Archive for Januar 2010

Bluegrass-Bob

17. Januar 2010

Beim Schreiben meines neuesten Beitrages für http://www.country.de über Jim Lauderdale – der veröffentlichte zwei Alben in Zusammenarbeit mit Bluegrass-Legende Ralph Stanley – erinnerte ich mich wieder: 1997 hat Dylan mit Ralph Stanley zusammen den Bluegrass-Song „The Lonesome River“ für dessen Album „Clinch Mountain Country“ aufgenommen. Bobbie outete sich damals als Stanley-Fan und bezeichnete das Duett als „Karriere-Highlight“, Stanleys Frau wiederum bezeichnete die Aufnahme als die Beste des ganzen Albums. Und wirklich: Sehr hörenswert!

Doch dann ratterte es bei mir los. Nein, Bob Dylan hat bislang noch kein Bluegrass-Album aufgenommen (aber das ist ihm auch noch zuzutrauen…), aber dass er dem Genre sehr verbunden ist, dafür gibt es doch einige deutliche Anhaltspunkte. Fangen wir beim Anfang an: Sein Debüt-Album erhielt eine Folk-Version von „Man Of Constant Sorrow“. Jenem Song, der so etwas wie eine Erkennungsmelodie für den mittlerweile bald 83-jährigen Stanley ist. Als jener Bluegrass-Song, dann durch den Soundtrack von „Oh Brother, Where Art Thou?“ noch einmal zum Hit wurde, spielte Dylan als Referenz eine Rockversion des Liedes in seinen Konzerten.

Und als Dylan in den Neunziger Jahren seine Schaffenskrise durch die Vergewisserung über seine musikalischen Wurzen überwinden konnte, da gab es auch eine Bluegrass-Periode in seinen Live-Konzerten. Vom Herbst 1999 bis zum Sommer 2002 spielte Dylan in seinem Akustischen Set zum Konzertauftakt stets neben eigenen Songs auch zwei Bluegrass oder Country-Gospels. „Halleluja, I’m Ready To Go“, „I Am The Man, Thomas“ oder „White Dove“ waren darunter. Erst als er seine neue Rolle auf der Bühne als „Mann am Klavier“ definierte, fielen die Bluegrass-Songs aus dem Programm.

Mittlerweile ist „The Lonesome River“ auch auf „Tell Tale Signs“, dem achten Teil der Bootleg-Series, enthalten. Und „Bob Dylan goes Bluegrass“ wäre sicherlich nicht die schlechteste Option für eine neue musikalische Richtung Dylans…

Joanie

5. Januar 2010

Ich gebe es gerne zu: Ich war unfair zu ihr. Konnte ihr trällern nicht ab, stand in den damaligen Auseinandersetzungen eindeutig auf Bobbies Seite, verachtete ihr Moralapostel-Friedensengeltum, übernahm nur zu bereitwillig Günter Amendts Sicht des „Reunion Sundown“ von 1984 und stellte mir dennoch ihre CDs ins Regal. Ich respektierte Joanie, liebte sie aber nicht.

Dabei wusste ich um Ihre Bedeutung. Für Bobbys Karriere, als auch für die Geschichte und Entwicklung von Folk- und Protestsong. Weniger Liederschreiberin, als Interpretin und Sammlerin, erweiterte sie stets den Kanon ihres Genres. Absolut verdienstvoll. Auch wenn sie „Sind so kleine Hände“ darin aufnahm.

Und immer öfter schien es so, als würde nur durch sie das politische Lied überleben. Und dann dachte ich zuletzt darüber nach: Mensch, die ist auch immer noch da! Steve Earle riss sich darum, ihr letztes Album zu produzieren. Eine gute, hörenswerte Verbindung. Natürlich war sie auch beim 90. von Pete Seeger mit dabei. Wow! Voller schier unerschöpflicher Energie weckt sie positive Gefühle: Sie erinnert einen immer wieder daran, dass es ein anderes Amerika gibt, als das der Konzerne, Banken und Republikaner.

Und dann passierte das Unvorstellbare. Bobby sprach voller Sympathie und Selbstkritik über das Scheitern ihrer Beziehung. Öffentlich in einer TV-Dokumentation! Und siehe da, ich wurde noch nachdenklicher.

Ja, wirklich ich war schon ziemlich unfair zu ihr gewesen. Also entschuldige ich mich ganz ausdrücklich bei Dir, liebe Joanie! Vergebe mir und spiele Diamonds und Rust für mich am 26. Februar im Mannheimer Rosengarten! Die Karten für mein erstes Joan Baez-Konzert sind gekauft, die neue Platte „DayAfter Tomorrow“ angehört. Sehr schön. Wir freuen uns.

Ach, ja: Sie trällert mittlerweile nicht mehr so schlimm!