Archive for August 2018

Field Trippin Fest Germany, am 11.08.2018 in Niederdorfelden

9. August 2018

Ein ganz besonderes Americana-Fest findet am kommenden Samstag in Niederdorfelden statt

(promo) Die Musik und den Spirit Süd-Kaliforniens in die Mesa nach New Mexico zu bringen, das war die ursprüngliche Idee die Karen Criswell, Filmmacherin aus Los Angeles und Gründerin des Field Trippin, im Sinn hatte. Und da das Leben an beiden Orten nicht nur eine grüne Wiese ist, wurde der Name der Music`n Arts Initiative „Field Trippin“ als Markenname, als Etikett erdacht. Jetzt ist Niederdorfelden weder Los Angeles noch Taos, aber trotzdem oder gerade deshalb wird das Field Trippin Germany am kommenden Samstag (11.8./ Beginn 18 Uhr, Eintritt 8 Euro) ganz unprätentiös im Bürgerhaus in Niederdorfelden stattfinden.

Süd-Kalifornien und ganz besonders Los Angeles Venice Beach schickt eine hoch interessante Mischung von Musikern, die dem Publikum ihr Bestes geben Live Musik, Live Musik, Live Musik. Da wären: Michael Jost, Ausnahme-Gitarrist, Produzent aus L.A. – einer der großartige Konzerte an großartigen Plätzen in der ganzen Welt bereits sein Eigen nennt und ein nimmer müder Antreiber und Aktivist in der Venice Beach Musik-Szene ist; Los Pochos – das Komplizen- Live-Projekt mit Isaac Irvin und Rick Boston – die Musik für einen besonderen Sonnen-Untergang, das Sidewalk Cafe lässt grüßen; Billy Stobo, der als Drummer der Psycho-Rock Band Golden Buddha einen Rockstar-Status in seiner Heimat „Cali“ erreicht hat und nun als Gitarrist Brother Billy das Field Trippin mit wunderbaren Songs und Geschichten versorgt.

Dann die inländische Fraktion: „The Free Spirit“ Mr. Wolf Schubert K. mit Bine Morgenstern und Daniel Tochtermann – die drei, die auch das musikalische Erzählen perfektioniert haben und ganz bestimmt auch die aktuellen Geschichten z. B. von der diesjährigen Kanada – Vancouver – Festival Tour weitergeben werden.

Na und dann noch Niederdorfelden selbst: LaMimosas – die Gastgeber (and co-hosted by Radio Venice) – die Rock´n Soul Band die Ihren Ursprung und Basis dort hat- wo das Field Trippin Germany stattfindet. Das Band-Konzept der Musiker, der Brüder Uli und Andreas Keppler, jeden Ton der ungewöhnlichen, ausgefeilten Musik selbst in die Hand zu nehmen und diese im eigenem Sinne zu formulieren ist das, was das Publikum in Niederdorfelden erwarten und erleben kann.

Nach der Fertigstellung und Veröffentlichung des Debütalbums
„Soul on Fire“ wurde die bekannt ausdrucksstarke Musik-Idee durch den vielschichtigen musikalischen Input und der Einflussnahme von Jacques Voutay (Drums) vervollständigt und mit Rainer Backe (Bass) zu einer schlagkräftigen Live-Band komplettiert- dabei entstand zeitgleich das aktuelle Album „Unity in Diversity“. Beide Alben wurden von Michael Jost mit den LaMimosas produziert. Auf jeden Fall wird das LaMimosas Musik-Credo mit aller Konsequenz auch auf die Bühne in Niederdorfelden transportiert.

Im Fazit: Man könnte glauben, dass ein paar Hippies mit notorischem Hang zur handgemachten Live Musik sich zusammengeschlossen haben, um in einem hessischen Bürgerhaus ein Konzert zu veranstalten. Wer das denkt, hat auch in großen Teilen Recht- aber irgendwie gibt es bei Field Trippin Fest in Niederdorfelden viel mehr zu entdecken.

Bob Dylan als Kompass

9. August 2018

Looking for Bob Dylan: Michael Brenners kleines, feines und sehr persönliches Bob Dylan-Buch

Michael Brenners Kindheit, er ist 1951 geboren, war schlimm. Sein Vater gehörte zu der Generation, die noch aktiv und überzeugt im 2. Weltkrieg ins Geschehen eingegriffen hatte. Der Vater war nie wirklich auf Distanz zu dieser Zeit gegangen, für ihn war die Niederlage subjektiv keine Befreiung, sondern ein Trauma. Obwohl mehr als 10 Jahre später geboren, kennt der Autor dieses Blogs die Situation, auch sein Vater gehörte dieser Kriegsgeneration an.

In den 1950er und 1960er Jahren aufgewachsen, war Michael Brenners Umfeld eng, borniert und spießig, unter den Lehrern so mancher alte Nazi. Michael Brenners wichtiger Kompass auf dem Weg aus diesem bornierten Nachkriegselend wurde Bob Dylan. In seinem soeben erschienen Buch „Looking for Bob Dylan. Bob Dylan & Zeitgeschichte. Vol.1: Krieg der Generationen“ schildert er Dylans Aufstieg und Karriere vom jugendlichen Protestidol bis zu seinen Auftritten in Deutschland 1978 und ’81.

Es sind viele Bücher über diese Phase in Dylans Karriere geschrieben worden. Eigentlich neues erfährt man über Dylan hier nicht. Doch die Leistung Michael Brenners ist eine andere. Er kontrastiert die Dylan’sche Entwicklung mit seiner eigenen. Erzählt von der großen Befreiung, als die Schule endlich vorbei ist und er ins Studentenleben in Hamburg eintaucht. Hier sind die zeitgeschichtlichen Schilderungen mit so viel Lokalkolorit und persönlichen Erlebnissen flankiert, dass dies dem Buch seine eigene, faszinierende Note gibt. So muss es also gewesen sein, wenn man in den 1960ern mit Bob Dylan aufwächst und sich gegen die Eltern- und Lehrergeneration auflehnt. Zwar konnte mein Vater mit Bob Dylan auch nichts anfangen, aber die Zeiten und das Umfeld waren in den 1970ern schon anders.

Dies Buch sei all den zynischen Zeitgeist-Surfern empfohlen, die 1968 und Bob Dylan keine Bedeutung mehr zumessen. Und es liefert beste Argumente, warum man gegen die AfD-Propaganda von der „linksversifften 68er-Generation“ kämpfen muss. Leute, die hinter 1968 zurück wollen, wollen in ein Deutschland zurück, in dem hinter vorgehaltener Hand, manchmal auch offener, die Naziverbrechen gerechtfertigt wurden und Nonkonformisten terrorisiert wurden. Selten habe ich über diese bleierne, dumpfe Zeit so plastisch erzählt bekommen.

Ein Buch für alle, die sich vor lauter Dylan-Begeisterung eben nicht aus der Welt verbschiedet haben, sondern die bis heute einen ganz bewussten Weg mit Bob Dylan gegangen sind. Ein zweiter Teil ist bereits angekündigt. Ich kann es kaum erwarten.

Michael Brenner, Looking For Bob Dylan. Bob Dylan & Zeitgeschichte. Vol.1: Krieg der Generationen, Michael Brenner Books 2018, 12,90 Euro.

Stoischer Sänger, tanzendes Publikum

3. August 2018

Der bekanntermaßen introvertierte nordirische Blues- und Soulbarde Van Morison braucht keine flotten Mitklatsch-Ansagen, um im Schlosspark Schwetzingen die Leute zum Tanzen zu bringen. Es reicht seine wundervolle Musik.

Welch ein Kontrastprogramm. Setzte noch vor dem Konzert von Joan Baez am 1. August der Regen ein, der zumindest die Stimmung in den ersten 30 Minuten etwas dämpfte, so war der 2. August an derselben Stelle, dem Schlosspark Schwetzingen, geprägt durch fetten Sonnenschein und knallheiße Temperaturen. Und dennoch: Auch das Konzert von Van Morrison benötigte eine gewisse Anlaufzeit. Die ersten Stücke waren noch nicht so richtig zupackend vorgetragen, auch wenn Van Morrisons Stimme von Anfang an voll dar war und er auch körperlich einen besseren Eindruck hinterließ wie beispielsweise bei seinem Frankfurter Gastspiel vor 10 Jahren. Und auch damit ergeht es ihm wie seinem stoischen „Bruder im Geiste Bob Dylan, der heutzutage so fit wirkt und gut singt wie lange nicht.

Mit dem dritten Song – dem Sister Rosetta Tharpe-Cover „How Far from God“ – kam Bewegung in die Sache. Und mit einem schönen Bluesmedley aus „Baby Please Don’t Don’t Go“, „Parchman Farm“, „Don’t Start Crying Now“ und „Got My Mojo Working“ war dann endgültig der Boden bereitet. Denn jetzt folgten die ersten Klassiker wie „Moondance“ und „Carrying A Torch“. Dazwischen musikalisch besonders reizvoll „Broken Record“, das Morrison mit seinem unnachahmlichen Talent für Phrasierung und Prononcierung zu einem kleinen Meisterwerk machte. Ab „Precious Time“ war es dann geschehen, immer wieder kamen Leute nach vorne und wollten tanzen. Zuerst wurden sie von den Ordnern mehr oder minder freundlich auf ihre Plätze zurück komplimentiert, bis Sir Van eine klare Ansage machte, man solle bloß nicht glauben, sie hätten etwas gegen tanzende Menschen, sie würden gerne tanzende Menschen sehen. Nun gab es kein Halten mehr, das Publikum drängte nach vorne und in die Seitenwege, und alle standen an ihren Plätzen und tanzten und bewegten sich freudig bis zum Schluss. Großartig!

Nun fielen die Höhepunkte dem Publikum vor die tanzenden Füße wie reifes, süßes Obst. Der vor allem in der Fassungen der „Beach Boys“ und des „Kingston Trios“ bekannte Folk-Gassenhauer „Sloop John B.“ wurde „Van The Man“ in einer verlangsamten, intensiven Skiffle-Version gespielt, inklusive Steel Guitar-Klängen. Und dann folgten auf der Zielgrade natürlich auch noch „Real, Real Gone“ und „Brown Eyed Girl“. Nach anderthalb Stunden verließ Van Morrison mit „Gloria“ die Bühne und ließ sich seine starke Band noch mehr als zehn Minuten mit mehreren Soli so richtig austoben bis das Konzert dann endgültig vorbei war.

Ein starker Abend mit einem sehr wachen und agilen und für seine Verhältnisse fast schon extrovertierten Van Morrison. Fantastisch!