Dylan war immer Dylan und warum Jake Bugg nicht Bob Dylan ist
Im Moment überschwemmen sie fast den CD-Markt. Pressungen mit Namen wie „Bob Dylan- Stereo und Mono“, „The Live Recordings“, „Carnegie Chapter Hall“, „The Freewheelin‘ Outtakes“ oder „Folksinger-Humdinger“. Allesamt sind es frühe Aufnahmen des jungen Bob Dylan. Dies ist möglich, weil die Rechte an den Songs nach 50 Jahren an die Allgemeinheit fallen und sie nun quasi jeder auf einen Tonträger bannen kann. Aus diesem Grund hatte auch Sony/Columbia Ende letztes Jahres sein obskures Package „The 50th Anniversary Edition“ mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen auf den Markt gebracht. Es ging darum, sich die Rechte zu sichern.
Doch was bringen einem die alten Aufnahmen? Außer, dass der Dylan-Fan sich freut, sie zu haben. Nun: Eine Musikerkarriere lässt sich selbstverständlich anhand der veröffentlichten Studioaufnahmen erzählen. Auch bei Dylan. Nur war das bei ihm nie so. Denn was er in den Studios so machte und dann im Archiv verschwinden ließ, oder dass er in den Konzerten seine Songs anders präsentierte als auf seinen Platten, und dann womöglich noch von Konzert zu Konzert unterschiedlich, ist bis heute eine der Ursachen für den Dylan-Hype. Es waren seine Songs, die als erste als „Bootlegs“ erschienen. Und der Austausch von Live-Aufnahmen unter seinen Fans erhielt diesen Hype auch in den schwierigen 80er und 90er Jahren. Dylans Geschichte ist ohne diese Aufnahmen und deren vielfältigen Deutungsversuche nicht vorstellbar.
Umso wichtiger und besser, wenn es jetzt durch die Rechtelage möglich ist, bislang nur wenig bekannte Live-Aufnahmen und unzugängliche Studio-Recordings ganz legal im Laden zu kaufen. Wir können anhand dieser Aufnahmen – vom Minneapolis Party Tape über die Carnegie Hall 1961 bis zu den kompletten Freewheelin-Sessions – noch einmal beobachten wie ein Rohdiamant sich selbst zum Edelstein schleift. Aus dem ebenso schüchternen wie entschlossenen jungen Woody Guthrie-Nachahmer Bobby Zimmerman wird der ungezügelte, vor poetischen Einfällen und musikalischen Adaptionen schier überbordende Bob Dylan. Man fühlt den Zauber des Anfangs, spürt diesen Anfängen nach und entdeckt diesen jungen Dylan wieder neu. Da redet er noch mit dem Publikum. Hat ein Talent für komische Überleitungen zwischen den Songs und kommuniziert und interagiert mit dem Publikum. Heutzutage ist er da vom Minimalismus geprägt. Ein Lächeln, ein paar Extraworte, ein Solo oder die Wiederholung einer musikalischen Figur aufgrund der Zuschauerreaktionen sind selten, und gehören zu den besten Momenten seiner durchweg guten Konzerte.
In diesem Sinne übertrifft der zum neuen Dylan ausgerufene Jake Bugg schon jetzt den alten Dylan an Minimalismus. Denn Bugg interagiert und kommuniziert schon jetzt nicht mit dem Publikum. Und seine Ansagen sind kurz und ohne Humor. Doch Bugg ist wirklich nicht der neue Dylan. Eher der neue Donovan/Gallagher. Der Jake Bugg, der am 2. März im Frankfurter Zoom in einer guten Stunde immerhin 18 Songs unterbrachte (auch nicht Dylan-like) war näher an Oasis und den Britpop-Traditionen, als an Bob Dylan und dessen amerikanischen Wurzeln. Auch wenn er „Country Song“ und Cashs „Folsom Prison Blues“ gespielt hat. Bugg saugt Traditionen auf – da allerdings stimmt der Dylan-Vergleich.
Und es war ein sehr schönes Konzert von Jake Bugg. Sehr ernsthaft und Ironiefrei vorgetragen. Mal sehen, wie sich der Bursche noch so entwickelt. Doch wie auch immer Dylan wird immer einmalig bleiben. Ob der junge oder der alte Dylan. Jake Bugg ist Jake Bugg. Und das ist in der Welt der Casting Shows, zwischen Justin Bieber und Gangnam-Style schon verdammt viel. Gut, dass es beide gibt: Dylan und Bugg. Und, dass sie beide so unverwechselbar sind.
Und hier der junge Bugg und der junge Dylan