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Sergeant, Opernsänger, Farmer

15. Februar 2019

John Ford und Bonanza: Beispiele zur Darstellung von Afroamerikanern im US-Western

Dom Flemons hat uns 2018 wieder einmal daran erinnert, dass zur Besiedlung des Westens der USA im 19. Jahrhundert die Afroamerikaner einen großen Beitrag gebracht haben. Mit seinem Album „Black Cowboys“ erzählt er die Geschichte der schwarzen Cowboys, die an den großen Viehtrails mitgewirkt haben. Der Cowboy ist in der öffentlichen Wahrnehmung stets weiß und angelsächsisch. Dass dies jedoch nicht den historischen Tatsachen entspricht, sondern dass gut 25 Prozent der Cowboys Ende des 19. Jahrhunderts Afro-Amerikaner waren, wird in den USA gern vergessen. Kein Wunder, dass im ureigensten amerikanischen Film-Genre, dem Western, die Afroamerikaner so gut wie keine Rolle spielten.

Es gibt nur wenige Fundstücke: 1938 erscheint mit „Two Gun Men From Harlem“ ein Western nur mit schwarzen Darstellern. Formal ist er „weißen“ Produktionen entsprechend. Da das Budget aber sehr viel geringer ist, überzeugt er letztendlich nicht voll. Es fehlt beispielsweise ein Soundtrack und Schlägereien und Actionszenen wirken doch mitunter amateurhaft putzig. Nichtdestotrotz kann man sich vorstellen, wie gut diese Filme für das Selbstvertrauen der schwarzen Community als Zielgruppe waren. Es sollten mit „The Bronze Buckaroo“ und „Harlem Rides The Range“ (beide 1939) noch zwei weitere Filme dieser Machart folgen.

Der schwarze Sergeant
Bis man sich allerdings traute, im Mainstream-Western eine schwarze Hauptfigur zu präsentieren, sollte es noch über 20 Jahre dauern. 1960 erschien der Film „Der schwarze Sergeant“. Formal erhielt er alle Merkmale eines Western von John Ford: Eine geniale, packende Erzählweise, großartige Bilderkompositionen sowie Fords bekannte Genreversatzstücke wie Kavallerie, weites Land sowie hier und da derbe Humorspielchen mit Alkohol und dem Verhältnis von Mann und Frau. Neu waren der Protagonist und sein Umfeld. Die schwarzen Einheiten der US-Kavallerie, die unter dem Namen „Buffalo Soldiers“ bekannt sind, bilden diesmal den Rahmen für die Erzählung in dem es um die Vergewaltigung und Mordes an einer Jugendlichen und dem Tod ihres Vaters geht. Wegen beidem ist Sergeant Braxton Rutledge – bislang ein Vorzeigesoldat – angeklagt. Der Film nimmt in bis dato im Western nicht gekannter Weise den Rassismus in den Fokus. Trotz des Einsatzes seines Vorgesetzten steht das Schicksal des Sergeants auf Messers Schneide. Erst der Zusammenbruch des wahren Vergewaltigers und Mörders der jungen Lucy und der dadurch auch glaubhaften Notwehr von Rutledge gegenüber des Vater des Mädchens sorgt für den Freispruch und die Rehabilitierung des Angeklagten Soldaten.

Woody Strode reiht sich in die nicht sehr große Riege der schwarzen Darsteller, die Pionierarbeit geleistet haben. Vor ihm ist da vor allem die Schauspielerin Hattie McDaniel (Oscar für die beste Nebenrolle in „Vom Winde verweht“) zu nennen. Interessant ist, dass ex-Footballspieler Strode ebenso durch John Ford in einem Publikumswesten eingesetzt wurde, wir ein Jahr zuvor die Tennisspielerin Althea Gibson in dem John Wayne-Klassiker „Der letzte Befehl“. Ford schien es ein echtes Anliegen, Menschen afroamerikaner Herkunft Raum in seinen Filmen zu geben.

Bonanza
Wer in den 1960er und 1970er Jahren in der alten Bundesrepublik aufgewachsen ist, der kam an ihnen gar nicht vorbei. Ganze Generationen sind mit den Cartwrights von der Ponderosa in der Serie Bonanza groß geworden und haben ihr anfängliches Bild vom Wilden Westen und vom Rancherleben durch die Familienserie geprägt bekommen.

Und das war auch gar nicht so schlecht. Zwar merken Spötter richtigerweise an, dass diese Familie dich sehr amerikanisch-moralisch-tugendhaft daherkam. Aber es waren nicht die schlechtesten Tugenden, die dort vermittelt wurden. Denn hier saß im Gegensatz zu anderen Werken des Western-Genres der Colt nie locker. Stets wurde versucht, Konflikte friedlich zu lösen. Auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, Rassismus und Doppelmoral wurden hier behandelt. Und: Ganz selbstverständlich wird hier die Geschichte der USA als Geschichte eines vielfältigen Landes erzählt, das von Einwanderung geprägt ist. Denn Pa Cartwrights drei Söhne stammen von drei verschiedenen Müttern: Adams Mutter stammt aus der angelsächsischen Neu-England-Aristokratie, Hoss‘ Mutter ist eine Schwedin und Little Joe entstammt aus einer Ehe mit einer Südstaaten-Schönheit aus New Orleans. Dort wo sich französische, spanische, kreolische, afrikanische und angelsächsische Kulturen vermischten.

Das Schicksal von Afroamerikanern steht besonders in zwei Folgen im Mittelpunkt. gerade aus, straff und unterhaltsam-ironisch erzählt ist „Die Thomas Bowers –Geschichte“ (The Thomas Bowers Story, 1964). Sie handelt davon dass der berühmte Opernsänger Thomas Bowers vom Frauenverband nach Virginia City eingeladen wird. In Unkenntnis, dass er schwarz ist. Also muss er den alltäglichen Rassismus erleben. Wird von den kulturbeflissenen Damen verleugnet, vom Hotelbesitzer abgewimmelt und als vermeintlicher gewalttätiger entlaufener Sklave festgesetzt. Doch wie immer: Das Schicksal und die Cartwright regeln alles zum Besten und am Ende rettet Bowers das Publikum, das einen Florence Foster Jenkins-artigen Auftritt einer selbst ernannten Opernsängerin über sich ergehen lassen muss mit seinem kunstvollen Gesang.
Weniger optimistisch ist dagegen die melodramatische Folge „Johns größter Wunsch“ (The Wish, 1969). Unter der Regie von Michael Landon erzählt sie von der afroamerikanischen Familie Farmersfamilie Davis, die Schwierigkeiten hat, ihre Farm zu bewirtschaften, weil sie von der nächstgelegen weißen Dorfgemeinschaft boykottiert werden. Hoss hilft ihnen, löst auch einen akuten Konflikt zugunsten der Familie. Letztendlich aber zieht die Familie weiter, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie wie Menschen behandelt werden.

Zwischen den beiden Folgen liegt der optimistische Aufbruch in die 1960er mit Erfolgen der Bürgerrechtsbewegung, der Aufhebung der Rassentrennung und dem Friedensnobelpreis für Martin Luther King. Das Jahrzehnt endet aber mit der Ermordung von Robert Kennedy und Martin Luther King und der Wahl von Richard Nixon zum US-Präsident. Und so scheint auch Landon sagen zu wollen: „Ändern sich Mensch und Gesellschaft wirklich nie?“

Wichtige Beiträge zur Behandlung des Rassenkonflikts in Film und Fernsehen
Wenn man das Westerngenre überhaupt und John Fords Filme und die Bonanza-Serie im speziellen als reinen, rückwärtsgewandten Kitsch abtut, dann unterschätzt man das durchaus – bei allen Widersprüchen – fortschrittliche, manchmal sogar subversive Potential der beiden Genre-Leuchttürme. Western waren durchaus auch ein Vehikel um unbequeme, kritische Geschichten zu erzählen. John Ford und die Macher von Bonanza haben viel für Selbstverständlichkeit afroamerikanischer Schauspieler und der Behandlung des Rassenkonflikts im US-Film beigetragen. „Wer die Nachtigall stört“ (1962), „In der Hitze der Nacht“ (1966) und „Rat mal, wer zum Essen kommt“ (1967) waren sicher die vielschichtigeren und anspruchsvolleren Filme zum Thema, aber diese Western erreichten ein Massenpublikum. Sie popularisierten das Thema und halfen mit, zumindest eine Zeitlang den Zeitgeist in Amerika liberaler zu machen.

Die Thomas Bowers Geschichte: