen im Februar und der genauso ausverkaufte Bob Dylan-Abend zum Abschluss des kleinen Jubiläums „5 Jahre Americana im Pädagog“ Ende November. Die Konzerte von „Americana im Pädagog“ sollen immer unterhalten, aber sie sollen auch durchaus zum Nachdenken anregen. Und wenn ich mir Programme zu Pete Seeger, Woody Guthrie oder Bob Dylan überlege, dann habe ich durchaus auch den Anspruch, Zusammenhänge zu erklären und auf gesellschaftliche Hintergründe hinzuweisen. „Wir spielen unsere Konzerte im Pädagog, das heißt, wir haben einen Bildungsauftrag, sage ich dann immer scherzhaft.

Wie gesagt, im kommenden Jahr sind US-Präsidentschaftswahlen und sie werden entscheidend sein für die Zukunft dieses Landes, auf das so viele Menschen ihre Träume gebaut haben. Ich werde dies in verschiedener Form aufgreifen. Bei meinen Seminaren, mit dem Themenmonat „Voices Of The Other America“ in meiner „Americana“-Reihe, einem literarisch-musikalischen Programm zum Thema USA und einem besonderen Konzertformat in der zweiten Jahreshälfte. Und möglicherweise gelingt es mir, meine publizistische Produktion zu diesem Thema in Richtung einer größeren Form zu lenken, aber das werden wir sehen.

Blick nach vorn
Es wird also ein aus vielerlei Hinsicht wichtiges Americana-Jahr, das Jahr 2020. Es geht um einiges, aber jetzt ist einfach die Zeit mit kulturellen Beiträgen in die politische Debatte einzugreifen. Mit guter Musik macht das besonders viel Freude!

Bleibt mir nun noch fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch zu wünschen! Auch in der Cowboy Band-Welt kehrt nun Ruhe ein, im Januar geht es hier wieder weiter. In diesem Sinne wie immer an dieser Stelle Santa Bobs Weihnachtsgruß!