Blues, Dylan und viel Humor: „Sir“ Oliver Mally begeistert bei „Thomas Waldherr präsentiert Americana“
Es war ein funkensprühender, fantastischer Abend: „Sir“ Oliver Mally eroberte am Donnerstag die Herzen des Publikums in der vollbesetzten Halle der Bessunger Knabenschule im Sturm, und legte ein in der Darmstädter Americana-Reihe wirklich denkwürdiges Konzert hin. Mit eigenen Blueskompositionen, Blues-Klassikern und ein paar Dylan-Covern – vorgetragen mit Kraft, Feinheit, Herzenswärme und viel Humor – hielt er die Zuhörerschaft mehr als zwei Stunden in seinem Bann.
„Sir“ Oliver Mally, Foto: Americana
Virtuosität und Humor
Dabei lotet Mally die Grenzen des Blues bewusst aus, spielt virtuos sowohl mit den musikalischen Bluesmotiven, als auch mit den ewigen Bluesthemen von Liebe, Verlust, Einsamkeit und Alkohol. Er meint sie ernst, aber er persifliert sie gelegentlich. Er nimmt sie auf die Schippe, aber er kompromittiert sie nie. Sagenhaft wie er in „You Can Beat The Devil“ die Szene eines Trinkenden an der Bar bis zum letzten auskostet, dabei in komödiantischer Art das Kazoo spielt. Überhaupt ist dieser Oliver Mally aus der Steiermark ein Komödiant. Ebenso unterhaltsam wie seine Musik sind auch seine Sprüche und Erzählungen zwischen den Songs. Besonders schön seine Geschichte aus Bielefeld, als das nur fünfköpfige Publikum bei schnellen Stücken keine Regung, um dann aber beim ganz sentimental-leisen „Sweet And Fine“ plötzlich auf der Tanzfläche abzugehen. Dies führt zu großem Amüsement des Darmstädter Publikums.
Den Menschen zugewandt
Und das alles tut er ganz den Menschen zugewandt, er genießt den Zuspruch des Publikums, und gibt ihn immer wieder zurück. Da ist einer auf der Bühne ganz in seinem Element. Wenn er zu sdeinen Gitarrenläufen immer wieder einmal seufzt oder kurze Rufe der Begeisterung ausstößt, dann merkt man, wie sehr er in seiner Musik aufgeht. Aber Mally ist nicht nur die Rampensau, sondern auch ein sensibler Sänger und Poet. Das beweist er beispielsweise auch in seinen Verneigungen vor dem Songwriter-Papst himself, Bob Dylan. Wie zärtlich Mally „Simple Twist Of Fate“ spielt, rührt einen an. Der „Sir“ hat zum schwierigen Feld der Dylan-Covers die richtige Einstellung gefunden. Den eigenen Stempel aufdrücken, ohne die großen Werke zu zerdrücken. Es gelingt ihm großartig.
Umjubeltes Konzert
Seine Stücke wie „21st Century Blues“ oder „Butterfly Girl“ sind Blues und Folk auf hohem musikalischen Niveau, daneben spielt er immer wieder mal ein Cover, so auch das wunderbare „My Old Friend, The Blues“ von Steve Earle, ebenfalls einer der Höhepunkte des Abends. Am Ende spielt er „Like A Rolling Stone“ und dann noch ein paar Zugaben und schließt mit „Time“, einem langsamen und leisen Stück von Tom Waits dieses Konzert der Extraklasse ab. Der Rest ist Jubel. Der „Sir“ hat wieder einmal alle für sich gewonnen!
Liebe im bigotten US-Süden der 1950er Jahre: Die komplexe Geschichte von Bessie Lee Mauldin und Bill Monroe. Einer ihrer wichtigsten Bluegrass-Gospels fand auch den Weg in Bob Dylans Repertoire
Bessie Lee Mauldin und Bill Monroe, Copyright: Jim Pleva, Golden Stars
Zwei Dinge vorneweg. Es geht mir hier nicht darum, Menschen rückwirkend anzugreifen und auch nicht darum einen großen „Scoop“ zu landen. Motto: „Wusstet Ihr schon?“ Wenn ich hier eine Geschichte aufgreife, die auch die „private“ Seite zweier Künstler betrifft, dann deswegen, weil sie beispielhaft steht für die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Countrymusik im letzten Jahrhundert. Rahmenbedingungen, die leider keineswegs überwunden sind, sondern Teil des Kulturkampfes sind, in denen die USA derzeit gefangen sind. Doch der Reihe nach.
Eine Frau bei den Bluegrass Boys
Im Rahmen meines jährlichen Seminars „Musik ist politisch“ in Malente stellte ich vor ein paar Wochen den Bluegrass als eine spezielle Variante der Countrymusik vor und spielte ein Stück von Bill Monroe an. Auf die Frage, wer denn hier bei Bill Monroe & His Bluegrass Boys den Bass spiele, antwortete ich nach kurzer Recherche selbst erstaunt: „Eine Frau! Bessie Lee Mauldin.“ Eine Frau bildete das musikalische Rückgrat der Bluegrass-Buben. Und das nicht nur für ein paar Stücke. Nein, von 1953 bis 1964 spielte sie den Stand Up-Bass in Monroes Band.
Doch mehr als das. Bessie und Bill waren lange Jahre ein Paar. Und schrieben zusammen Gospels wie „A Voice From On High“, den sogar Bob Dylan einige Zeit lang in seinem Live-Repertoire hatte. Sie waren ein Paar, obwohl Bill zeitgleich mit Carolyn Brown verheiratet war. Noch habe ich nicht Richard D. Smiths Monroe-Biographie „Can’t You Hear Me Callin‘: The Life of Bill Monroe, Father of Bluegrass“ gelesen, die im Jahr 2000 erschien und deren Beziehung breiten Raum gibt. Ja, erstmals im Jahr 2000 gab man dem Raum, denn Bessie und Bills Beziehung spielte und spielt in Publikationen oder Dokumentationen über Monroe sonst keine Rolle.
Bessie – die vergessene Musikerin und Partnerin
So ist Bessie namentlich im 1993er Filmspecial „Bill Monroe – Father Of Bluegrass“ überhaupt nicht erwähnt. Etliche ehemalige Mitmusiker von Monroe kommen in dem Film vor. Sogar Arnold Shultz, der schwarze Musiker von dem der junge Bill viel gelernt hat, wird kurz auf einem Foto gezeigt. Bessie aber, die vier Jahrzehnte mit Bill zusammen war, fast zwölf Jahre für ihn spielte, seine Co-Autorin war, und ihn zu seinen großen Bluegrass-Songs wie „Blue Moon Of Kentucky“ inspirierte, kam nicht vor. Warum?
Es muss ein schwieriges Leben für die beiden gewesen sein. Da machte man zusammen Musik und war jahrelang im Tourbus zusammen unterwegs und musste sich ständig kontrollieren, damit nichts ruchbar wurde. Da sang man fromme Lieder und war damit im bigotten Süden gezwungen, auch die christlichen Moralvorstellungen zu leben. Wenigstens nach außen. Offiziell verheiratet war Bill mit Carolyn Brown. Seine Frau wohnte auf seiner Farm. Auf einer weiteren Farm, die er kaufte, lebte er mit Bessie zusammen. Doch es kam nie zum Skandal. Weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte? Noch nicht einmal ein schwerer Autounfall, dass das Paar nach der Teilnahme (gemeinsam oder getrennt?) an einer Fuchsjagd hatte, führte nicht zu öffentlichem Wirbel über ihrer Beziehung. Heute kaum vorstellbar.
Copyright: Little, Brown and Company
Auch die Scheidungsklage von Carolyn Brown 1960 änderte nichts allgemeinen Stillschweigen. Carolyn beschuldigte Bill des Ehebruchs und ließ sich 1960 von ihm scheiden. Das Scheidungsurteil -auch wieder eine spezielle Südstaatennummer – verbot Monroe, Mauldin zu heiraten, solange Carolyn Brown lebte. Also führte man die „wilde Ehe“ fort, doch 1964 verließ Bessie die Band. Noch fast zwanzig Jahre dauerte ihre Beziehung an, dann starb Bessie 1983 an einem Herzanfall. Nur wenige Monate später starb Carolyn. 1996 dann Bill.
Noch bis in die jüngste Vergangenheit wurde darauf gedrungen, dass diese Seite Monroes nicht öffentlich ausgebreitet wird. So wurde das Biopic „Blue Moon Of Kentucky“, für dessen Umsetzung sich der Produzent Trevor Jolly nun schon seit mehr als zehn Jahren engagiert, von den Nachlassverwaltern von Monroes Childhood-Home in Rosine, Kentucky, nicht gern gesehen, weil darin auch Bessie und Bills Beziehung zentral thematisiert werden sollte. Bill Monroe sollte nicht als normaler Mensch, sondern als fromme, unbefleckte musikalische Ikone gesehen werden. Ob der Film je zustande kommt, steht übrigens weiter in den Sternen.
Die wichtige Rolle der Frauen in Country und Folk
Es ist nicht nur der menschliche Aspekt, der einem dabei so frösteln lässt. Dass die große Liebe seines Lebens, weil sie nicht zu den herrschenden Moralvorstellungen passt, verschwiegen wird und wurde- auch von Monroe selbst – ist tragisch. Doch die wichtige Rolle, die Bessie als Bassistin, Co-Autorin und Inspirationsquelle für Bill und damit für den frühen Bluegrass gespielt hat, wird damit gleich mitverschwiegen. Auch die Bluegrassmusik, die von der schottisch-irischen Tradition des Appalachen-Folk abstammt, dessen „High Lonesome Sound“ ja der von Frauen war, ist keine reine Männergeschichte. Neben Bill Monroe, den Stanley Brothers oder Flatt & Scruggs sind eben auch Frauen wie Hazel Dickens, Alice Gerrard, Bessie Lee Mauldin und Sally Ann Forrester für das Entstehen und den Aufstieg des Bluegrass mitverantwortlich. Das dies weiterhin gerne vergessen wird, liegt an den gesellschaftlichen Machtverhältnissen.
Denn die bigotten christlichen Moralvorstellungen des Südens und die Disqualifizierung von Frauen finden sich nicht nur immer noch in konservativen und reaktionären Kreisen im Süden, sie sind sogar wieder auf dem Vormarsch. Man denke nur an die frauenfeindlichen Abtreibungsgesetze in Texas, eine der bedenklichsten Auswüchse des oben genannten Kulturkampfes.
Es lohnt sich, einmal ausführlicher auf die wichtige Rolle der Frauen im frühen Country und Folk zu schauen. Ein erster Beitrag von mir hierzu ist diese Geschichte, ein weiterer mein Artikel zu Frauen wie Sara & Maybelle Carter, Aunt Molly, Alice Gerrard, Kitty Wells, Patsy Cline oder Jean Ritchie in der nächsten Ausgabe von Key West, dem deutschsprachigen Dylan und Americana-Magazin. Denn auch Bob Dylan ist von dieser Musiktradition beeinflusst. Wie „A Voice From High On“ ja deutlich zeigt.
Bill Monroe & His Bluegrass Boys -Blue Moon Of Kentucky
Bill Monroe & His Bluegrass Boys – A Voice From On High
Die österreichische Blues-Legende „Sir“ Oliver Mally bei „Thomas Waldherr präsentiert Americana“ in der Bessunger Knabenschule/ Traditioneller Blues, Eigenkompositionen und Dylan-Songs im Gepäck
Der österreichische Bluesman und Singer-Songwriter „Sir“ Oliver Mally wird in seiner Heimat u.a. als der „beste Blues-Sänger des Landes“ („Die Presse“) bezeichnet und sogar zu den Vertretern des „besten Blues Europas“ (Musikzeitschrift „Concerto“) gezählt. Nun spielt er erstmals in Thomas Waldherrs Americana-Reihe in der Bessunger Knabenschule. Am Donnerstag, 28. Oktober, um 20 Uhr wird er dort solo auf der Bühne stehen. Der Eintritt beträgt 12 Euro, Tickets gibt es unter: www.knabenschule.de .
„Sir Oliver Mally, Foto: Promo
Muddy Waters, John Lee Hooker und Bob Dylan „Sir“ Oliver Mally ist seit gut 30 Jahren „On The Road“ und gibt immer wieder starke Alben heraus. in seiner Heimat Österreich ist er eine Institution. Er steht wie kein anderer für den Blues in der Alpenrepublik. Das Faszinierende an dieser Musikrichtung ist für ihn „den Moment, mit dem zur Verfügung stehenden Vokabular zu erforschen“ und „die Songs jeden Abend neu erobern zu können.“ Mehr noch: „Das Eis unter einem darf ruhig zu knacken beginnen. Das erzeugt auch für das Publikum Spannung.“ Mally ist also einer, der sich nie ausruht, der immer auch Grenzen auslotet. Und ist dabei ganz nah an den Musikern, die ihn beeinflusst haben. Muddy Waters, der ihn zum Blues gebracht hat – „und dann hat sich der Blues mich ausgesucht“ – Lightning Hopkins, John Lee Hooker- und Bob Dylan. „Er ist ein bissel der John Lee Hooker des Folk. Sehr im Moment und unberechenbar. Absolut furchtlos. Und seine Texte funktionieren halt auch wunderbar ohne Musik“, schwärmt der Österreicher für den US-amerikanischen Songpoeten. Die Bewunderung für Dylans Werk führte 2019 sogar zu einem ganzen Album mit Dylan-Songs. „Mally Plays Dylan“ heißt das Werk ganz unprätentios, das Cover eine Anspielung auf das legendäre Album „The Byrds Play Dylan“. Die Zeitschrift Rock-Times lobte: „Es liest sich immer wie selbstverständlich, wenn Musiker bei einem solchen Vorhaben den Respekt vor der Tradition der Kompositionen bewahren. Allerdings stellt man ziemlich schnell fest, dass ‚Sir‘ Oliver Mally seinen Reichtum an nuancierten Ideen einbringt. So atmen die Songs die künstlerische Ausdruckskraft des Protagonisten. Respekt!“
„Durchhalten“ Doch auch jenseits von Dylan hat sich Mally selbst im Laufe der Karriere zu einem großartigen Singer-Songwriter entwickelt und besticht sowohl auf der Bühne wie auf seinen Alben durch die starke Verbindung von Blues mit Singer-Songwriting. Sein aktuelles Album „Tryin‘ to get by“, in dem es laut dem Künstler im das „Durchhalten“ geht, war in der Pandemie entstanden. Mit Peter Lenz an den Drums und Alex Meik am Kontrabass, der „Sir“ Oliver Mally Group. Als Gäste waren Ian Siegal, Raphael Wressnig und Harpspieler Hubert Hofherr mit von der Partie. Im Frühjahr war das Album sogar für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert.
Country-Boy aus Wagna Dabei ist Mally, obwohl im Nachbarland seit jeher die Metropole Wien die Hauptstadt des Austropops ist, immer seiner Heimat Wagna in der Steiermark treu geblieben. Hier arbeitet er konzentriert an seiner Musik: „Ich mag nicht Straßenbahnfahren um Grünflächen zu finden. Ich geh hier aus dem Haus und verschwinde im Wald. I’m a country boy – mit gelegentlichem Hunger auf die Stadt. Und meine ständiges Touren bringt mich eh ganz schön in der Gegend herum“, begründet er sein Leben in der etwas mehr als 6000 Einwohner zählenden Marktgemeinde.
„Virtuosität, Kraft und Herzenswärme“„Das Darmstädter Publikum darf sich auf einen stimmungsvollen Mix aus Stücken aus den verschiedenen Traditionen des Blues, Eigenkompositionen, Singer-Songwriter-Musik und Bob Dylan-Songs freuen. Musik von internationaler Klasse, vorgetragen mit Virtuosität, Kraft und Herzenswärme“, freut sich Thomas Waldherr auf die Americana-Premiere von „Sir“ Oliver Mally.
Fast vier Stunden Musik und Vorträge rund um Bob Dylan am vergangenen Freitagabend vor begeistertem Publikum in der Bessunger Knabenschule in Darmstadt
Das große Finale mit „I Shall Be Released“, V.l.n.r.: Martin Frenzel, Thomas Waldherr, Dan Dietrich, Marc Herbert, Silvana Battisti, Falco, Hannah, Martin Grieben, Melli Hepp, Steffen Huther, Wolf „Levon“ Schubert-K. – Foto: Andrea Goldschmidt
Eigentlich hätte der große Bob Dylan-Abend der Volkshochschule Darmstadt – in Kooperation mit der Bessunger Knabenschule, dem ASTA der Hochschule Darmstadt und der Konzertreihe „Thomas Waldherr präsentiert Americana“ bereits am 18. Mai, also wenige Tage vor dem 80. Geburtstag des Meisters (24. Mai) stattfinden sollen. Doch die Pandemie-Lage machte dies nicht möglich und so stand das große Ensemble der Musiker:innen und Vortragenden am vergangenen Freitagabend (8. Oktober) zur Geburtstagsnachfeier auf der Bühne der ausverkauften Bessunger Knabenschule und begeisterte das Publikum mit stimmungsvoller Musik sowie informativen und unterhaltsamen Vorträgen.
Vorträge zu „Pop und Migration“ und „Bob Dylan & Black America“
Klaus Walter beim Vortrag, Foto: Andrea Goldschmidt
Der Abend begann mit „Chimes Of Freedom“, dargeboten vom musikalischen Ensemble des Abends, sozusagen der „Titelmelodie“ des Abends. Martin Frenzel (Volkshochschule) und Thomas Waldherr (Americana-Reihe) führten durch das Programm und durften zu Beginn Darmstadt Bürgermeisterin Barbara Akdeniz begrüßen, die sich mit ihrem Grußwort als echte Dylan-Expertin entpuppte. Danach startete das Programm, das fast vier Stunden dauern sollte.
Die inhaltliche Beschäftigung an diesem Abend hatte den Schwerpunkt Pop und Migration, Bob Dylan zwischen Jewish Community und African American Community. Der preisgekrönte Musikjournalist Klaus Walter zeigte in seinem Vortrag mit vielen Musikbeispielen auf, wie sehr die amerikanische Populärmusik auf die Migration fußt. Künstler wie Irving Berlin oder Lou Reed sind Juden und die Andrew Sisters entstammen einer griechisch-norwegischen Verbindung. Neben den europäischen Einwander:innen sind es die afrikanischen Sklaven, die die US-Populärmusik befruchtet haben. U.a. war „Our Roots Began in Africa“als Musikbeispiel zu hören Bob Marley äußerte sich im Originalton zu Afrika imd Sklaverei.
Der Darmstädter Dylan- und Amerika-Kenner Thomas Waldherr hat im Frühjahr das Buch „Bob Dylan & Black America“ herausgebracht und folgte in seinem Vortrag den stetigen Wechselwirkungen zwischen Bob Dylans Werk und Wirkungen und der afroamerikanischen Community und ihrer Kultur. Dylan begeisterte sich wegen Odetta für den Folk und startete seine musikalische Karriere in New York auch mit der Zusammenarbeit mit afro-amerikanischen Künstlern. Er trat für die Bürgerrechtsbewegung ein und sang für schwarze Opfer des Rassismus wie George Jackson und Rubin Hurricane Carter. Zudem hat er seit seinen frühen New Yorker Jahren eine feine Antenne für afro-amerikanische Poesie und ist daher voller Respekt für die Rapmusik.
Viel Live-Musik mit Interpretationen von Dylan-Songs
Wolf Schubert-K. und Steffen Huther, Foto: Andrea Goldschmidt
Vor, zwischen und nach den Vorträgen aber stand die Musik von Bob Dylan in Live-Darbietungen im Vordergrund. Die Künstler:innen des Ensembles – vorwiegend aus Südhessen und Rhein-Main – hatten sich an ganz unterschiedliche Stücke von Bob Dylan herangewagt. „Hannah & Falco“, das Folk-Duo aus Würzburg, interpretierte „It Ain’t Me Babe“ ganz als bittersüße Verweigerung der großen Liebe oder übten sich in wunderschönem Harmoniegesang bei „I’ll Remember You“.
Wolf Schubert-K. und Steffen Huther spielten das böse „I Pity The Poor Immigrant“ und das religiöse „Gotta Serve Somebody“. Zusammen mit Dan Dietrich spielten sie tolle Folk-Rock-Versionen von „George Jackson“ und „Hurrican“. Hier erlebte das Americana-Publikum die Premiere von Wolf Schubert-K. als Drummer. Der „Darmstädter Dylan“ Dan Dietrich intonierte das frühe „The Lonesome Death Of Hattie Carroll“ ebenso gekonnt wie das Spätwerk „Beyond Here Lies Nothing“. Martin Grieben (Frankfurt/Darmstadt) spielte u.a. „When He Returns“ und bot zusammen mit seiner Frau Melli als Gesangspartnerin eine traumhafte Version von „Abraham, Martin und John“.
Die Woog Riots mit Martin Grieben und Melli Hepp, Foto: Andrea Goldschmidt
Schon im Frühjahr zum Geburtstag Dylans erschien das eigens zu diesem Anlass geschriebene Stück „Bob Dylan“ von den Darmstädter Lokalmatadoren „Woog Riots“. Am Freitagabend erlebte es nun endlich seine Live-Premiere. In gewohnter Manier haben Marc Herbert und Silvana Battisti einen Indie-Pop-Ohrwurm da gezaubert.
Zum Finale „I Shall Be Released“
Zu Ende ging dieser lange Bob Dylan-Abend dann nach fast vier Stunden mit großem Applaus und Jubel des begeisterten Publikums sowie mit einem hymnischen „I Shall Be Released“ des gesamten Ensembles.
Ein Abend der Appetit auf mehr macht. Das nächste Konzert in der Americana-Reihe ist das Gastspiel des österreichischen Bluesers und Singer-Songwriters „Sir“ Oliver Mally, der auch immer Songs von Bob Dylan Gepäck hat: https://www.knabenschule.de/index.php?id=1061
Und am 16. Dezember geht die nächste Kooperation von Thomas Waldherr mit der Volkshochschule Darmstadt über die Bühne. Thema des Vortragsabend ist Joan Baez. Anmelden unter http://www.darmstadt.de/vhs (Rubrik Kultur/Musik)
Dan Dietrich, Martin Grieben, Steffen Huther und Wolf Schubert-K. mit „Hurricane“:
Martin Grieben und Melli Hepp mit „Abraham, Martin und John“: