Leider spät erst komme ich dazu, hier ein paar Zeilen zu Pete Seegers Tod zu schreiben. Auf sein Ableben und seine Bedeutung für die Musik bin ich ja schon an anderer Stele eingegangen. Nun aber noch ein paar Worte zum Verhältnis von Dylan zu Seeger.
Ich denke, beide wussten um die Bedeutung des anderen, auch wenn sie sich künstlerisch so sehr voneinander entfernt hatten. Dylan steht für große Songpoesie, für Doppelbödigkeit und Fiktion, für Perspektivenwechsel, für das Spiel mit Erwartungen und Mythen. Seeger steht für das politisch engagierte Lied, für Authentizität, für den Künstler, der sich mit dem Publikum eins macht. Beide Konzepte sind legitim, sind notwendig und können Großes entstehen lassen.
Allerdings ist Dylan dadurch, dass er die Kanäle und Mechanismen des Musikbusiness nutzt, der mit der größeren Reichweite. Aber er ist auch der in diesem Musikbusiness, der die größte Autonomie und die größten Freiräume besitzt. Weil er sich nie – oder nur ganz selten – den Erwartungen von Plattenfirmen und Publikum beugte. Dylan ist der autonome Freigeist, der den Widerspruchsgeist beflügelt. Seeger war der musikalische Aktivist, der mit den Menschen gegen Unrecht kämpfte.
Beide waren und sind Stachel im Fleisch der Unterhaltungsindustrie. Hört man sich einfach mal die Formatradiosender an: Kein Dylan, kein Seeger weit und breit. Wenn sie gespielt werden, dann in unterirdischen Coverversionen von Peter Maffay oder Chris de Burgh. Denn Dylan und Seeger – so unterschiedlich sie auch sind – im Freigeist und im Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse – bleiben sie, auch wenn sie Teil davon sind, immer auch Sand im Getriebe der Unterhaltungsindustrie.
Und deswegen sind Sie beide auch große Künstler: Weil sie verstören.
Mein kurzer Nachruf auf Country.de:
http://www.country.de/2014/01/28/pete-seeger-ist-tot/
Schlagwörter: Bob Dylan, Folk, Pete Seeger, Protest
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