Bettye LaVette hat mit „Things Have Changed“ ein fantastisches Album aufgenommen, das viel mehr ist, als nur ein Dylan-Cover-Album.
Bob Dylan hat ein Oeuvre erschaffen, das einen schier unermesslichen amerikanischen Musikschatz darstellt. Jede Spielart der amerikanischen Populärmusik hat er sich im Laufe seiner Karriere angeeignet, sich in ihr ausgedrückt. Vom Folk und Blues zu Rock zu Country bis hin zu Gospel, Jazz, und Great American Songbook. Ja und es gibt auch Rap und Soul in seinem Werk zu finden. Man findet die Dylan-Soulmomente beispielsweise auf „Slow Train Coming“. Klar, denn er spielte ja schwarze Gospelmusik, da ist der Soul ja nahe. Aber auch auf „Infidels“ oder „Empire Burlesque“ gibt es sie. Oder man erinnere sich an seine großartige Version von Sam Cookes „A Change Is Gonna Come“ 2004 zum 70. Geburtstag des New Yorker Apollo Theater.
Daran hat sich Bettye LaVette nur teilweise orientiert. So sind auf ihrem neuen Album „Things Have Changed“ natürlich Coverversionen von „Do Right To Me Baby“ (Slow Train Coming), Don’t Fall Apart on Me Tonight (Infidels) sowie „Seeing The Real You At Last“ und „Emotionally Yours“ von „Empire Burlesque“ enthalten. Doch abseits des Naheliegenden hat sie auch ganz andere Songs in ihr Soul-Universum überführt. Sie hat sozusagen die Dylan-Momente aufgespürt, die in anderen Genres liegen und nur auf die „Ver-Soulung“ warten. Aber sie hat Dylans Songs nicht nur „ver-soult“, sie hat sie sich gänzlich angeeignet.
Denn wer hätte „Things Have Changed“ auf einer Soul-Platte erwartet. Aber warum denn nicht? Ist der Song doch eine Antwort des älteren Dylan auf „The Times They Are Changin“. Und war nicht Cookes Song eine Antwort auf Dylans „Blowin In The Wind“? Und Bettye singt auch das Lied der sich ändernden Zeiten auf dieser Platte. Aber auch „Political World“ oder „It Ain’t Me Babe“ hat sie überführt.
Mrs. LaVette sagt dazu, Sie habe nicht die Absicht gehabt ein Dylan-Tribut zu schaffen. Sie wollte sich die Songs für ihren Mund zurechtlegen. „Gerade als wären sie für mich geschrieben worden“. Und so wandelt sie das ohnehin doch ziemlich wandlungsfähige Dylan-Material – der Meister beweist das ja derzeit wieder Abend für Abend – geradezu genial zu Soul-Perlen. Auch indem sie die Texte für ihren Gebrauch – Geschlecht und Biografie sind hier entscheidend – hier und da umschreibt. Bettye LaVette hatte als junge Künstlerin alle Anlagen für eine große Karriere. Mit 16 Jahren hatte sie 1962 bereits einen US-Hit, danach versandete allerdings ihre Plattenkarriere, obwohl sie durchaus große Bühnenerfolge vorzuweisen hatte. Ihr erstes Album „Child of the Seventies“ wurde 1972 nicht veröffentlicht und sie kam erst im Jahr 2000 wieder ins Rampenlicht als das Debütalbum nachträglich herausgebracht wurde. Seitdem hat sie einige erfolgreiche und mehrfach ausgezeichnete Alben aufgenommen. Sie kennt also das Leben, sein „Auf und Ab“ und seine wundersamen Überraschungen.
„Things Have Changed“ ist eine Platte geworden, an der man einfach hängen bleibt. Sie ist spannungsgeladen, weil Bettye LaVette sich nicht schont und ziemlich tief in ihr Seelenleben blicken lässt, das von Lebensweisheit geprägt ist. Der Longplayer ist musikalisch spannend weil Keith Richards und Larry Campbell die Songs durch ihr perfektes Zusammenspiel in neue, unerwartete Richtungen führen und schon durch kleine musikalische Momente einen faszinierenden Sog schaffen.
Uns so ist es mich ist eines der besten Dylan-Coveralben überhaupt. Mehr noch, eines der besten Soul-Alben der letzten Jahre. It’s her masterpiece!
Schlagwörter: Bettye Lavette, Bob Dylan, Soul
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