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America-Preview I: St. Louis

4. März 2019

Stadtflagge von St. Louis


An dieser Stelle werde ich in den nächsten Wochen in unregelmäßigen Abständen kurze Stücke über die Ziele unserer diesjährigen Amerikareise veröffentlichen. Den Auftakt bildet unsere erste richtige Station, St. Louis, Missouri.

Musikstadt
Da auch diese Reise wieder eine Musikreise ist, soll hier erstmal die Musik zum Zuge kommen. Musikalisch ist St. Louis vor allem durch den Titel „St. Louis Blues“ bekannt. Wobei der Song, den alle Großen des Blues und Jazz – Bessie Smith, Louis Armstrong, Billie Holiday oder Cab Calloway – in ihrem Repertoire hatten, weniger ein Blues über St. Louis, sondern über jemanden, der in St. Louis den Blues hat. Geschrieben hat ihn W.C. Handy, den „Vater des Blues“, den wir ja schon von Memphis, Tennessee, her kennen. Ein großer musikalischer Sohn der Stadt war Chuck Berry. Der „Vater des Rock’n’Roll“ spielte hier bis ins hohe Alter regelmäßig in einem Musikclub. Und im Gegensatz zu Chicago hat St. Louis schon seit einigen Jahren ein Bluesmuseum. Seine Homebase hat heutzutage hier einer unserer absoluten Lieblinge, Pokey LaFarge, dessen Mischung aus Country, Swing, Blues und Ragtime eine geniale Adaption für heutige Zeiten darstellt. St. Louis war auch die Heimat der Band Uncle Tupelo, die stilbildend für alternative Country und Americana war. Die schwarze Hip Hop- und Rapmusik wird heute von Künstlern wie Nelly und Lewis Grant vertreten.

Handelsknotenpunkt
Was wissen sonst noch von St. Louis? St. Louis war eine französische Gründung, die Lilie im Stadtwappen zeugt heute noch davon. Hier fließt der Missouri in den Mississippi, aufgrund des Hafens und als Eisenbahnknotenpunkt war St. Louis wichtige Handelsstation vom Süden in den Norden und gleichzeitig das „Tor zum Westen“. Davon kündet das große Denkmal, der Gateway Arch.

Deutsche Bierbrauertradition
St. Louis hat eine große deutsche Community und ist eine Bierbrauerstadt. Neben dem Giganten Anheuser Busch („Bud“) haben sich in den letzten Jahren wieder einige kleinere Brauereien dort angesiedelt. Anheuser Busch wurde übrigens von Eberhard Anheuser aus Bad Kreuznach und seinem Schwiegersohn Adolphus Busch aus Mainz-Kastel im Jahre 1879 gegründet. Sie brauten das erste Bier, das in ganz Amerika verkauft wurde und auf Basis der Pilsner bzw. Budweiser Brauart erzeugt wurde. Daher „Budweiser“ und letzlich „Bud“.

Ab Mitte des letzten Jahrhunderts verliert St. Louis seine wirtschaftliche Bedeutung und St. Louis ist gekennzeichnet vom Glanz von früher, dem deutlich der Lack abgeht. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht und so wurden aus Grundstücken mit leerstehenden Gebäuden zu Grünflächen umgestaltet, so dass sich St. Louis heute die „Stadt der 1000 Parks“ nennt.

Starke schwarze Community
Von der Bevölkerung her wohnen fast ebenso viele Schwarze wie Weiße in St. Louis, beide machen jeweils etwa 40 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Es gibt daher auch einige interessante Museen wie eben das National Blues Museum oder das Griot Museum of Black History, die sich mit den afroamerikanischen Beiträgen zur Stadtgeschichte befassen. Unterschlagen werden soll an dieser Stelle auch nicht, dass es auch in St. Louis in den letzten Jahren zu schweren Rassenunruhen gekommen ist. Auslöser war auch hier Polizeigewalt gegen Schwarze.

Es erwartet uns also die amerikanische Realität an einem Ort, der wohl sehr wenig beschönigt. Aber auch das gehört zu den wichtigen Eindrücken, die wir in den USA immer wieder erleben.

Black and White – unite!

23. Dezember 2011

An anderer Stelle auf diesem Blog habe ich schon einmal darauf hingewiesen, welche große Bedeutung die schwarze Musik für die Entwicklung der Countrymusik hatte. Und dass viele schwarze und weiße Musiker untereinander keine Probleme hatten. Doch das Publikum, die Musikindustrie und die Rassentrennung im Süden verhinderten eine öffentliches gemeinsames musizieren.

So wissen wir, dass der Schwarze Rufus „Tee Tot“ Payne dem Hillbilly-Shakespeare Hank Williams das Gitarre spielen beigebracht hat. Dass A.P. Carter ohne seinen schwarzen Freund Lesley Riddle nicht so viele Lieder hätte zusammen tragen und die Carters ohne Riddle nie zur „First Family of Country“ hätten werden können. Wir wissen aber auch über verborgene Zusammenarbeiten: So hatte Jimmie Rodgers 1930 mit Louis Armstrong Plattenaufnahmen gemacht.

Erst seit Ende der Rassentrennung in den USA waren gemeinsame öffentliche Auftritte kein Stein des Anstoßes mehr. Auch das einzige schwarze Mitglied der Grand Ole Opry, Charley Pride, hatte seinen Durchbruch erst Mitte/Ende der 60er Jahre. Sein einziger schwarzer Vorgänger, Deford Bailey aus der Anfangszeit der Opry, wurde wohl aus rassistischen Gründen aus der Show gemobbt. Johnny Cash holte Ende der 60er/Anfang der 70er sowohl Louis Armstrong, als auch Ray Charles, der bereits 1962 ein Album mit Countrysongs aufgenommen hatte, in seine Show. Und auch die Zusammenarbeit von Willie Nelson mit Ray Charles und Winston Marsalis ist bestens bekannt.

Weniger bekannt ist dagegen ein Auftritt, der zu seiner Zeit ungewöhnlich und für einen bestimmten Teil des Publikums doch verstörend gewirkt haben musste. Im März 1960, die Rassentrennung in den Südstaaten war noch lange nicht abgeschafft, da trat der Hillbilly-Gentleman Tennessee Ernie Ford zusammen mit der schwarzen Folksängerin und Bürgerrechtsaktivistin Odetta gemeinsam in dessen TV-Show auf. Odetta singt „Pastures of Plenty“ vom bekennenden Kommunisten Woody Guthrie, Ford einen Gospel und beide zusammen dann noch einen Gospel sowie „The Liar“ von Tommy Makem.

Ford musste gewusst haben, dass Teile seines Publikums dies sicher nicht goutieren würden. Dass er es dennoch gemacht hat ist Ausdruck einer künstlerischen Unabhängigkeit, die nicht hoch genug zu bewerten ist.

Unten sehen wir nun einen Ausschnitt des denkwürdigen Auftritts und das Video zum Cash/Armstrong-Auftritt: