Die amerikanische Singer-Songwriterin legt hörenswerten Rückblick auf 30 Jahre Musikkarriere vor
Ich erwische Sonia Rutstein aka SONiA disappear fear am Telefon in North Carolina. „Ich bin da bei meiner Familie für eine Woche“, sagt sie. „Danach geht es wieder nach Baltimore.“ Und damit wieder zurück in einer der vielen US-Metropolen, die momentan gekennzeichnet sind von Massendemonstrationen und Aktionen gegen Rassismus und Polizeigewalt.
Karriere-Retrospektive in aufwühlenden Zeiten
SONiA, die ihre gesamte Karriere über eingetreten ist für Menschenrechte und gegen Ausgrenzung aufgrund von sexueller Orientierung, ethnischer Herkunft oder religiöser Überzeugung fühlt sich natürlich als Teil der Bewegung: „Armut, Rassismus, Corona – das Land ist voller Unsicherheit, Trump spaltet nur und im Land steigt der Zorn.“ Sie hofft natürlich darauf, dass Trump im November abgewählt wird.
Inmitten dieser aufwühlenden Zeiten hat sie nun mit „Love Out Loud“ eine Karriere-Retrospektive veröffentlicht. Zwar ist auf ihrer Website „SONiA’s most loved LGBT Songs“ zu lesen, aber im Gespräch versichert sie, dass die Bedeutung ihrer Musik natürlich viel universeller ist: „Ich trete mit meiner Musik ganz allgemein gegen Ausgrenzung und ‚Othering“ ein.“
Und wie gut sie das über Jahrzehnte schon tut, zeigt dieses Album wieder einmal mehr. Zwölf Songs sollen 30 Jahre dokumentieren? „Es war wirklich schwierig, die Songs auszuwählen, die drauf kommen, aber war einfach eine pragmatische Entscheidung dieses kompakte Format zu wählen. Ganz bestimmt werde ich auch irgendwann „Love Out Louder“ veröffentlichen“, kündigt sie lachend bereits ein Volume 2 an.
Songs gegen Homophobie, Rassismus und Antisemitismus
„Die Auswahlkriterien waren“, so sagt sie, „bestimmt durch die politische Verbindung der Songs mit den Themen Homophobie, Rassismus und Antisemitismus.“ Als einen zentralen Song des Albums nennt sie hierzu „Who’s So Scared“, der auf einem Poem des schwulen afroamerikanischen Dichters Countee Cullen fußt und der genau diese drei Themen in sich vereinigt.
Aber natürlich sind die Songs, die sie ausgewählt hat, auch verbunden mit ihrer eigenen Entwicklung als lesbische Frau und politischer Mensch. Ob „Fix My Life“ über die Entwicklung ihrer sexuellen Identität oder „Gangsters Of Love“: „Man muss verstehen, dass, als ich „Gangsters Of Love“ geschrieben habe, gleichgeschlechtliche Ehen noch verboten waren“, erinnert sie daran, dass unterschiedliche sexuelle Orientierungen noch gar nicht all zulange gesellschaftlich und juristisch akzeptiert sind und dies immer wieder neu verteidigt werden muss.
Fröhlich und zart, optimistisch und kämpferisch
Das besondere an SONiA Disappear Fear wird auf dieser Kompilation wieder in wunderbarer Weise deutlich. Wie kaum jemand anders versteht sie, diese ernsten Anliegen in zarte, optimistische und fröhliche Worte und Musik zu kleiden. „Love Out Loud“ ist daher nicht nur eine kämpferische Platte, sondern auch ein Album, dass Laune macht und dadurch Kraft gibt. Und daher auch genau richtig für diese Zeiten ist.
Denn als Mensch ist Sonia Rutstein – und das macht sie so sympathisch – eine schier hoffnungslose Optimistin, die man fast nur frohgelaunt erlebt. Auch wenn die Corona-Zeiten mit den Konzertausfällen sie finanziell und mental beeinträchtigen. Insbesondere die notgedrungene Absage ihrer liebgewonnen jährlichen ausführlichen Deutschland-Tour bedauert sie sehr, denn sie hat hierzulande über die Jahre viele Fans und Freunde gewonnen: „Ich vermisse Deutschland. Ich möchte, sobald es wieder möglich ist, so schnell wie es geht auch wiederkommen“, bekräftigt sie das besondere Verhältnis zu ihrem deutschen Publikum.
Viele Aktivitäten ins Netz verlegt
Bis das wieder möglich ist, kann man sich dieses Album besorgen und regelmäßig ins Netz schauen: „Ich habe ja meine Deutschland-Tour damals ins Netz verlegt und an jedem Konzerttermin ein Online-Konzert gegeben. Nun gebe ich jeden Dienstag unter den Titel „Terrific Tuesdays“ ein Online-Konzert, bei denen ich viele gute alte Songs wie ‚Corrina, Corrina‘ spiele.“ Zudem veröffentlicht sie unter dem Titel „Fideo Friday“ jeden Freitag ein Video auf youtube-Kanal. Wer sie dabei unterstützen möchte, hier Einnahmen zu generieren, der kann den Kanal abonnieren. Ehrensache, oder?
Und bis die ersten Auftritte vor Publikum möglich sind, übt sie auch fleißig Gitarre und schreibt an einem Buch und an einem Musical gleichzeitig. Die Frau ist einfach nicht zu bremsen- und schon gar nicht von Corona!
Love Out Loud – Trackliste:
1. Fix My Life
2. Who’s So Scared
3. Me, Too
4. Ride This Ride
5. Be The One
6. Gangsters Of Love
7. Michelangelo
8. Priceless
9. Fallin
10. Grass For The Lamb
11. Who I Am
12. Love Out Loud
Infos und Links:
Website:
https://soniadisappearfear.com
Youtube-Kanal:
https://www.youtube.com/channel/UC63FZOoQdbZ6MffqW_dYuVQ
Facebook:
https://www.facebook.com/disappear.fear/