Archive for the ‘Marty Stuart’ Category

Bardstown: Bourbon, Stephen Foster und „My Old Kentucky Home“

18. Mai 2019

Chicago, St. Louis, Memphis, Nashville. Ortsnamen, die jeder schon einmal gehört hat. Sollte er Musikfreund sein oder nicht. Sollte er schon einmal in Amerika vor Ort gewesen sein oder nur mit dem Finger auf der Landkarte. Aber Bardstown? Was machen wir in Bardstown, Kentucky? What the hell is in Bardstown? Nun ja, eigentlich ging es nur um einen praktikablen Stopp zwischen Nashville und Chicago. Vor dem krönenden Abschluss unserer Reise mit Windy City, Al Capone und Bluesfestival.

Am Anfang war Louisville, Kentucky im Blick. Aber das erschien uns – sorry! – irgendwie nicht so richtig spannend, um dort wieder ein paar Tage in einer Großstadt zu verbringen. Da kam Bardstown ins Spiel. Da lasen wir: Hübsche Altstadt, ach was! Große Anlage mit alter Plantage: „My Old Kentucky Home State Park“. Hhmm. Okay, aber da war doch was…

Und ein paar Google-Schritte und Seitensuchen weiter kamen wir der Sache auf den Grund. Die Plantage in Bardstown und Harriet Beecher Stowes Anti-Sklaverei-Roman „Onkel Toms Hütte“ inspirierten Stephen Foster 1853 zu seinem Song „My Old Kentucky Home“. Unter dem Einfluß von Beecher Stowe entwickelte sich Foster ebenfalls zu einem Gegner Sklaverei.

Also doch wieder was mit Musik. Eingefleischte Dylan-Fans kennen das Video von Bob Dylans Auftritt bei der TV-Party zu Willie Nelsons 60. Geburtstag. Da singt er, unterstützt von seiner Band und Marty Stuart an der Mandoline, eine wunderschöne Version von „Hard Times (come again non more)“. Dies ist nur eines der vielen bekannten Lieder des quasi ersten US-Songwriters Stephen Foster. Andere sind das schon erwähnte „My Old Kenticky Home“, aber auch „Camptown Races“ oder „Oh, Susanna!“. Songs, die in den USA jeder kennt und zu Volksliedern geworden sind. Geschrieben hat sie Foster für die Minstrel Shows, bei denen oftmals Weiße als Schwarze geschminkt waren und auf deren Kosten rassistische Scherze machten. Fosters Songs bildeten hier eine Ausnahme. Er versuchte, so steht es in Wikipedia, „die weißen Interpreten seiner Lieder zu beeinflussen, sich nicht über die Sklaven lustig zu machen, sondern ihr Publikum dazu zu bringen, Mitgefühl mit ihnen zu empfinden.“

Überhaupt waren diese Minstrel-Shows eine zweischneidige Sache. Als Unterhaltungsmedium für die weiße Unter- und Mittelschicht angelegt, wurde sich hier systematisch über die Schwarzen erhoben. Gleichzeitig war es der Anfang des klassisch amerikanischen Entertainments mit Großer Band, Entertainer, Showtreppe und komischen Sketchen. Und es war nach dem Bürgerkrieg für einige Schwarze das Sprungbrett ins Musikbusiness.

Stephen Foster konnte im Gegensatz zu den großen Songwritern unserer Tage trotz des Publikumserfolges seiner Songs nicht von seiner Musik leben – zu schlecht wurden die Kompositionen damals bezahlt – und starb 1864 noch während des Bürgerkriegs. Heute wird ihm in Bardstown als Komponist von „My Old Kentucky Home“ gedacht.

Und sonst in Bardstown? Die Stadt wirbt für sich mit „Bourbon Capital of the world“ und in der Tat ist sie das Zentrum der Whiskey-Brennzunft in Kentucky. Mit Jim Beam, Heaven Hill, Barton 1792 und Maker’s Mark sind in dem nur rund 14.000 Einwohner zählenden Städtchen gleich vier der bedeutendsten Bourbon-Distillerien angesiedelt.

So werden die Tage in Bardstown geruhsame Tage werden zwischen Spaziergängen im My Old Kentucky Home State Park, Gedenken an Stephen Foster und der ein oder anderen kleinen Whiskeyprobe. Genau das richtige, bevor es in die pulsierende Metropole Chicago geht, wo dann unsere Reise endet.

Hier aber endet erst einmal meine Reisevorschau. Jetzt geht es in die Detailvorbereitungen und langsam steigt das Reisefieber…

„Things Have Changed“ & „Observations Of A Crow“

4. Oktober 2014
Bob & Marty, Photo Credits: flickr.com, Bob Edwards

Bob & Marty, Photo Credits: flickr.com, Bob Edwards

Vor einiger Zeit hatte ich hier an der Stelle über die Beziehung von Bob Dylan zu Marty Stuart, dem „Spiritus Rector“ der Countrymusik, geschrieben. Ein Aspekt war damals die große Ähnlichkeit von Bobs „Things have Changed“ zu Martys „Observations Of A Crow“. Manche in den Verschwörungstiefen des Internets waren damals schnell an der Hand, Bob des Diebstahls zu bezichtigen.

Marty hat nun dem Online-Magazin „American Songwriter“ erklärt, wie normal so etwas in der Roots Music ist und wie es wirklich war. “Ich lud ihn in mein Lagerhaus ein, damit er all meine Countrymusik-Schätze sehen konnte. Da sagte Bob: „Hey, ich mag diesen ‚Crow-Song‘. Vielleicht leih ich mir von dem Mal was aus“. „Klar, sagte ich, möglicherweise habe ich es ja von Dir zuerst ausgeliehen, mach nur!“

Wo die Musik auf drei Akkorden und den Wurzeln aus Folk, Country und Blues basiert, da kommt es notwendigerweise ständig zum sich aneignen vorhandenen Materials. Songs wandern von Künstler zu Künstler. Stuart schickte eine Zeit lang dem bekannten Nashville-Songwriter Harlan Howard sogar jedes Jahr im Januar 100 Dollar. „Für alles was ich von ihm gestohlen habe. Es war ein ‚Running Joke‘ zwischen uns.“

Und Stuart geht sogar noch weiter: „Die Fülle der Songs, die hier (Nashville) geschrieben wurden und werden. Wie kann man es da vermeiden, immer wieder in die Fußstapfen des anderen zu treten, so wie wir es tun?“

„Love And Theft“ hieß Dylans Album von 2001. Eines der Grundsätze des American Folk ist damit treffend beschrieben. Diebstahl aus Liebe und keiner regt sich auf. Denn ohne dieses Prinzip kann es schlichtweg keine Folkmusik geben. Allzu schnell Empörten sei dies ins Stammbuch geschrieben.

Into the south again!

24. September 2012

Wieder zieht es uns in den Süden. Wieder werden wir uns in Memphis, Nashville und im Mississippi-Delta auf die Spuren des Americana begeben, Country und Blues erleben. Erweitert wird die Reise diesmal um Texas. In Dallas werden wir Wanda Jackson, die 74-jährige  „Queen of Rockabilly“ sehen, die jüngst wieder von den jungen Produzenten Jack White und Justin Townes Earle beflügelt wurde. Im Vorort Arlington besuchen wir ein Konzert von Marty Stuart, dem „Spiritus Rektor“ der Countryszene. In Nashville steht dann wieder die Grand Ole Opry auf dem Programm. Mit dabei ist Darius Rucker, der derzeit einzige große schwarze Mainstream-Countrystar. Und in Austin werden wir uns in einige der vielen, vielen Livemusik-Clubs begeben, hier weckt der Americana-Künstler Dale Watson unser Interesse.

Daneben werden wir aber einfach auch Landschaft, Städte und Menschen auf uns wirken lassen. Sind gespannt darauf, wie sich der US-Wahlkampf im Alltag niederschlägt. Werden Dyess, Arkansas, besuchen, wo Johnny Cash seine Kindheit verbracht hat. Und werden Museen besuchen – das JFK-Museum in Dallas, das Civil Rights-Museum in Memphis, das Bluegrass-Museum in Owensboro, Kentucky, und das… ähem… Muppet-Museum in Leland, Mississippi!

Zumindest aus den großen Städten werde ich ein bisschen was an dieser Stelle berichten. Immer mal wieder hier reinschauen, lohnt sich also!

Als kleine musikalische Illustrationen: Wanda Jackson und Jack White mit dem Video zum Bob Dylan-Song „Thunder on the mountain“ sowie die Preview des neuen Albums von Wanda Jackson mit Justin Townes Earle.

Bobby und Marty

22. Juli 2012
Marty & Bob, Photo Credits: flickr.com, Bob Edwards

Marty & Bob, Photo Credits: flickr.com, Bob Edwards

Hier nun der angekündigte kurze Bericht über die Beziehung von Bob Dylan zu Marty Stuart. Beide kennen sich seit vielen Jahren und haben besonders Ende der 90er Jahre viel Zeit miteinander verbracht. Dylan beschäftigte sich damals intensiv mit dem Bluegrass. Er spielte einige Klassiker in seinen Konzerten und sang auf Platte ein Duett mit der Bluegrass-Legende Ralph Stanley. Bereits einige Jahre vorher hatte Marty für Bobby ein Autogramm des Vaters der Bluegrass-Musik, Bill Monroe, besorgt.

Zu dieser Zeit zeigte im Marty Stuart seine enorme Sammlung von Country-Memorabilia. Seitdem enthält Martys Sammlung auch einige Bühnenoutfits von Dylan. Und bei einem Konzert am 1999 in Antioch, Tennessee, spielte Marty einen ganzen Abend in der Begleitband von Bob.

Es fand also ein fruchtbarer Austausch statt und Dylan nahm auch die Musik von Marty wahr. Er war ganz begeistert von Martys Album „The Pilgrim“. Bei Kritikern und Kollegen hochgelobt, floppte das Album kommerziell allerdings völlig.

Dylans „Things Have Changed“ ist von der Melodie her ziemlich beeinflusst durch Martys „Observations Of A Crow“. Und Marty spielt live oder im TV immer wieder mal Songs von Bob und spricht mit höchstem Respekt von ihm. Und auch auf seiner Website findet sich die eine oder andere Erwähnung von His Bobness.

Die Songwriter-Legende und Folkrock-Ikone aus Minnesota und der Country-Rockabilly-Boy aus Mississippi verbindet also mehr als manche denken.

Woody & Marty

15. Juli 2012

Eine kleine Notiz zu Woody Guthries 100.Geburtstag

Zum 100. Geburtstag des großen Folkhelden Woody Guthrie  – an dieser Stelle herzlichen Glückwunsch, Woody! – wird in diesen Tagen immer wieder dessen Einfluss auf die Folkszene, auf Dylan, Baez oder Bragg genannt. Doch Guthrie wird auch breiter in der Musikszene anerkannt. Marty Stuart, Spiritus Rector der Country-Szene und zugleich ein großer Kritiker des heutigen Nashville-Business hat vor einigen Jahren mal versucht, die Leute in Nashville dazu zu bewegen, Woody in die Country Music Hall Of Fame aufzunehmen. Erfolglos.

Marty hat nämlich registriert dass Woody auch Vorlagen zu Country Songs wie „Oklahoma Hills“ und „Philadelphia Lawyer“ geschaffen hat. Und ist „This Land Is Your Land“ nicht der größte „Countrysong“ überhaupt? Auf sein neuestes Album hat Marty übrigens – eine versteckte Würdigung zu Woodys hundertstem Geburtstag? – den Song „A Picture Of Life’s Other Side“ genommen. Geschrieben hat ihn Woody, gesungen aber auch Hank Williams. Auf letzteren bezieht sich Marty auf seinem neuen Album „Tear The Woodpile Down“, aber wie oben erwähnt: Marty weiß um die Bedeutung Woodys für die amerikanische Populärmusik.   

Übrigens gibt es auch eine Verbindung zwischen Marty Stuart und Bob Dylan. Doch dazu mehr zu einem späteren Zeitpunkt.

Unten gelangen wir über den ersten Link zu meiner Woody-Geburtstagsstory auf country.de, mit dem zweiten Link zu Marty und Hank III mit ihrer Version von „A Picture Of Life’s Other Side“, und darunter hören wir direkt Woodys Originalversion.

http://www.country.de/2012/05/14/zum-100-geburtstag-von-woody-guthrie/

http://www.youtube.com/watch?v=SWtEyLbZcSg