Den ersten Bob Dylan-Song, den ich je bewusst gehört habe, war „Hurricane“. Im Herbst 1976 muss das gewesen sein, im Deutschunterricht (ja, so war das damals in den 70ern!). Der Song über den zu Unrecht wegen Mordes verurteilten Profiboxer faszinierte mich. Klasse Ohrwurm-Musik und dazu diese Haltung und dieser Gesang von Dylan: Voller Zorn, Anklage und einem Schuss Bitterkeit.
Es folgte die LP „Desire“ (Erschienen 1976/ mit Leadtrack „Hurricane“!) beim Kaufhof in Darmstadt in einer preisgünstigen israelischen Pressung, die Greatest Hits-MC als Weihnachtsgeschenk, der Dylan Konzertfilm von 1976 zu Prime Time in der ARD ausgestrahlt (ja, so war das damals in den 70ern!) und später „Renaldo & Clara“ und „The Last Waltz“. Meine Dylan-Anfangsjahre gaben mir so viel faszinierende Musik.
Darunter eben „Hurricane“. Einer der wenigen Songs, die auch heute noch in der Dylan-Originalfassung hin und wieder im Radio gespielt werden. Als wäre dieser Kerl mit seiner Musik immer noch zu verstörend fürs breite Publikum.
Verstörend war allerdings dieser Song „Hurrricane“ schon. Weil Dylan, der angebliche Meister der wagen und unverbindlichen Songpoesie, hier es geschafft hatte, zu wohlklingender Musik einen Text zu schreiben, der mit genauester journalistischer Recherche aufzeigt, wie das Lügengeflecht und die Justiz- und Polizei-Intrigen gegen Rubin Carter gesponnen werden.
Rubin „Hurricane“ Carters Kampf gegen diese Justizwillkür sollte viele Jahre dauern. Dylan hatte das Lied gemacht, und ein Konzert im Madison Square Garden „The Night Of The Hurricane“ organisiert, bei dem auch Muhammad Ali für Carter eintrat. Doch es nutzte nichts, 1976 wurde die Revision abgelehnt.
Wie dieser Mann die Jahre in seiner kleinen Zelle überlebte, ohne zu verzweifeln, zu verbittern oder zu verrohen ist legendär und faszinierend. Erst 1985 wurde er – fast zwanzig Jahre nach dem Fehlurteil von 1967 – frei gesprochen. Immer wieder kam man dann mit Rubin Carter in Berührung. Er setzte sich nun selber wiederum für zu Unrecht verurteilte Menschen ein.
2000 erschien dann ein Hollywood-Film mit Denzel Washington als „Hurricane“ in dem natürlich auch die Dylan-Geschichte und der Song vorkommen.
Den Song hat Dylan seit der „Night Of The Hurricane“ nie mehr gesungen. Und doch ist dieser Song unsterblich, ebenso wie der Mann, dessen Geschichte er erzählt.
Rubin „Hurricane“ Carter hat uns nun verlassen. In unseren Herzen und in unseren Gedanken wird er immer weiter leben. Rest In Peace, Hurricane!
Bob Dylan, „Hurricane“, live 1975: