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„Reign of Chaos?“ Die USA unter Donald Trump und die Wahlen 2020

8. Juni 2020

„Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ und „Denkbar e.V.“ laden ein zu Online-Vortrag von Dr. David Sirakov am 30. Juni

Dr. David Sirakov

Bereits der Wahlkampf 2016 suchte seinesgleichen und ging in die Geschichte als beispiellos polarisiert ein. Und die sich daran anschließende Präsidentschaft Donald Trumps steht diesem Eindruck in nichts nach. Was macht diese Präsidentschaft so beispiellos? Wie fällt die bisherige Bilanz des 45. Präsidenten aus? Und was ist – auch und gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sowie der schweren Unruhen infolge des Todes von George Floyd – vom Wahlkampf 2020 zu erwarten?

Auf Einladung von „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ und „Denkbar e.V.“ gibt der Amerika-Experte Dr. David Sirakov von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in seinem Online-Vortrag am Dienstag, 30. Juni, ab 19.30 Uhr Einblicke in das Innenleben der Trump-Administration, ihre politischen (Miss)Erfolge sowie die Herausforderungen, die der Trump’sche Populismus für die USA und die westliche Welt birgt.

Die Veranstaltung findet als Webinar über das Videokonferenzsystem Zoom statt. Interessierte können sich anmelden unter: rhein-main@gegen-vergessen.de .Am Tag der Veranstaltung erhalten sie dann die Zugangsdaten.

Wer noch keine Erfahrung mit Zoom gemacht haben – eine gute Anleitung findet sich auf den Seiten von UNICEF: https://www.unicef.de/blob/209484/cff55a04ecab17553aead8f2513b34d3/anleitung-webkonferenz-desktop-data.pdf

Die Veranstaltung wird unterstützt durch „Partnerschaft für Demokratie Frankfurt am Main“

Ein Land implodiert

31. Mai 2020

Jahrhundertelanger struktureller Rassismus, Polizeigewalt gegen Schwarze und ein hemmungslos zündelnder Präsident zerstören die USA von innen

Nicht von dem was jetzt passiert ist grundsätzlich neu. Weiße Polizeigewalt nicht. Schwarze Aufstände in den Metropolen auch nicht. Denn Rassismus ist einer der Konstanten in den USA und der Aufbau des Wohlstands der Nation durch die Ausbeutung von aus Afrika verschleppten Sklaven eine der dunklen Geburtsfehler des Landes. Auch die Sklavenbefreiung in der Folge des US-Bürgerkrieges änderte daran nichts. Denn die wirtschaftliche und politische Macht der Schwarzen blieb weiterhin beschnitten. Die Eliten des Nordens gingen nach dem Bürgerkrieg recht pfleglich mit den Eliten des Südens um. Die Rassenfrage und die Klassenfrage blieben weiterhin ungelöst – bis heute.

Es ist die politische Lage, die neu ist und den jetzigen desparaten Protesten eine neue Qualität gibt. Waren bislang Aufstände als Folge von Polizeigewalt vor allem regional verortete Probleme, so sind nun 25 große US-Städte davon betroffen. Darunter New York, Los Angeles, Chicago, Dallas, Atlanta und Nashville.

Frust und Wut der Black Community
Die Enttäuschung und die Wut der Schwarzen sitzen tief. Ihre politischen Interessensvertretungen wurden von der Staatsmacht in die Schranken gewiesen. Man hatte Martin Luther King, der jahrelang vom FBI überwacht wurde, durch weiße Gewalt sterben sehen. Die „Black Panther“ wurden durch das FBI in einem jahrelangen Kleinkrieg aufgerieben. Die Chancen zu mehr Partizipation, mehr Bildungsgerechtigkeit und sozialem Aufstieg für Afroamerikaner sind seit 1980 stetig gesunken. Die Präsidentschaft Ronald Reagans ging einher mit einer Politik des drastischen Soziabbaus, deren Unterstützung durch die armen Weißen mit der rassistischen Denkfigur der „schwarzen Sozialschmarotzer“, die auf Kosten des Staates leben, erkauft wurde. Korrespondierend dazu wurde eine Ordnungspolitik der Härte durchgesetzt, die ebenfalls auf dem Rücken der Schwarzen ausgetragen wurde. Die rücksichtslose gesellschaftliche Spaltung begann mit Ronald Reagan, der die Politik von „New Deal“ und „Great Society“ zerstörte.

Es ist der historische Fehler der Demokraten, dem Roll Back von Reagan kein erneutes Roll Back entgegengesetzt zu haben. Im Gegenteil, man versuchte sich nicht mehr an Politik, sondern an technokratischem Demoskopismus. Man folgte dem Neoliberalismus, rührte Grundwidersprüche nicht an und versuchte mit PR-Angeboten entsprechende Wahl-Mehrheiten zu finden. Noch dazu trieb Bill Clinton die Privatisierung der US-Gefängnisse voran, um Staatsausgaben zu sparen. Nun waren Gefängnisse plötzlich Geschäftsmodelle, die rentabel waren. Und wieder waren die Schwarzen die Opfer: Es sind die armen Schwarzen, die ihre Mieten, ihre Strafzettel, ihre Schulden nicht bezahlen können und in die Knäste wandern. Und diese rechnen sich ja auch nur, wenn sie ausgelastet sind. Dies sind die Delikte, weswegen Schwarze überproportional zu ihrem Bevölkerungsanteil in den Gefängnissen sitzen und nicht wegen dem ihnen von den Weißen gerne zugewiesenen besonderen Hang zu Gewalt und Diebstahl und Drogen. Und weil Auslastung sich auch nur rentiert, wenn an Personal und Versorgung gespart wird, sind die Zustände in vielen Gefängnissen mittlerweile unfassbar schlecht und menschenunwürdig. Schon vor ein paar Jahren schrieb Adam Gopnik im Magazin „New Yorker“: „Das Interesse von Privatgefängnissen liegt nicht im offensichtlichen sozialen Wohl, sondern darin, so viele Menschen wie möglich so billig wie möglich einzusperren.“ („Das Geschäft mit dem Knast“, Frankfurter Rundschau, 2. September 2016)

Keine grundlegenden Änderungen durch Barack Obama
Auch Barack Obama, der erste schwarze Präsident der US-Geschichte, änderte am grundlegenden strukturellen Rassismus in den USA nicht viel. Afroamerikanische Kritiker werfen ihm vor, zu wenig gegen den Rassismus in Polizei und Justiz unternommen zu haben. Black Lives Matter entstand während seiner Amtszeit und streute immer wieder Salz in diese Wunde. Als fatal stellte sich zudem heraus, dass der latente Rassismus in Teilen der amerikanischen Mittel- und Unterschicht damit befeuert wurde, dass in der Folge der Finanzkrise unter seiner Präsidentschaft der amerikanische Traum des eigenen Häuschens zerplatzte. Obama hatte es zum einen nicht verstanden, dass grundsätzlich am Finanz- und Wirtschaftssystem etwas nicht stimmte – er ließ sich weiterhin von Wall Street-Leuten beraten, sein Finanzminister war für die Banker einer der ihren. Zum anderen sah er die daraus hervorgehende Gefahr für ihn und für die US-Gesellschaft nicht. So konnte sich ein von der Tea Party gefüttertes Narrativ durchsetzen: „Der schwarze Kerl im Weißen Haus ist schuld, dass wir unser Häuschen verlieren, dass wir nicht mehr jagen und fischen dürfen und das es die Homo-Ehe gibt“.

Das Land war also schon tief gespalten, als Hillary Clinton gegen Donald Trump verlor. Die demokratische Establishment-Blase und ihre Unterstützer von Wall Street und Silicon Valley und Teile der Medien hatte es nicht glauben wollen. Die Trump-Koalition aus den Kapitalfraktionen Öl, Stahl, Auto und Bergbau, aus Tea Party, Evangelikalen, weißer Mittelschicht und desparater Arbeiterschaft hatte keine Mehrheit bei den Wählerstimmen, wohl aber im Wahlmännergremium.
Und Donald Trump nutzte seine neue Macht, um das Land immer weiter zu spalten. Rassismus, Sexismus, Androhung von Gewalt und stetiger Hass sind präsidiale Machtinstrumente geworden. Vor diesem Hintergrund ist der latente Rassismus im US-Polizeikorps nochmal verstärkt worden, häufen sich erneut die gewaltsamen Übergriffe mit Todesfolge.

Trump als autoritärer Staatsführer
Diese Gemengelage mit der immer offensichtlicheren Ungleichheit der Corona-Folgen zuungunsten der Black Community aufgrund der strukturellen sozialen Ungleichheit, einem omnipräsenten Twitter-Präsidenten, und einer bundesweiten Vernetzung der afroamerikanischen Community, auch unter dem Label Black Lives Matter, verstärken die Proteste zu einer noch nie dagewesenen Lage. Es sind die immer schon bekannten Muster von friedlichen Protesten, die von einem kleinen Teil auch zu Gewalt und Plünderungen genutzt werden, die aber nun bundesweit und flächendeckend eskalieren. Hinzu kommt zudem, dass im Weißen Haus einer sitzt, der Benzin ins Feuer schüttet. Der statt Zusammenzuführen und zu Versöhnen, Gewalt androht und die demokratischen Stadtoberhäuptern – anstatt ihnen Unterstützung zu geben – mit Kritik, Häme und Anschuldigungen überzieht. So erodiert ein Staatsgebilde, es wird von innen zerstört. Trump versucht sich in der Rolle des omnipotenten autoritären Staatsführers. Dass er dabei im Widerspruch zu dem historisch gewachsenen starken Föderalismus in den USA steht, könnte derzeit die einzige Hoffnung in einem ansonsten apokalyptischen Szenario sein. Das Land bricht nicht nur auseinander, es implodiert vor unser aller Augen.

Der Protestsong in den Zeiten von Trump

7. April 2017

Während ich diese Zeilen schreibe, entwickelt sich ein kleines Anti-Trump-Spottlied von Joan Baez zum viralen Hit im Internet. Wow, der Twitter-Präsident gestellt von Joanie auf Facebook. Sie selbst sagt dazu, es wäre kein wirklich gutes Lied. Da mag sie recht haben, aber erstens hält so mancher Protestsong der Qualitätskontrolle nicht stand und ist trotzdem wirkungsvoll, und zweitens ist Joan Baez eben nicht die große Songwriterin, sondern die große Stimme und Interpretin des politischen Folksongs. Woody Guthrie, Pete Seeger, natürlich Bob Dylan, dann Donovan usw. – deren Lieder hat sie immer wieder gesungen und deshalb ihren Anteil an deren Unsterblichkeit. Apropos unsterblich: Natürlich haben die Songs der alten Helden auch ihren Platz im Widerstand gegen die Trump-Herrschaft. Aber es sind auch viele neue Songs entstanden, die entstanden sind, um gegen die Clique der Millionäre und Milliardäre, die sich US-Regierung nennt, zu protestieren.

„Old Man Trump“
Alles begann quasi mit der Synthese aus alt und neu. Als im letzten Sommer so langsam klar wurde, das Trump doch eine Chance hat, US-Präsident zu werden, da gruben Ryan Harvey, Tom Morello und Ani DiFranco einen alten Text von Woody Guthrie aus und vertonten ihn: „Old Man Trump“. Es geht darin um Donalds Vater. Der hatte mit Hilfe öffentlicher Gelder Mietshäuser gebaut, in denen er keine Schwarzen wohnen ließ. Woody bemerkte dies zu spät und wohnte eine Zeit lang in einem der Häuser Trumps. Und hatte darum einen Song voller Wut über den rassistischen „Old Man Trump“ geschrieben.

„1000 Days, 1000 Songs“
Als dann die heiße Wahlkampfphase lief und Trump plötzlich sich anschickte, das Rennen zu machen da startete die Aktion „30 Days, 30 Songs“. Bands wie Death Cab for Cutie, Franz Ferdinand und R.E.M. veröffentlichten nach einer Idee des Schriftstellers Dave Eggers über 30 Tage bis zum Wahltag in den USA je einen neuen Song gegen Trump. Weiter ging es dann mit dem Projekt „Our First 100 Days“ mit Indie-Künstlern wie Bonnie ‚Prince‘ Billie, How To Dress Well, Toro Y Moi, The Range, The Mountain Goats, Jim James, Jens Lekman, Cherry Glazerr, Mitski, Ty Segall oder Waxahatchee. Kurz darauf weitete Eggers sein Projekt auf 1000 Days, 1000 Songs aus. In jeder Woche der Präsidentschaft Donald Trumps wird montags bis freitags im Internet je ein Song der Playlist hinzugefügt. Waren die 2016er Songs mehrheitlich neue Songs, so überwiegen derzeit ältere Stücke, gesungen von Mavis Staples, Crosby, Stills & Nash oder Pete Seeger.

Die Countryszene hält die Füße still
Interessant ist, dass der Protest gegen Trump die Popwelt fast gänzlich erfasst. Codes, Inhalte, Selbstverständnis, Rollen- und Geschlechterdefinitionen der modernen Popmusik und Trumps überkommene Vorstellungen von Gesellschaft, Frauen, Rassen, Religionen oder Homosexualität stehen sich völlig konträr gegenüber. Da war es zwangsläufig, dass Trump für Inauguration nur zwei bekannte Countrysänger für sich gewinnen konnte. Und tatsächlich halten sich die Countrymusiker im Gegensatz zu ihren Pop-, Rock- und Folkkollegen politisch bedeckt. Zwar sind Toby Keith und Lee Greenwood als offizieller und lautstarke Trump-Unterstützer allein auf weiter Flur. Aber im Gegensatz zu Oscar- und Grammy-Verleihungen fiel bei der Preisverleihung der Academy of Country Music dieser Tage kein einziger politischer Satz. Man hält dicht, auch wenn bei einigen Countrymusikern sicher Trump nicht so hoch im Kurs ist. Aber an fürchtet die negativen Sanktionen von Publikum und Musikbusiness. Die Dixie Chicks äußerten sich kritisch über George W. Bush und wurden fortan von den konservativen Radiosendern nicht mehr gespielt. Die Folge: Karriereknick. Ebenso wie bei Chely Wrigt als sie sich als lesbisch outete. Ihre Plattenverkäufe halbierten sich. Und die Wogen der rassistischen Entrüstung gingen hoch, als Beyoncè zusammen mit den Dixie Chicks bei den Country Music Awards im letzten Herbst auftrat.

Americana-Musikerinnen engagieren sich gegen den Trumpismus
Wichtig ist, dass der Protestsong im 21. Jahrhundert in den verschiedensten musikalischen Gewändern daherkommt. Und er ist oftmals weiblich. Und bunt. Denn Trumps Agenda gegen die Rechte von Homosexuellen, und gegen Latinos und Schwarze und seine Frauenfeindlichkeit fordern diese Gruppen natürlich besonders heraus. So waren bislang die beiden stärksten und engagiertesten politischen Alben in diesem Jahr von einer lesbischen Latina und der Tochter eines weißen Mannes und einer schwarzen Frau. Und beide aus dem Americana-Genre. Dem Genre, wie ich schon vor einigen Jahren schrieb, „das wie kein anderes die Wurzeln, die Träume, und den Zusammenhalt der amerikanischen Gesellschaft beschwört“. Alynda Lee Segarra, Sängerin mit puerto-ricanischen Wurzeln und Kopf des Projekts „Hurray For The Riff Raff“ singt gegen die Diskriminierung von Latinos und Homosexuellen sowie gegen die Gentrifizierung. Und Rhiannon Giddens, ein „Southern Girl“, singt auf „Freedom Highway“ die Songs der Bürgerrechtsbewegung und beschwört in ihren Statements zum Album die Einheit Amerikas und ihrer bunten Bevölkerung gegen alle Spaltungsversuche des Trumpismus. Nun hat „Father John Misty“ mit „Pure Comedy“ ein explizit politisches Album herausgebracht, dass über die Kritik an Trump hinaus eine umfassende Gesellschaftskritik zum Inhalt hat und auch Altmeister John Mellencamp, der ebenfalls Erfahrung damit hat, wegen eines Anti-Bush-Songs vom Radio boykottiert zu werden, greift auf seinem demnächst erscheinenden Album „Sad Clowns & Hillbillies“ politische Themen auf. Sein Song „Easy Target“ prangert die rassistische Gewalt gegen Schwarze an.

Und Bob Dylan?
Politisch engagierte Songs – der Terminus gefällt mir besser als „Protestsong“ – erleben in den Zeiten von Trump einen neuen Aufschwung. Und was macht der, der gerade mal zwei Jahre Protestsänger war, und dennoch dieses Etikett auch nach 50 Jahren Karriere und vielfältigen Reisen in die unterschiedlichsten musikalischen Genres nicht los wird? Nun, Bob Dylan schreibt schon seit Jahren keine engagierten dezidiert politischen Lieder mehr. Davon hat er ja ohnehin eine ganze Menge hinterlassen. Warum sich also wiederholen? Sie haben eine universelle Gültigkeit und bis vor wenigen Jahren auch ihren festen Platz im Konzertprogramm gehabt. Songs aus der jüngeren Vergangenheit wie „Workingman’s Blues #2“ oder „Heartland“ zeugen zudem davon, dass der Alte schon immer noch einen scharfen Blick auf die gesellschaftliche Ungleichheit hat. Im Moment allerdings singt er melancholische Popsongs aus den 1930er und 1940er Jahren. Also aus den New Deal-Zeiten, als Amerika im Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit geeint war und die Linke einen bis dato nie wieder erreichten kulturellen und politischen Einfluss hatte. Dies und eine abgeklärte gospel-soulige Version von „Blowin In The Wind“ sind aber auch ein Statement.

Trump – und wie weiter?

22. Januar 2017

second-to-none Jetzt ist es also tatsächlich eingetreten. Am Freitag, 20. Januar, wurde Donald Trump zum 45. US-Präsident vereidigt. Und schon am nächsten Tag haben landesweit 4,2 Mio. Amerikaner gegen Trump demonstriert. Ein erstes gutes Zeichen.

Ich bin nicht der Meinung, dass man ihm jetzt erstmal Zeit geben solle und schauen, was er so in den ersten hundert Tagen macht. Warum soll man das? Dieser Mann hat keine Mehrheit unter den Wählern. Dieser Mann verstößt permanent gegen jeglichen Anstand, provoziert, lügt und schürt Hass gegen alle Andersdenkenden noch von den Stufen des Capitols hinab. Dieser Mann lügt den Menschen ins Gesicht, wenn er sagt, jetzt habe das Volk die Macht wieder. Ein Kabinett der Millionäre und Milliardäre vertritt die Interessen des Volkes? Was für eine lächerliche Farce.

Immer wieder geht er direkt die Medien an, schürt Hass gegen den Nachbarn Mexiko, ist völlig unberechenbar. Ja und er hat mit seinem Kabinett deutlich gemacht, dass Amerika nun endgültig eine Oligarchie ist. Darum versteht er sich auch so gut mit Putin. Machos und Chauvinisten unter sich. Aber wir wissen ja: Pack schlägt sich und verträgt sich. Wenn man die Regeln einer zivilisierten, geregelten, demokratischen Gesellschaft ablehnt, dann versteht man sich natürlich für den Augenblick ganz gut. Doch wehe man meint zu sehen, das man im Schwanzvergleich unterliegt. Dann gib‘ ihm, ohne Rücksicht auf Verluste.

Nein, Amerika hat auch ohne Trump seit 2001 ständig Krieg geführt. Doch wer soll dies nun überhaupt noch bändigen? Möglich, dass sich Trumps Amerika aus der einen oder kriegerischen Auseinandersetzung zurückzieht, doch wer mag sich die kriegerischen Konflikte ausmalen, die neu losgetreten werden, wenn sich die Oligarchen-USA in ihren wirtschaftlichen Interessen bedroht sehen?

Trump drückt gerade den Reset-Knopf und Amerika ist wieder zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wirtschaftsliberalismus im nationalstaatlichen Rahmen. Außen- und Innenpolitisch. Doch die Trump-Politik wird den Menschen im Rust Belt, im Heartland, im Süden nicht helfen. In den Zeiten des globalen Kapitalismus ist es eine Lüge zu erzählen, man könne eine Wirtschaft autark von der Welt machen und Mauern bauen. Da werden schon alleine Teile des US-Kapitals nicht mitmachen. Und die Interessen der abhängig Beschäftigten im globalen Kapitalismus lassen sich nicht damit lösen, dass man seine Mechanismen ignoriert und die Uhren zurückdrehen will. Nur eine gut durchdachte Mischung aus nationalen Maßnahmen des New Deal mit einer internationalen Strategie zur weltweiten Anhebung der sozialen Standards und der Regulierung und Kontrolle des Kapitals können eine Wende für die Lebensbedingungen aller Menschen der dritten Welt bringen. Ob sie nun in einer Textilwerkstatt in Bangladesh unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, oder arbeitslos irgendwo in Iowa im Trailerpark voller Heroin und Alkohol vor sich hin siechen.

Die Veranstaltungen rund um die Inauguration des Autokraten haben Mut gemacht. Seien es so kleine wie die „Love Songs For The Other America“ in Darmstadt oder die Proteste, der über 4 Millionen in den USA. Wichtig ist, dass die fortschrittlichen Kräfte ihre richtigen Lehren aus dem Verhängnis Trump ziehen. An die liberalen Eliten gerichtet: Es gibt keine offene Gesellschaft, wenn sie nicht sozial ist. Abgehängte sind anfällig für autoritäre Lösungen. 1933 wie 2017. Für die Sozialdemokratie: Als Liberaldemokraten mit Arbeitnehmerflügel braucht die SPD keiner. Nach der Agenda 2010 hat sich die Partei in ihren Wahlergebnissen halbiert. Die AfD ist nicht nur ein Problem der Konservativen. Werdet endlich wieder sozialdemokratisch! Und an die Linken: Es gibt keine Haupt- und Nebenwidersprüche. Der globale ungebändigte Kapitalismus ruiniert Lebensverhältnisse und -perspektiven der abhängig Beschäftigten und das Ökosystem gleichermaßen, und die Geschlechterfreiheit, die Rechte der Frauen, sowie der Schwulen- und Lesben, der verschiedenen Ethnien, Religionen und Kulturen, sprich die Bürgerechte, benutzt er ohnehin rein taktisch.

Also brauchen wir eine Vernetzung der fortschrittlichen Kräfte in den progressiven, sozialdemokratischen und linken Parteien der USA und Europas mit NGOs, Grassroots-Bewegungen und Gewerkschaften. Keiner wird es alleine schaffen, die drohende autoritäre Zeitenwende abzuwenden und umzukehren.

Also dann an die Arbeit. Wenn wir klug und leidenschaftlich, cool und empathisch, tolerant sind und Haltung zeigen – ja, dann können wir es schaffen!

Woody Guthrie: Old Man Trump

4. August 2016

woody-guthrieAusgerechnet der Heilsbringer der weißen amerikanischen Arbeiterklasse – der „Klasse an sich“, nicht der „Klasse für sich“, hier unterscheidet Marx sehr fein – ist einer, der seinen Reichtum geerbt hat. Donald Trump: Nichts geleistet, nichts geschafft, nur geerbt, spekuliert, gekauft, verkauft und immer mal wieder was gewonnen. Und das meist auf dem Rücken von Arbeitern. Und da ist Donald ganz sein Vater. Der hatte mit Hilfe öffentlicher Gelder Mietshäuser gebaut, in denen er keine Schwarzen wohnen ließ.

Woody Guthrie bemerkte dies zu spät und wohnte eine Zeit lang in einem der Häuser Trumps. Und hat darum einen Song voller Wut über den rassistischen „Old Man Trump“ geschrieben. Ryan Harvey, Tom Morello und Ani DiFranco haben Woodys Text kongenial vertont. Anhören, teilen und teilen und teilen. Denn eines muss uns klar sein. Ein Präsident Donald Trump wird alles daran setzen, ein Herrscher zu werden, dem Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit genauso wenig bedeuten wie Erdogan, Orban, LePen und den Leuten von der AFD. Daher gilt es, Trump zu verhindern. Und das geht nur, indem Hillary Clinton Präsidentin wird. Alleine, um die Möglichkeit zu erhalten, die Gesellschaft wieder fortschrittlicher und gerechter zu machen. Unter einem Absolutisten Trump wird es diese Möglichkeit kaum geben. Denn der wird gnadenlos regieren. Also Schluss mit der Angewohnheit der europäischen Linken, Trump als Witzfigur zu sehen. Sein Vater war schon keine.

Bernie oder doch Hillary?

24. März 2016

Wer soll demokratischer Präsidentschaftskandidat werden?

Das fortschrittliche Amerika ist uneins. Wie die Republikaner und Trump besiegen? Bernie Sanders setzt auf eine linkssozialdemokratische Agenda, die angesichtsWhite House der aktuellen Zustände in Amerika schon einer „sozialen Revolution“ gleichkommen. Dabei greift er auf nichts anderes zurück, als dass Amerika einen New Deal braucht. Hillary Clinton spielt die Karte des erfahrenen und vernünftigen in der Mitte des politischen Spektrums angesiedelten Politikprofis. Ihr Makel: Sie gehört zu den Einkommensmillionären und ist schon ewig bei allem dabei gewesen.

Seit 1993 waren die USA 16 Jahre lang von demokratischen Präsidenten regiert. Zwar gab es von Bill Clinton und von Barack Obama immer Ansätze, die US-Gesellschaft sozialer und gerechter zu gestalten. Aber da man dafür den Einfluss von Banken und Konzernen beschneiden müsste und gerade die Wall Street eher demokratisch orientiert ist, ließ man die Verhältnisse und die neoliberale Logik substantiell unangetastet. Also sind Arbeits- und Perspektivlosigkeit für weite Teile der Bevölkerung gestiegen. Das hat nun zur Folge, dass das schon unter Reagan verlorene traditionelle Klientel der amerikanischen Arbeiterklasse und der Süden immer desparater weiter nach rechts driftet. Waren die politischen Auseinandersetzungen bislang immer zwischen den konservativen und liberalen Eliten des Establishments geführt worden, so hat der erbarmungswürdige Zustand weiter Bereiche der amerikanischen Gesellschaft zu Gegenentwicklungen geführt, die nicht einfach, so wie es einige hierzulande tun, als rechts- oder linksradikalen Populismus in einen Topf geworfen werden können.
Denn Trump steht für Hass, Gewalt, Autoritarismus und reaktionärem Roll-Back. Frauenfeindlich und homophob. Sanders steht für soziale Gerechtigkeit, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Wie gesagt: New Deal. Künstler wie Steve Earle, Jeff Tweedy oder die Red Hot Chili Peppers unterstützen ihn. Dieser Tage hat sich jedoch der Gründer des „Rolling Stone“ – ehemalige Postille der Gegenkultur dessen deutscher Lizenznehmer die Axel Springer AG ist – zu Wort gemeldet. Jann S. Wenner hat sich unmissverständlich für Hillary ausgesprochen. Eines der Hauptargumente: Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Eine beliebte Denkfigur. Doch was ist da dran?

Wir stehen vor einem besonderen Problem. In den kapitalistischen Ländern erodiert nach dreieinhalb Jahrzehnten neoliberaler Herrschaft die Mittelschicht zusehends. Abstiegsängste führen zu irrationalem und rechtsorientiertem Wahlverhalten, weil es als einzige wirkliche Alternative wahrgenommen wird. Dass das Prekariat schon seit langem nicht mehr zur Wahl geht und nun ebenfalls wieder in den neuen Rechten eine Alternative sieht, wird von den sich in der Mitte drängelnden Parteien schlicht ignoriert.

Wer aber die Mittelschicht bewahren will, der muss radikal sozialdemokratische Politik betreiben, der muss Sicherung gegen Abstieg, Aufstiegschance und solidarische Teilhabe ermöglichen. Der muss die fortschrittlichen Teile der Mittelschicht und die Teile des Prekariats gewinnen, die noch nicht auf Trump festgelegt sind. Für die USA kann das nur heißen: Nicht Bernie oder Hillary, sondern Hillary und Bernie. Beide müssen eine Koalition für das fortschrittliche Amerika schließen. Hillary muss ihre Werte Erfahrung und Vernunft mit Demut und partieller programmatischer Neuorientierung ergänzen. Und Bernie muss die Entschiedenheit seiner politischen Agenda und die jugendliche Basis seiner Graswurzel-Bewegung einbringen. Und beide zusammen müssen für den notwendigen neuen New Deal einstehen, der nach außen einhergehen muss mit Befriedung sowie Entwicklungs- und Bildungspolitik anstatt Kriegseinsätzen und Drohnenkriegen in Serie, die zu immer mehr Elend, Unglück und zu noch größeren politischen Problemen führen.

Und das Establishment in den USA hat auch die Wahl. Nämlich zwischen sich einzuschränken und einen zivilisatorisch und sozial gebändigten Kapitalismus durch einen neuen New Deal zu bejahen, auch wenn damit Abstriche an der eigenen Macht verbunden sind oder uneinsichtig und sehenden Auges dem wahnwitzigen antidemokratischen und antizivilisatorischen Trump die Macht im Land zu überlassen. Amerika hat die Wahl. Noch.